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Die Mission des Zeichners

Die Mission des Zeichners

Titel: Die Mission des Zeichners Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Goddard
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folgen zu können. Später sollte er sich vage entsinnen, dass McIlwraith in Erinnerungen an Männer schwelgte, die er im Kampf erschlagen hatte, und davon erzählte, dass ihn der General, der Duke of Marlborough, persönlich um seinen taktischen Rat ersucht hätte. Er gab auch noch irgendetwas über geheime Missionen hinter feindlichen Linien preis, aber da wurde Spandrels Erinnerung noch verschwommener - wie vielleicht auch McIlwraiths Geschichten.
    Dem Captain waren am nächsten Tag keine Nachwirkungen der Ausschweifung anzumerken, als er Spandrel vor dem Morgengrauen wachrüttelte und darauf drängte, so früh wie möglich aufzubrechen. Spandrel dagegen hatte einen Kater, der nach wenigen Stunden im Sattel zu rasenden Kopfschmerzen ausartete. Sogar die Stelle, an der ihn Zuyler mit dem Hammer getroffen hatte, meldete sich wieder mit einem derart wütenden Pochen, dass ihm Tränen in die Augen stiegen. Als er sich darüber beklagte, schlug ihm McIlwraith nur vor, er solle es als nützliche Erinnerung an den Verrat des Holländers betrachten, für den er bald Rache üben könne.
    Aber der Gedanke an Rache lag Spandrel im Augenblick fern. Die schlichte Freude über die wiedergewonnene Freiheit war der dumpfen Sorge gewichen, immer tiefer in einen Morast zu geraten. Wenn ihn seine Erfahrungen seit der Abreise aus London etwas gelehrt hatten, dann die Einsicht, dass einfache Leute sich nie in die Angelegenheiten der Großen mischen, ja, sich nicht einmal am Rande damit befassen sollten. Und doch tat er genau das und noch mehr. Grüne Bücher und Jakobiten konnten sich jederzeit als tödlich erweisen. Das hätte er dann sich allein zuzuschreiben, und niemanden würde es kümmern. Aber was blieb ihm schon anderes übrig? Er war da, wo McIlwraith ihn haben wollte - an seiner Seite. Und von hier kam er nicht weg. Bis...
    Wann? Das war die Frage. Wenn die Kemps tatsächlich Zuyler und Estelle de Vries waren, hatten sie eine Woche Vorsprung. Das konnten bis zu dreihundert Meilen sein. Spandrel konnte sich nicht vorstellen, wie er und McIlwraith diesen gewaltigen Abstand wettmachen sollten, egal, wie schnell sie ritten. Viel wahrscheinlicher erschien es ihm, dass sie sie eben nicht einholen konnten. Sie würden Rom zu spät erreichen, um den Verkauf des Buchs zu verhindern. In mancherlei Hinsicht hoffte er sogar, er hätte Recht. Sie könnten nichts mehr ausrichten, aber er hätte getan, was man von ihm verlangt hatte, und könnte vielleicht auf eine bescheidene Belohnung hoffen. Andererseits war ihm klar, dass er sich nur etwas vormachte. Wenn sie scheiterten, gäbe es keine Belohnung für ihn, außer dass man ihn fern der Heimat seinem Schicksal überlassen würde.
    Das wäre natürlich immer noch besser, als in Amsterdam im Gefängnis zu sitzen. Im Vergleich zu dem, was ihn bis vor wenigen Tagen erwartet hatte, war diese Reise geradezu ein Geschenk des Himmels. Aber ein Geschenk konnte bisweilen wie ein Fluch wirken, wenn man nichts als Ungewissheit am Ende des Weges sah und einem ein heftiger Wind entgegenschlug, sofern gerade kein Schneeregen von den Bergen herab prasselte.
    »Ziehen Sie nicht so ein Gesicht, Mann!«, schalt ihn McIlwraith beim Abendessen. Sie waren für die Nacht in einem Gasthof in der Nähe von Koblenz abgestiegen, wo niemand von den Kemps gehört hatte. »Sie bekommen von mir Essen und ein Pferd. Ich denke sogar für Sie. Ah...« Er zeigte mit seiner Gabel, mit der er gerade eine halbe Tomate aufgespießt und in Soße getaucht hatte, auf Spandrel. »Ich hab's: Sie haben selber nachgedacht. Gewöhnen Sie sich das lieber nicht an. Es bekommt Ihnen nicht gut.«
    Ob es ihm bekam oder nicht, Spandrel hörte nicht auf, nachzudenken - und sich zu sorgen. Um das, was geschehen würde, wenn sie ihre Beute einholten, und um das, was geschehen würde, wenn sie das nicht schafften.
    Spandrel hätte sich wohl noch größere Sorgen gemacht, hätte er geahnt, was McIlwraith längst klar war: nämlich dass sie ihrerseits verfolgt wurden. Weil sie sich heimlich aus dem holländischen Territorium davongeschlichen hatten, mussten sie einen weiten und zeitaufwändigen Umweg über Köln in Kauf nehmen. Ihr ursprünglicher Vorsprung war deshalb auf nur noch einen Tag zusammengeschmolzen. Wagemaker und Cloisterman verbrachten diese Nacht in der Grauen Gans, wo auch sie von dem englischen Paar in der Kutsche erfuhren -und von den zwei Reisenden, die in der Nacht zuvor so großes Interesse an den beiden gezeigt hatten.
    Die

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