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Die Meute

Die Meute

Titel: Die Meute Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Fisher
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ohne feste Konturen. Sie spürten das Kind mehr als sie es sahen, und irgendwoher kamen Erinnerungen an andere Kinder, an Spiele, an warme Häuser, an Fressen.
    Marcy kam näher.
    Frieda stand in der Küche, sah zum Fenster hinaus und spülte mit automatischen Bewegungen das Frühstücksgeschirr ab. Hinter ihr lag Josh vor dem Kamin und schlief, den Arm über seinen Hund gelegt.
    Der Schäferhund stand auf und kam dem Kind entgegen. Aus den Augenwinkeln bemerkte er einen Mann, der auf ihn zukam. Er wandte den Kopf zu ihm und stieß ein kurzes, heiseres Knurren aus. Die Warnung wurde verstanden. Der Mann blieb stehen.
    Auf halbem Wege zwischen dem Steg und den anderen Hunden traf der Schäferhund mit dem Kind zusammen. Er beschnüffelte es und wußte sofort, daß dies nicht das Kind war, das er einmal gekannt hatte. Der Geruch war ganz anders. Er rieb seinen großen Kopf an ihrem Arm. Das Mädchen sollte ihn streicheln.
    Marcy zog ihn am Ohr und lachte.
    Der Hund wich zurück, sah sie argwöhnisch an, kam dann wieder zu ihr. Jetzt kraulte sie mit der freien Hand seinen Kopf. Larry legte den Arm um Dianes Schultern und zog sie an sich. Sie hatte eine Gänsehaut bekommen, das spürte er. Bewegungslos standen sie da. Sahen zu. Kaum, daß sie zu atmen wagten. Tränen rollten über Dianes Gesicht, tropften auf ihre Bluse.
    Der Schäferhund wich wieder ein wenig zurück und winselte. Er sah an dem Kind vorbei zu den Gestalten vor dem Haus. Sie verflossen zu einem dunklen Umriß. Ihre Gerüche vermengten sich – angenehme Gerüche. Aber es waren nicht die, die er kannte.
    Der Dachshund, der kleinste von allen, stand jetzt auf und watschelte auf den Schäferhund und das Kind zu. Der Schäferhund drehte sich um und starrte ihn an. Der Dachshund blieb stehen und kauerte sich nieder.
    Der Schäferhund wandte sich wieder dem Mädchen zu. Sie stupste ihn auf die Schnauze und lachte. Stupste ihn noch einmal. Spielerisch schob der Hund sie ein wenig nach hinten. »Der süße Hund.« Sie lachte und stupste ihn noch einmal. Wieder stieß der Hund sie nach hinten, diesmal fester und weniger spielerisch.
    Thomas Hardman sagte etwas – zu leise, als daß Larry oder Diane es hätten verstehen können. Ein Stoßgebet.
    Nur Hunde, dachte Larry hilflos. Nur Hunde. Jede Bewegung, die er machte, konnte die Tiere reizen. Am besten war es immer noch, nichts zu tun.
    Wieder stieß der Schäferhund Marcy, und jetzt stolperte das Kind beinah. Impulsiv wollte Diane zu ihr, aber Larry ließ sie nicht los. »Böser Hund«, schalt Marcy das Tier und schlug ihm die Puppe auf die Nase.
    Zum erstenmal bleckte der Hund die Zähne und ließ ein unheildrohendes Knurren vernehmen. Dann stieß er sie von neuem. Erst jetzt verstand Marcy, was der Hund wollte. Sie hielt ihm die Puppe hin, und er schnüffelte daran. Dann schnappte er nach ihrem Arm und schüttelte sie. Das Kleid der Puppe flatterte im Wind, und ein weinender Ton kam aus dem Spielzeug.
    Der Schäferhund ließ die Puppe fallen und leckte daran. Kein Fressen für ihn. Und dennoch war etwas Vertrautes an ihr, etwas, das er von früher her kannte.
    Er packte die Puppe erneut und rannte damit auf die anderen Hunde zu.
    »Meine Puppe!« schrie Marcy und wollte ihm nachlaufen.
    Von der Küchentür her erklang eine Stimme. »Marcy!« rief Frieda. »Komm her! Ich habe ein Plätzchen für dich.« Das Kind zögerte, sah zu dem Hund mit der Puppe, dann zu ihrer Großmutter, verharrte sekundenlang unschlüssig und rannte schließlich lachend zum Haus zurück. Diane riß sich von Larry los, um ihr entgegenzulaufen.
    Tom und Larry sahen zu, wie der Schäferhund die Puppe zu den anderen Tieren trug. Jeder der Hunde schnüffelte daran, stieß mit der Schnauze nach ihr. Schließlich packten der Schäferhund und die Dogge die Puppe und zerrten daran, bis sie mit einem letzten künstlichen Schrei auseinanderriß.
    »Hol das Gewehr! » sagte Larry zu seinem Vater.
    »Larry, ich will nicht... »
    »Hol das Gewehr!« wiederholte er. Sein Mund war trocken, sein Blick auf die Hunde gerichtet, die die Überreste der Puppe zerrissen.
    Die Winchester 30-30 hing über dem Kamin im Wohnzimmer. Thomas Hardman gebrauchte sie selten, obwohl das Vorhandensein der Waffe im Haus ihm ein Gefühl der Sicherheit gab. Zweimal im Jahr nahm er sie von der Wand und ölte sie sorgfältig.
    Die Patronen lagen in einer Schuhschachtel auf dem Schlafzimmerschrank, außerhalb der Reichweite von Kindern. Tom mußte sich strecken, um sie zu

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