Die Meute der Morrigan
der
Hund mit einem Pfeifton, als hätte er einen gefangenen Vogel hinter den Zähnen,
«jemand hat ihnen dabei geholfen.»
Vom Schachbrett ertönte ein
Quieken, weil sie jemanden mit ihrer Nadel gepikst hatte.
«Habt ihr die Spur gefunden?»
«Noch nicht. Sie ist schwer
auszumachen.»
Der Hund verneigte sich und
versuchte, mit kleinen Schritten rückwärts aus der Tür zu schlüpfen, wobei er
sich alle Mühe gab, nicht aufzufallen. Er hatte den Schwanz fest eingezogen und
schlich sich geduckt dahin. Er hatte die Tür schon fast erreicht, da sagte die
Große Königin mit mildem Ausdruck und erschreckender Freundlichkeit:
«Fressen im Dienst, mein
Kleiner? Komm her.»
Der Hund kam zurück, sein
Unterkiefer fiel herab, und eine Drossel flog heraus. Die Tür schloß sich von
selbst
«O Mórrígan, seid nicht
zornig», flehte der Hund. «Ich prahle nicht mit meiner Geschicklichkeit. Sie
flog so tief, daß sie mir fast von selbst ins Maul flatterte. Vom Himmel kam
sie wie ein Geschenk von euch selbst, Große Königin», schloß er verzweifelt.
«War das so?»
«War das so?» echote Melody
Mondlicht.
«War das wirklich so?» sagte
Breda und flambierte das Zeug in der Pfanne kräftig.
Der Hund duckte sich und
schwieg.
«Was soll ich nun mit dir
machen?» fragte die Mórrígan nachdenklich.
«Verwandle ihn in eine Wurst,
solange ich die Pfanne noch auf dem Feuer habe», sagte Breda Ekelschön.
«Schuhe aus Hundeleder wären
sicher sehr romantisch», seufzte Melody Mondlicht süßlich.
Die Mórrígan schaute zu der
Drossel hinauf, die sich unter das Dach des Glashauses geflüchtet hatte. Sie
sah furchtbar mitgenommen aus. Da kam ihr ein Gedanke.
«Vertauscht euch», sagte sie.
Und da wurde die Drossel zum
Hund. Und der Hund, dessen Name Vogelfang war, verwandelte sich in die Drossel.
Sie hatten die Rollen
getauscht.
In dem Augenblick, in dem die
Verwandlung geschah, war die echte Drossel von ihrem Platz unterm Dach
herabgesprungen, weil sie sonst wegen ihrer veränderten Gestalt gefallen wäre.
Sie schnappte jetzt nach dem erschrockenen Vogelfang, der in panischer Angst in
alle Ecken des Glashauses floh.
«Wie komisch», sagte Melody
Mondlicht.
«Sehr lustig», sagte Breda.
Aber der schönen Frau, die die
Mórrígan war, wurde es bald langweilig, und sie erlaubte es den beiden
Geschöpfen, wieder sie selbst zu werden.
Vogelfang sah unbeschreiblich
gedemütigt und zermürbt aus. Die Drossel wirkte leicht betrunken und ein wenig
keck. Sie fand ein offenes Fenster und flog taumelnd davon. Sie ahnte gar
nicht, welches Glück sie gehabt hatte.
«Fressen im Dienst ist
verboten, Vogelfang», sagte die Mórrígan.
Er war viel zu mitgenommen, um
zu antworten.
Die Mórrígan schubste ihr
Schachbrett und die Figuren beiseite. Als sie umfielen, verloren sie das
künstliche Leben, das sie ihnen zum Spaß verliehen hatte, und waren nur noch
aus gefühllosem Holz.
«Findeweg muß zusehen, daß
seine Nase schärfer wird. Sein Versagen mißfällt mir. Hast du verstanden?»
«Ja, Große Königin», flüsterte
Vogelfang schwach.
«Du kannst dich entfernen.»
«Habt Dank, daß Ihr mir mein
Leben gelassen habt, Große Königin», wisperte er kaum hörbar und bezeigte, wie
ein rechter Untertan eines Tyrannen, Dankbarkeit dafür, behalten zu dürfen, was
ihm ohnehin gehörte.
«Ein bescheidenes Geschenk»,
war die Antwort, und sie ließ keinen Zweifel daran, daß sein Leben keinen
Pfifferling wert war. Die Tür des Glashauses öffnete sich.
Vogelfang verließ das Glashaus
so schnell er konnte, dankbar, daß er noch lebte und mit schlotternden Beinen.
Doch in seinem Inneren regte sich ein Fünkchen Zorn, und kühne Gedanken
schossen ihm durch den Kopf.
«Ich glaube, für die häusliche Wissenschaft
kann ich mich nicht besonders begeistern», bemerkte Breda und schüttete ihr
ekelhaftes und giftiges Gebräu weg.
Melody setzte den Igel auf den
Boden und türmte ihr Haar zu einer hohen Zopfkrone auf.
«Fangen wir an», sagte die
Mórrígan, griff nach einer Katze und staubte den riesigen Tisch ab, der jetzt
inmitten des Glashauses auftauchte.
«Du hast dieses Haus innen
größer gemacht, als es außen ist, und einige physikalische Gesetze gebrochen»,
bemerkte Melody bewundernd.
«Hast du dein
Talisman-Armband?» fragte Breda.
Die Mórrígan hob ihr Handgelenk
mit einem Armband, das schwer war von allen möglichen goldenen Anhängern, die
Gegenstände nachbildeten.
Die Tischfläche schimmerte, und
auf einmal war
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