Die Meute der Morrigan
mit
eisernem Griff umklammert und zwang seine Beine, schneller und immer schneller
zu laufen, als wäre es der einzige Zweck des Daseins, um jeden Preis
vorwärtszukommen.
Wir müssen es nur bis zu den
Steinen schaffen, dann sind wir in Sicherheit, dachte er verzweifelt.
Das Tier kam immer näher; es
keuchte und stieß schreckliche Laute der Anstrengung aus. In Pidges Kopf
kreiste die unsinnige Frage, welcher der Hunde es sein mochte, von dem sie
gefangen werden würden; denn das Tier holte durch seine äußerste
Willensanstrengung weiter auf. Es war ihm klar, daß alles vorbei war, wenn das
Tier sie einholte; er fühlte ein Würgen in seinem Hals, und seine Augen füllten
sich mit Tränen.
Da keuchte eine fürchterlich
atemlose Stimme hinter ihnen:
«Schnell! Lauft weiter! Die
Kriegerinnen sind uns dicht auf den Fersen!»
Es war Curu. Der tapfere Curu.
Er mußte die ganze riesige Strecke rund um den Lough Corrib gelaufen sein und
rannte jetzt neben ihnen her. Heiße, salzige Tränen quollen aus Pidges Augen.
Wieder war hinter ihnen, etwas
weiter entfernt, das dumpfe Geräusch galoppierender Hufe zu hören, die sich
näherten; die Kriegerinnen trieben ihre Tiere erbarmungslos an.
Und als sei das nicht genug,
war nun die Luft erfüllt vom schauerlichen Triumphgelächter der Mórrígan, und
da wußten sie, daß sie über ihnen war.
Pidge spürte ein stärker
werdendes Zucken in seiner Faust, der Stein wand und drehte sich in seinem
Griff
«Weiter!» schrie Curu, und
seine Stimme hörte sich an, als müsse seine Brust zerspringen.
Sie konnten plötzlich noch
schneller laufen. Pidge flog dahin wie der Wind, und Brigit an seiner Hand
hielt Schritt mit ihm.
Die Mórrígan war dem Wasser
entgegengetreten und hatte ihm befohlen, sich zu ihren Füßen zu legen. Aber das
Wasser, dem von der Erde und vom Feuer Kraft zugekommen war, hatte nicht gehorcht.
In einem gewaltigen Ausbruch war ihr Zorn aufgelodert, und in ihrem Stolz hatte
sie kostbare Augenblicke in der Auseinandersetzung mit diesen Kräften vertan.
Aber die hatten nicht nachgegeben.
Daraufhin griff die Mórrígan zu
ihrem letzten Mittel. Sie zog sich zusammen und verkleinerte sich zu einem
Nichts. Sie wurde klein genug, um sich im Innersten eines Staubkörnchens zu
verbergen. Der Staub war etwas Totes, er konnte ihre Gegenwart nicht wahrnehmen
und darum auch nicht verraten. Die Finger des Windes suchten überall nach ihr,
sie berührten die Stäubchen, konnten sie aber nicht spüren. Durch die Berührung
des Windes wirbelte der Staub auf. Er wurde hoch hinaufgetragen über das Wasser
und über den ganzen See. So hatte die Mórrígan das Wasser besiegt, und nun flog
sie über dem Nebel des Dagda dahin und suchte nach Pidge und Brigit.
Brigit schluchzte, aber Pidge
sah, daß sie versuchte, still zu sein und ihr Schluchzen zu unterdrücken, aus
Angst, daß die Mórrígan sie hörte und sie dadurch im Nebel fände. Und als er
Brigits Angst und ihre Tapferkeit bemerkte und Curus große Anstrengungen und
daran dachte, daß sie am See schon fast gewonnen hatten, und als er nun sehen
mußte, wie eine böse, zerstörerische, gräßliche Göttin und ihre schrecklichen
Kriegerinnen sie in einem undurchdringlichen Nebel jagten, da merkte er, daß
alles nun endgültig über seine Kräfte ging und daß er aufgeben mußte. Jetzt
liefen ihm die Tränen ungehemmt über die Wangen.
Die Mórrígan und ihre
Kriegerinnen vermochten sie im Zaubernebel des Dagda nicht zu hören. Doch die
unheimlichen Hunde konnten trotz des Nebels die Witterung des Fuchses und der
Kinder aufnehmen.
Auf einmal gab der Boden unter
Curu und den Kindern nach, und sie fielen.
Alle drei schrien.
ie
purzelten und rollten in unermeßlicher Angst und Verwirrung einen steilen
Abhang hinunter. Als ihr Sturz schließlich zu Ende war, fanden sie sich am
Grund von etwas wieder, das wie ein Steinbruch aussah. Da seine Augen
tränenblind waren, erkannte Pidge nicht gleich, daß es eher eine steinerne
Schale war, von Menschenhand gemacht, mit glatt ausgehauenen Wänden, die noch
Spuren der Bearbeitung zeigten. Hier war kein Nebel, und durch ihre Tränen
konnten sie sehen, daß alles leer war bis auf eine große Messingglocke und eine
Art Gitter.
Pidge fuhr sich mit dem Ärmel
über die Augen, um die Tränen wegzuwischen, und versuchte, die entsetzte und
nach Luft ringende Brigit zu trösten, indem er den Arm um ihre Schultern legte.
Zu ihren Füßen sahen sie ein
großes
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