Die Mission des Zeichners
es zischend zwischen die Kohlesplitter fiel. »Dalrymple sollte dankbar sein, dass ich ihn mir im Augenblick nicht holen kann«, knurrte er. »Sonst wäre ich versucht, ihn über dem Feuer zu braten.«
»Er hat doch nur Anweisungen befolgt«, versuchte ihn Townshend zu besänftigen.
»Worauf hinzuweisen er es nicht eilig genug haben konnte. Kempis derart... brüsk... abzuweisen, war Wahnsinn!«
»Stanhope hielt ihn für einen Schurken. Das ist verständlich. Wir alle haben doch angenommen, Knight hätte das Grüne Buch bei sich.«
»Ich habe überhaupt nichts angenommen. Ich habe gehofft. Das ist alles. Er hätte Kempis hinhalten sollen, bis wir Gewissheit hatten.«
»Stanhope war offenbar nicht zu einer Verzögerungstaktik bereit. Vielleicht fühlte er sich schon krank, als er Dalrymple schrieb.«
»Es ist wohl eher so, dass Sunderland ihm zu wenig vertraute, um ihm zu erklären, wie wichtig das Grüne Buch ist.«
»Ich weiß nicht, ob ich das verstehe.«
»Das tut keiner von uns, Charles.« Walpole hielt inne, um ein Stück Apfelschale zwischen den Zähnen herauszuziehen. »Solange wir es nicht gesehen haben.«
»Aber hatte Stanhope dann nicht Recht, sich dagegen zu sträuben, unbesehen hunderttausend Pfund dafür zu bezahlen?«
»Vielleicht werden diese hunderttausend dereinst wie ein gutes Geschäft aussehen.«
»So weit kommt es bestimmt nie. Es sei denn...« Townshend verstummte und musterte Walpole nachdenklich. »Nun, über solche Angelegenheiten hast du ja schon immer mehr als ich gewusst, Robin.«
»Je weniger man weiß, desto besser.«
Walpole brachte ein Lächeln zuwege, das seinen Schwager zwar nicht zu ermutigen vermochte, aber wenigstens von weiteren Fragen abhielt. Unvermittelt hatte Townshend den Eindruck, dass eine erkennbare Ähnlichkeit zwischen seiner relativen Unwissenheit und derjenigen bestand, in der Sunderland offenbar Stanhope gehalten hatte. Der einzige Unterschied lag darin, dass Sunderland ein gerissener und nur auf seinen Vorteil bedachter Intrigant war, wohingegen Walpole, sein bester Freund und der treue Bruder seiner lieben Frau, ihn nie hintergehen würde. Dessen war er sich sicher.
»Die Frage ist nun jedoch«, sagte Walpole abrupt und schlug sich wie zur Betonung auf die Schenkel, »was muss als Nächstes getan werden?«
Cloisterman hatte mehrere Vorbehalte gegen das Vorgehen, zu dem er sich entschlossen hatte. Das größte Problem bereitete ihm dabei der Umstand, dass es schlichtweg unmöglich war, jetzt schon zu erkennen, wie seine Herren in der Whitehall, wer immer sie nach Stanhopes Tod sein mochten, ihre Anweisungen an ihn später dem Parlament erklären würden. Sollte er McIlwraith helfen? Oder ihn behindern? Dalrymple hatte sich in dieser Hinsicht schriftlich nicht festgelegt. Wahrscheinlich wollte er entweder die Anerkennung für Cloistermans Handeln für sich beanspruchen oder sich davon distanzieren, je nachdem, woher der Wind wehte. Nein, Dalrymple waren keine genaue Hinweise zu entlocken. Und Cloisterman war klar, dass er es gar nicht erst zu versuchen brauchte. Der Konsul wiederum hatte es nicht eilig genug haben können, die volle Verantwortung auf ihn abzuwälzen. »Die Verhandlungen mit dem Vogt überlasse ich doch immer Ihnen, Nick. In diesen Dingen haben Sie eine sichere Hand.«
Cloisterman konnte nur hoffen, dass der Konsul sich nicht getäuscht hatte. Zum Glück war Richter Lanckaert ein vorsichtiger und patriotischer Mann, bei dem man sich darauf verlassen konnte, dass er Versuchen des Konsulats, sich zugunsten des Gefangenen Spandrel einzumischen, widerstehen würde. Einem von McIlwraiths Vorschlägen hatte Cloisterman allerdings zugestimmt. Demnächst sollte Spandrel eine Chance erhalten, unter strenger Bewachung die Apotheke zu identifizieren, unter der sich seinen Behauptungen zufolge Zuylers Wohnung befunden hatte, wo Spandrel nach dem angeblichen Anschlag auf sein Leben die Nacht verbracht haben wollte. Zuyler war verschwunden, bevor man ihn zu diesem Punkt befragen konnte, doch de Vries' Diener erklärten übereinstimmend, dass Zuyler ebenfalls im Haus ihres Herrn lebte und nirgendwo anders eine zweite Unterkunft hatte. Auch kannte niemand einen Apotheker mit dem Namen Barlaeus. Aber Lügen, die sich so leicht durchschauen ließen, waren doch wohl kaum der Mühe wert. Es hatte keinen Sinn, sich so etwas auszudenken. Vielleicht hatte Spandrel sie also gar nicht erfunden. Vielleicht hatte Zuyler als Teil seiner Täuschungsstrategie eine
Weitere Kostenlose Bücher