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Die Meute

Die Meute

Titel: Die Meute Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Fisher
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auf geheimnisvolle Weise seine Befehle erteilte. Aber wie? Und warum gerade er? Was war so Besonderes an ihm?
    »Die Polizei von Suffolk County«, antwortete er, »und die Küstenwache. Nein, sie kommen nicht.« Er verbesserte sich. »Jedenfalls nicht sofort.«
    Diane holte den Krug mit Orangensaft aus dem Kühlschrank. Nachdem sie sich ein Glas eingeschenkt hatte, setzte sie sich an den Küchentisch. Larry wandte ihr immer noch den Rücken zu. »Larry«, sagte sie mit Nachdruck, »ich möchte, daß du...« Sie unterbrach sich. »Würdest du dich bitte umdrehen, wenn ich mit dir spreche?«
    Dianes bleiches, etwas geschwollenes Gesicht starrte ihn an. Er bemerkte schwache, purpurne Schatten unter ihren Augen und dachte plötzlich daran, wie selten er sie ohne Make-up sah.
    »Warum kommen sie nicht?« fragte sie.
    »Sie kommen nicht«, sagte er und sprach jedes Wort laut und deutlich aus, »weil sie wegen des Sturms ohnehin schon genug Probleme haben. Offenkundig glauben sie nicht, daß wir in akuter Gefahr sind.«
    Der Sturm auf dem Festland schien ungemein stark zu sein. Dieser Umstand schloß eine Art tragischer Ironie in sich. Ein heftiger Schneesturm war genau das, was die Hunde hier vom Haus zurück in den Wald treiben konnte. Und was passierte? Ein gewaltiger Schneesturm rast an der Insel vorbei, berührt sie gerade noch mit seinen äußersten Ausläufern – der erste Sturm in – in weiß Gott wie vielen Jahren, der die Insel verschonte. Warum? Wieder hatte er keine Antwort -nur ein unbehagliches Gefühl.
    »Was werden wir tun?«
    Larry registrierte, daß ihre Stimme angesichts ihres normalen Temperaments bemerkenswert kontrolliert war. »Warten«, antwortete er. »Warten, bis die Polizei von Suffolk County für die Wiederherstellung der Stromversorgung gesorgt hat und der letzte Überlebende des Tankerunfalls in den Rettungsbooten der Küstenwacht sitzt.«
    Heute morgen hatte er sich gut in der Gewalt. Wenn sie ihn anschaute, dachte sie an ihr eigenes Äußeres und fragte sich, wie schrecklich sie aussehen mochte. Normalerweise trug sie jeden Morgen als erstes ihr Make-up auf. An diesem Morgen jedoch, an diesem einzigen Morgen, hatte sie daran überhaupt nicht gedacht. Sie mußte fürchterlich aussehen. Ihr Haar mußte einer Vogelscheuchenperücke ähneln. Da Make-up von gestern abend war längst dahin. Sie wollte ihr Haar mit den Händen in Ordnung bringen, gab es dann aber auf. Es macht nichts, dachte sie. Es macht wirklich nichts.
    Larry war erstaunt, wie gut er sich nach dieser schrecklichen, schlaflosen Nacht fühlte. Die frische Schönheit des neuen Morgens schien seine grauenvollen Erinnerungen Lügen strafen zu wollen. Er hatte die Dinge unter Kontrolle. Die klare Sicht, die die Tageshelligkeit mit sich brachte, war ihm willkommen. Im Licht des Morgens erschien alles möglich.
    Seine Muskeln taten ihm immer noch weh, und in seiner Hand pochte schmerzhaft das Blut. Aber er spürte es beinahe nicht. Wie fühle ich mich, fragte er sich. Lebendig, antwortete er. Zugegeben, gegen Morgen war er müde geworden. Aber das Sonnenlicht hatte ihn aufgeweckt. Was er jetzt brauchte, war Kaffee, saubere Kleidung und eine Rasur. Er würde sich über dem Spülbecken rasieren und die Hunde im Auge behalten.
    »Was ich wirklich interessant finde«, sagte er, als er sich selbst ein Glas Fruchtsaft einschenkte, »ist die Tatsache, daß sie sich nicht bewegen. Sie tun überhaupt nichts. Ich verstehe nicht viel von Hunden, aber ich weiß, daß das nicht normal ist.«
    Vom Tisch aus konnte Diane nicht zum Fenster hinaussehen. Das war ihr recht, denn sie bemühte sich, die Hunde aus ihren Gedanken zu verdrängen. Aus den Augen, aus dem Sinn. Das schien sich auch hier zu bewahrheiten – wenn man sich nur mit wirklich nicht zu umgehenden Problemen befaßte, war das Leben wesentlich unkomplizierter. »Warum rufst du nicht Kenny an?« schlug sie vor.
    Wenn er sie jetzt so anschaute, sahen sie gar nicht so böse aus. Der Dachshund wirkte regelrecht komisch, wie Dachshunde eben sind. Der Stöberhund war geradezu schön. Die Dogge wirkte freundlich, gewissermaßen ein lächelnder Hund. Und der Schäferhund? Auf eine perverse Art sah er fast ritterlich aus. So, wie sie die angenehme Morgensonne jetzt beschien, traute man diesen Tieren ihre Mordlust einfach nicht zu.
    Kenny anrufen? Die Frage schwebte im Raum. »Das habe ich mir auch schon überlegt. Ich habe sogar seine Nummer gefunden. Aber ich rief ihn nicht an.« Er zuckte mit

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