Die Midlife-Boomer
aus.« 55
Niemand hat die Frage nach bestimmenden Faktoren für ein langes Leben so intensiv studiert wie der amerikanische Psychologe Howard Friedman 56 von der University of California und seine Kollegin Leslie Martin. Sie stießen bei ihren Arbeiten auf die längst vergessene Terman-Studie aus den 20er Jahren: Lewis Terman hatte dabei 1500 hochbegabte Kinder befragt, die im Jahr 1921 zehn Jahre alt waren, und bis zu seinem Tod 1956 weiter beobachtet.
Friedman und Martin nahmen sich diese Daten wieder vor und suchten nach denjenigen, die noch am Leben waren, beziehungsweise recherchierten die Umstände des Todes derer, die in der Zwischenzeit gestorben waren. Daraus entstand The Longevity Project , die größte Studie über lebenserhaltende Faktoren weltweit.
Ihre Ergebnisse überraschen: Denn es sind nicht die heiteren, unbeschwerten, lebenslustigen Menschen, die am ältesten werden, sondern »vorsichtige Dickbrettbohrer, die gern und viel arbeiten« ( Die Welt 57 ). Friedman formuliert das etwas wissenschaftlicher: »Der beste Indikator in der Kindheit für ein langes Leben ist Achtsamkeit – die Qualitäten einer vorsichtigen, strebsamen, gut organisierten Persönlichkeit, wie beispielsweise ein Wissenschaftler oder Professor, der etwas zwanghaft und überhaupt nicht übermütig und unbekümmert ist.«
Zwanzig Jahre untersuchten beide Autoren mit einem Team von 20 Doktoranden die Lebensläufe der 1500 Testpersonen. Und sie stellten das weit verbreitete Vorurteil auf den Kopf, dass Glücklichsein ein guter Anzeiger dafür ist, ob jemand lange leben wird. Denn Glücklichsein macht nicht gesund, aber Glück und Gesundheit können das Resultat eines umsichtigen, produktiven und nachhaltigen Lebensstils sein.
»Es waren die vorsichtigsten und hartnäckigsten Individuen, die am gesündesten blieben und am längsten lebten«, sagt Howard Friedman 58 . Sie gingen Gefahren aus dem Weg, rauchten wenig, tranken nur mäßig und lebten ein stetiges, aber nachhaltiges Leben. Das schließt harte und kontinuierliche Arbeit dezidiert mit ein: Wer sein Leben lang produktiv arbeitet, lebt länger als diejenigen, die es eher ruhig angehen lassen. Verheiratet zu sein half nur den Männern in der Studie gesundheitlich weiter. Sie erlebten mit großer Wahrscheinlichkeit ihren 70. Geburtstag, während das von den geschiedenen Männern nur jeder Dritte tat. Bei Frauen gab es kaum Unterschiede, was die Autoren darauf zurückführen, dass sie generell viel achtsamer mit sich selbst und ihrem Körper umgehen.
Sowohl aus diesen Forschungen wie auch aus dem Longevity Project und den regional so unterschiedlichen statistischen Daten in Deutschland lässt sich allerdings eines klar auch für Laien erkennen: Wer nicht krank ist, hat selbst durch sein eigenes Verhalten den größten Einfluss darauf, wie alt er oder sie potenziell werden kann. Was aber muss man tun, um glücklich zu sein?
Kapitel 7:
Gerne arbeiten – Der Jobmarkt der Zukunft wird sich an den Erfahrenen orientieren
Sechs Jahre bleiben noch, dann wird es richtig eng. »2018 werden wir den höchsten Nettoverlust an Arbeitnehmern haben, die dann in die Rente gehen«, sagt Rainer Thiehoff, geschäftsführender Vorstand des ddn – Das Demographie Netzwerk . 122
Knapp 300 Firmen sind dem Demographie Netzwerk bereits beigetreten, die allesamt neue Lösungen für den demografischen Wandel erproben. Sie spüren schon jetzt, dass es immer schwieriger wird, ausscheidende Fachkräfte zu ersetzen. Fast zehn Millionen Arbeitskräfte könnten bis zum Jahr 2050 fehlen, hat das Mannheim Research Institute of the Economics of Aging errechnet 123 .
Für ältere Arbeitnehmer brechen deshalb gute Zeiten an. Bislang häufig aufs Abstellgleis geschoben, rücken sie zunehmend ins Zentrum der Personalarbeit. Denn immer mehr Firmen erkennen, dass es sinnvoller ist, die schon vorhandenen Fachkräfte besser zu fördern und länger im Betrieb zu halten statt – oft vergeblich – nach jungen Mitarbeitern zu fahnden. Natürlich brauchen Unternehmen beides: frisches Talent aus der Schule oder dem Studium, aber eben auch die grauen Köpfe, in denen jahrzehntelanges Fachwissen abgespeichert ist.
Drei von vier Mittelständlern finden laut dem Mittelstandsbarometer 124 der Beratungsgesellschaft Ernst & Young keine qualifizierten Mitarbeiter. Quer durch die ganze Wirtschaft klagen 30 Prozent über Fachkräftemangel, wie die Frühjahrsumfrage 2012 des Deutschen Industrie- und
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