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Die Mission des Zeichners

Die Mission des Zeichners

Titel: Die Mission des Zeichners Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Goddard
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geheime Unterkunft bezogen und Spandrel wie schon vorher im Fall des gedungenen Mörders einen falschen Namen des Hausherrn genannt. Wenn sich ein Apotheker eines anderen Namens finden ließe, der in letzter Zeit seine Kellerräume an einen Mann von Zuylers Aussehen vermietet hatte, dann würde sich die Beweislage ändern und Spandrel könnte entlassen werden - in McIlwraiths ausgebreitete Arme.
    Doch mit einer solchen Entwicklung rechnete Cloisterman nicht. Er konnte sich nicht vorstellen, dass Lanckaert dergleichen erlauben würde. Und sollte Lanckaert ihn eines Besseren belehren, erwartete er dennoch ein völlig anderes Ergebnis als McIlwraith. Eine Verwicklung Zuylers in de Vries' Ermordung würde Spandrel keineswegs entlasten. Genauso gut wie sein Opfer hätte Spandrel auch sein Komplize sein können. Seine Lügen, wenn es denn welche waren, wären dann lediglich verzweifelte Versuche gewesen, seinen Hals zu retten.
    Von Cloistermans Standpunkt aus war Lanckaerts zu erwartende Unnachgiebigkeit ein Geschenk des Himmels. Er hätte General Ross' Gesandten so gut er es vermochte unterstützt, sodass man keine Schuld vor seiner Haustür abladen konnte, wenn es doch nicht so kam wie gewünscht. McIlwraith würde abziehen, um Zuylers und Estelle de Vries' Verfolgung aufzunehmen, und Cloisterman hätte seinen Frieden und eine passende Antwort auf jede Kritik, eine Antwort, die umso passender wäre, wenn diese Kritik vom schlüpfrigen Dalrymple kam.
    Ohne offenkundigen Widerwillen, aber auch ohne allzu großen Eifer, richtete Cloisterman folglich an jenem Freitagnachmittag sein Ersuchen an Lanckaerts Englisch sprechenden Vertreter Aertsen, der in einem engen Büro unter den Dachsparren des Rathauses saß. Aertsen und er lieferten sich bisweilen in Hoppes Kaffeehaus heiß umkämpfte Schachpartien und führten ihre beruflichen Unterredungen oft in einer ähnlichen Art wie diese Partien, wobei jeder stets das taktische Geschick des anderen mit einkalkulierte. Beide hatten Spandrel vernommen und sich ihre eigene Meinung über den Fall gebildet. Doch weil es auf ihre Meinungen nicht ankam, verschwendeten sie keine Zeit damit. Was zählte, das war Lanckaerts Urteil. Und hierzu wartete Aertsen mit einer Überraschung für Cloisterman auf.
    »Ein interessanter Vorschlag, Nicholas. Ich könnte mir vorstellen, dass Mijnheer Lanckaert ihn schon von sich aus erwogen hat.«
    »Tatsächlich?«
    »Sie wirken überrascht.«
    »Das bin ich auch. Sind Sie sicher?«
    »Sicher kann ich nicht sein. Aber zuversichtlich.«
    »Warum?«
    »Weil es Mijnheer Lanckaerts Wunsch ist, eine österreichische Verschwörung aufzudecken. Ja, er muss sogar eine aufdecken. Die V. O.C. erwartet das von ihm.«
    »Ich bitte aber darum, dass man Spandrel eine Möglichkeit gibt, sich zu entlasten, statt sich zu belasten.«
    »Sie können nicht das eine ohne das andere haben.«
    Mit seiner Flucht hatte sich Zuyler als Spandrels Mitverschwörer, wenn nicht sogar als der Erzverschwörer verdächtig gemacht. Das war, wie Cloisterman klar erkannte, der Stand der Dinge. Und jetzt hatte er sich erboten, den Behörden dabei zu helfen, ihre Vermutung zu beweisen. Sie würden mit der Freiheit vor Spandrels Augen herum wedeln wie mit einer Karotte, nur um sie wegzureißen, sobald er ihnen genug erzählt hatte. So war nun einmal die Welt beschaffen. Daran konnte keiner etwas ändern. Schon gar nicht Cloisterman. Er zuckte die Schultern. »Also gut.«
    »Ich werde so bald wie möglich mit Lanckaert sprechen.« Aertsen lächelte. »Dann sehen wir ja, ob ich ihn richtig eingeschätzt habe.«
    Daran bestand freilich kein Zweifel. Aertsen neigte ebenso wenig dazu, eine unbegründete Meinung zu äußern, wie einen ungedeckten Bauern vorzurücken. Cloisterman hatte seine Antwort bereits erhalten, und es war nicht die von ihm gewünschte.
    Als am Nachmittag des folgenden Tages der Wärter, den er als Großer Janus kannte, die Zellentür öffnete, hätte Spandrel nie und nimmer damit gerechnet, geschweige denn zu hoffen gewagt, dass er Besuch bekam. Der Große Janus schien das zu spüren und erlaubte sich erstmalig ein Lächeln. »Mijnheer Cloisterman«, verkündete er in einem Ton, als würde er sich aufrichtig für Spandrel freuen. Kurz rasselte er mit den Schlüsseln in seiner Hand, dann entschied er, dass es nicht nötig war, Spandrel in Ketten zu legen, trat einen Schritt zurück und hielt Cloisterman die Tür auf.
    »Mr. Cloisterman.« Spandrel kämpfte darum, die in ihm

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