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Die Mission des Zeichners

Die Mission des Zeichners

Titel: Die Mission des Zeichners Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Goddard
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Gefühlen, wie sein Gast über den Rasen auf ihn zukam. Colonel Augustus Wagemaker war ein Mann, auf dessen Gesellschaft weder Walpole noch sonst jemand besonders erpicht war.
    Er war eine vor Energie strotzende, gedrungene Erscheinung, mit einem für den Rest des Körpers viel zu großen Kopf, der lächerlich gewirkt hätte, wenn seine Züge nicht so bedrohlich ausgesehen hätten. Sein vorgeschobener Kiefer und die Knollennase hatten etwas Rammbockartiges an sich, und ein noch härterer Ausdruck lag in den Augen: ein toter, stechender Blick von der Bösartigkeit eines Hais, den nicht einmal seine ehrerbietige Haltung Walpole gegenüber vergessen ließ. Lord Cadogan hatte ihn Walpole für besondere Aufträge empfohlen, nachdem er nach der Niederschlagung des jakobitischen Aufstandes von 1815 die Überbleibsel der Armee des Earl of Mar unermüdlich verfolgt und sich auch ansonsten als in jeder Hinsicht zuverlässig erwiesen hatte. Darüber hinaus war er als Mann von wenigen Worten berüchtigt, und Walpole schätzte seine Schweigsamkeit fast so hoch wie seine Härte.
    »Guten Morgen, Colonel«, begann Walpole. »Schöner Tag heute.«
    »Lord Townshend hat mir erklärt, was Sie von mir wünschen, Sir«, erwiderte Wagemaker. Die Bemerkung über das Wetter schien er nicht gehört zu haben. »Ich habe es eilig aufzubrechen.«
    »Natürlich. Und ich will Sie nicht lange aufhalten. Aber davor würde ich gern ein vertrauliches Gespräch mit Ihnen führen. Ich nehme an, dass Lord Townshend Ihnen unsere Schwierigkeit erläutert hat.«
    »Das hat er, Sir.«
    »Der Gegenstand muss geborgen werden. Ich kann Ihnen die Bedeutung Ihrer Mission gar nicht drastisch genug schildern.«
    »Ich verstehe, Sir.«
    »Von Ihrem Erfolg hängt sehr viel ab. Ungeheuer viel.«
    »Ich werde Sie nicht enttäuschen, Sir.«
    »Nein. Das werden Sie ganz bestimmt nicht. Und da wir gerade darüber sprechen...« Walpole legte Wagemaker freundschaftlich eine Hand auf die Schulter. »Erledigen Sie das für mich, Colonel, und Sie werden reich belohnt. Um Ihnen nur ein Beispiel zu nennen: Ich gehe davon aus, dass die Stelle des Wildhüters in den Wäldereien von Enfield Chase frei wird. Ich könnte mir vorstellen, dass Sie in diesem Beruf Hervorragendes leisten würden.«
    Wagemaker nickte. »Ich auch, Sir, wo Sie es erwähnen.«
    »Ich bin derjenige, dem Sie diesen Gegenstand überbringen müssen. Nicht Lord Townshend. Verstehen Sie? Mir persönlich.«
    »Ich verstehe, Sir.«
    »Und an mich wenden Sie sich auch wegen Ihrer Beförderung.«
    »Jawohl, Sir.«
    »Was Sie nicht vergeblich tun werden.«
    »Wenn ich diesen Gegenstand berge.«
    »Genau.«
    »Würden Sie wirklich in Erwägung ziehen, einen einfachen Colonel zum Wildhüter zu ernennen?«
    »Nun« - Walpole lächelte - »vielleicht wäre der Rang eines Generals angemessener.«
    »Vielleicht ja, Sir.« Einen Moment lang dachte Walpole, Wagemaker würde den Mund zu einem Lächeln verziehen, doch dann verriet nur eine fast unmerkliche Entspannung seiner Miene, wie sehr er auf diese Auszeichnung brannte. »Dann mache ich mich jetzt am besten auf die Socken, Sir. Ich habe was zu erledigen.«

12 Vom Regen...
    Selten hatte sich Cloisterman unbehaglicher gefühlt als bei dem Gang, den er an diesem Montagmorgen unternahm. Dieser führte ihn von den Zellen des Rathauses zur Taverne Het Goudene Vis am Montelbaanswal und von dort über einen Umweg von zunächst falschen Abzweigungen und schließlich einer richtigen zu der Apotheke, wo Spandrel laut seiner Behauptung für eine Nacht in Zuylers Bleibe aufgenommen worden war.
    Cloistermans Unbehagen rührte von seinem schlechten Gewissen. Lange hatte er geglaubt, seine innere Stimme sei infolge seiner stumpfsinnigen Pflichten als Vizekonsul abgestorben. Die Erkenntnis, dass sie ihm immer noch Stiche zufügen konnte und folglich nach wie vor existierte, war zutiefst beunruhigend und trug Mitschuld an seiner Zerstreutheit während der gesamten Prozedur. Was ihm so zu schaffen machte, war die Verlogenheit der Verantwortlichen. Spandrel glaubte, er würde seine Unschuld beweisen, wenn er nur die von ihm behauptete Verbindung mit Zuyler nachwies. Diesen Glauben konnte man in seinem hageren blassen Gesicht leuchten sehen wie eine Kerze hinter einer Maske. Aber da täuschte er sich, wie Cloisterman sehr wohl wusste. Im Fall seines Erfolges würde er nur eines bewirken: In den Augen des Vogtes wäre seine Schuld endgültig bewiesen.
    Sie fuhren in Aertsens Kutsche.

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