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Die Mglichkeit einer Insel

Die Mglichkeit einer Insel

Titel: Die Mglichkeit einer Insel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michel Houellebecq
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sagte mir, daß wohl auch Fadiah einverstanden war. Als Esther sich bückte, um ihre Sandalen zuzuschnüren, streifte sie wie aus Versehen meinen Pimmel, aber ich bin sicher, daß es absichtlich war, ich ging einen Schritt auf sie zu, wobei sich mein aufgerichteter Schwanz in Höhe ihres Gesichts befand. Patricks Ankunft ließ mich etwas zurückhaltender werden. Auch er war nackt, zwar gut gebaut, aber ziemlich korpulent, ich stellte fest, daß er allmählich einen Bauch bekam, vermutlich die Geschäftsessen, aber trotz allem war er ein braves Säugetier mittlerer Größe. Im Prinzip hatte ich auch nichts gegen einen Vierer, aber im Moment hatten sich meine sexuellen Regungen eher etwas abgekühlt.
    Wir unterhielten uns weiter zu viert, nackt, ein paar Meter vom Meeresufer entfernt. Weder er noch sie schienen sich über Esthers Gegenwart und Isabelles Verschwinden zu wundern. Die Elohimiten bilden selten feste Paare, sie leben zwei oder drei Jahre zusammen, manchmal mehr, aber der Prophet ermunterte alle seine Anhänger lebhaft, ihre Autonomie und ihre Unabhängigkeit, vor allem in finanzieller Hinsicht, zu bewahren, niemand sollte dem dauerhaften Entzug seiner individuellen Freiheit zustimmen, sei es durch eine Eheschließung oder eine andere rechtlich anerkannte Form der Lebensgemeinschaft, die Liebe muß eine freie Bindung bleiben, die jederzeit aufgelöst werden kann, das sind die Prinzipien, die der Prophet vorschreibt. Auch wenn Fadiah von Patricks hohen Einkünften und dem damit verbundenen Lebensstil profitierte, hatten beide vermutlich keinen gemeinsamen Besitz und bestimmt getrennte Konten. Ich fragte Patrick, wie es seinen Eltern gehe, und da teilte er mir die traurige Nachricht mit, daß seine Mutter gestorben sei, ganz plötzlich und unerwartet: Sie sei wegen einer banalen Hüftoperation ins Krankenhaus von Lüttich eingeliefert worden und habe sich dort eine Infektion zugezogen, an deren Folgen sie nach wenigen Stunden gestorben sei. Er selbst sei auf einer Geschäftsreise in Korea gewesen und habe sie nicht mehr auf ihrem Totenbett sehen können, bei seiner Rückkehr sei sie bereits eingefroren gewesen — sie hatte ihren Körper der medizinischen Fakultät überlassen. Sein Vater Robert habe den Schock nur schwer überwinden können und beschlossen, Spanien zu verlassen, wolle in ein Altersheim in Belgien zu gehen; er habe ihm das Haus überlassen.
    Abends aßen wir gemeinsam in einem Fischrestaurant in San Jose. Robert der Belgier wackelte mit dem Kopf, nahm kaum an der Unterhaltung teil; die Beruhigungsmittel hatten ihn völlig lethargisch gemacht. Patrick erinnerte mich daran, daß in ein paar Monaten das Winterseminar in Lanzarote stattfinden würde und daß sie fest mit meiner Teilnahme rechneten, der Prophet habe noch vor einer Woche mit ihm darüber gesprochen, ich hätte einen sehr guten Eindruck auf ihn gemacht, und diesmal würde es wirklich grandios werden, es kämen Teilnehmer aus der ganzen Welt. Esther sei natürlich ebenfalls eingeladen. Sie hatte noch nie etwas von dieser Sekte gehört und lauschte daher neugierig, als Patrick ihr die Lehre auseinandersetzte. Vermutlich etwas angeschickert vom Wein (einem Tesoro de Bullas aus der Gegend von Murcia, der einem schnell zu Kopf steigt), kehrte er vor allem die sexuellen Aspekte heraus. Die Liebe, die der Prophet lehre und in die Praxis umzusetzen empfehle, sei die wahre, nicht besitzergreifende Liebe: Wenn man eine Frau wirklich liebe, müsse man sich dann nicht freuen, zu sehen, daß sie auch mit anderen Männern Lust empfand? Ebenso wie auch sie sich ohne Hintergedanken darüber freute, wenn sie sah, wie wir uns mit anderen Frauen vergnügten? Ich kannte solche blöden Sprüche, hatte unerquickliche Diskussionen mit Journalisten über dieses Thema geführt, als ich in meinen Sketchen magersüchtige Mädels eingeführt hatte, die scharf auf Gruppensex waren. Robert der Belgier deutete mit verzweifeltem Nicken seine Zustimmung an, dabei hatte er vermutlich nie mit einer anderen Frau geschlafen als seiner eigenen, die jetzt tot war; Robert, der zweifellos selbst sehr bald in seinem Altersheim in Brabant einsam und allein in seinem eigenen Urin ersticken würde und noch von Glück sagen konnte, wenn er bis dahin nicht von den Pflegerinnen mißhandelt wurde. Auch Fadiah schien völlig einverstanden zu sein, tunkte ihre Garnelen in die Mayonnaise und leckte sich genießerisch die Lippen. Ich hatte keine Ahnung, was Esther davon hielt, ich

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