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Die Meute der Morrigan

Die Meute der Morrigan

Titel: Die Meute der Morrigan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pat O'Shea
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anderen Sachen in
die Ledertasche.
    «Jetzt müßt ihr noch etwas
tun», sagte Mo-Epert, der Wortreiche. «Jeder von uns hat ein kleines Samenkorn
in seinem Mund. Wir werden es hervortun, und ihr könnt es von unseren Lippen
nehmen. Hebt auch diese Samenkörner sorgfältig auf.»
    Und dann wartete bei jedem
Maine ein Weizenkorn darauf, eingesammelt zu werden.
    «Jetzt ist die Zeit für euch
gekommen, uns eine Frage zu stellen», sagte Mo-Epert
    Pidge dachte angestrengt nach.
Es gab so viele Fragen. Nach einer Weile sagte er:
    «Ich möchte nur fragen — wißt
ihr, wohin wir gehen sollen?»
    «Der gefiederte Flug ist eure
Richtung», antwortete Mo-Epert, als habe er diese Frage erwartet
    «Welche Richtung ist das?»
    «Das werdet ihr bald sehen.
Wartet noch ein wenig.»
    Brigit hatte einen glücklichen
Gedanken.
    «Könnt ihr da rauskommen? Wollt
ihr, daß wir euch ganz ausgraben?» bot sie strahlend an.
    Die Maines tauschten Blicke
aus.
    «Wir sind nicht ganz hier; nur
unsere Köpfe sind hier geblieben», sagte Maine Milscothach sehr sanft und
freundlich.
    «Was meint ihr damit?» fragte
Pidge entsetzt.
    Die Maines sahen einander
wieder an.
    «Erschreckt nicht», sagte
Milscothach beruhigend. «Es war eine heilige Tat; andere Krieger eroberten
unsere Köpfe im Kampf.»
    «Auf unsere Köpfe war ein hoher
Preis ausgesetzt, deshalb wurden sie fortgebracht, als alles vorüber war» sagte
Mo-Epert. «Wir haben selbst zu unserer Zeit viele Köpfe erobert, um alle
Tapferkeit und Tugend und Behendigkeit zu erlangen, die in ihnen war.»
    «Ich selbst», sagte Maine
Mathremail, wie seine Mutter, «unterhielt jeden Kopf, den ich eroberte, aufs
beste und ließ sie alle an meinen Entscheidungen teilhaben, indem ich sie um
Rat fragte. Ich berichtete ihnen immer alle Neuigkeiten und erzählte ihnen
jeden Abend eine Geschichte.»
    «Haben sie euch auch
Geschichten erzählt?» fragte Brigit. Sie war so gern mit den Maines zusammen,
daß sie nicht überrascht war über das, was sie sagten. Sie begriff nicht, daß
Menschen getötet worden waren.
    «O ja, sogar sehr gute
Geschichten haben sie uns erzählt», sagte Maine Mathremail.
    «Wart ihr Kopfjäger?» Pidge
fand den Gedanken ebenso anstößig wie das Wort.
    «Ich verstehe das Wort, aber
die Bedeutung ist abscheulich. Nein. Nach dem Kampf holten wir uns die Köpfe.
Es wäre ein schändliches Ende gewesen, ihre Augen und ihr Gehirn den Raben zum Fraß
zu überlassen; ein niederträchtiges, gotteslästerliches Ende für Krieger, die
so tapfer gekämpft hatten; schlechter Lohn für ihren Mut», antwortete Maine
Mathremail mit einem sanften Lächeln.
    «Wir wissen, daß ihr das nur
schwer verstehen könnt, denn was zu einer Zeit geglaubt wird, verachten die
Menschen zu einer anderen Zeit. Gewiß werden in zukünftigen Jahren Dinge
Abscheu erregen, die ihr kaum bemerkt und die in der Zeit geschehen, die ihr
Gegenwart nennt. Das ist nichts Neues», sagte Maine Mathremail freundlich.
    Pidge dachte darüber nach und
erkannte, daß es wahr war.
    «Ich beginne zu verstehen, was
ihr meint», sagte er, und alle Maines waren es zufrieden.
    «Das ist gut», sagte Maine
Mo-Epert.
    Einen Augenblick später hörte
man das Schwirren von Flügeln am Himmel, und alle schauten auf und sahen eine
Kette von Wildgänsen in einem weiten V vom See her über ihre Köpfe fliegen.
    «Das ist eure Richtung», sagte
Maine Athremail traurig. «Ihr werdet uns jetzt verlassen.»
    Pidge beobachtete die Gänse, um
sich die Richtung, in die sie flogen, genau zu merken.
    «Ich finde es schade, daß ich
euch verlassen muß», sagte er.
    «Ich auch. Sehr schade», sagte
Brigit und ging zu jedem einzelnen und gab ihm einen Abschiedskuß.
    «Wie die Königin, unsere Mama»,
sagte Maine Andoe, der Behende, und Tränen liefen ihm über das Gesicht.
    Alle Maines weinten leise.
    Brigit bemühte sich, ihnen die
Tränen abzuwischen, aber ihr Taschentuch war immer noch feucht.
    «Ach, ihr armen Jungen», sagte
Pidge, und er nahm Brigit bei der Hand und wandte sich von den Söhnen der Maeve
ab, bevor auch er zu weinen begann. Es schien nicht ungehörig, so zu Jünglingen
zu sprechen, die ein gutes Stück älter waren als er; sie kamen ihm irgendwie
sehr einsam vor.
    Er wünschte, Maeve wäre da, um
sie zu erheitern — selbst, wenn sie sie versohlen würde. Sie schienen das sehr
zu vermissen.
    Aber viel lieber wäre es ihm
gewesen, er und Brigit hätten ihnen Geschichten erzählen und lieb zu ihnen

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