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Die Mission des Zeichners

Die Mission des Zeichners

Titel: Die Mission des Zeichners Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Goddard
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erkannt hatte. Sie war Estelle de Vries.
    Spandrel zog sich so hastig Schuhe und Mantel an, dass er vor Anstrengung in heftiges Husten geriet. Er hatte sich noch nicht richtig davon erholt, als er schon die Tür aufriss und die Treppe hinunter jagte. Estelle und ihre neuen Freunde waren nicht mehr zu sehen. Gerade eben waren sie über den Kai flaniert und hatten die Aussicht auf den See mit den schneebedeckten Bergen dahinter bewundert. Gleichwohl konnte Spandrel sich bei seinem Pech nicht vorstellen, dass er sie draußen oder an Bord des Bootes antreffen würde. Wenn das Glück schon so flüchtig war, musste er alles tun, um es doch noch zu erhaschen. Die Frage war nur, wie, und davon hatte er nicht den Hauch einer Ahnung. Inzwischen hatte er das Erdgeschoss erreicht und brauchte nur noch den Flur zur Haustür zu überqueren.
    Doch Eile wäre gar nicht nötig gewesen, denn in diesem Augenblick führte Madame Jacquinot die Gesuchten ins Speisezimmer. Offenbar hatten sie sich - wie zuvor auch er - von der freundlichen Auberge du Lac mit ihrer frisch gestrichenen Fassade angezogen gefühlt. Im Gehen warf Estelle einen Blick über den Flur. Er sah, wie sie jäh nach Luft schnappte und sich schnell abwandte. Dann blieb sie stehen und richtete ein paar Worte an Madame Jacquinot, vermutlich eine Frage. Die zwei Männer gingen weiter in das Speisezimmer, während die Wirtin Estelle über den Flur geleitete. Spandrel huschte die Treppe hinauf und verschwand hinter einer Biegung. Unter ihm wurde eine Tür geöffnet. Durch eine Ritze erspähte er ein Waschgestell und einen Spiegel. Mit einem »Merci, Madame« trat Estelle in die Toilette und schloss die Tür. Gleich danach eilte Madame Jacquinot zu den Männern zurück.
    Spandrel schlich hinunter vor die Toilettentür. Im selben Moment ging sie auf, und Estelle trat ihm entgegen. »Mr. Spandrel. Das ist... aber eine Überraschung.« Und, wie ihre Miene erkennen ließ, keine angenehme.
    »Es gibt hier einen kleinen Garten.« Mit dem Kinn deutete Spandrel auf eine Hintertür. »Dort können wir sprechen.«
    »Ich kann nicht lange wegbleiben.«
    »Ich weiß nicht, wer diese zwei herausgeputzten Lackaffen sind, Mrs. de Vries, aber ich gehe jede Wette ein, dass sie nichts von dem ermordeten Ehemann wissen, den Sie in Amsterdam zurückgelassen haben, ganz zu schweigen von dem toten Liebhaber in Bern. Unter diesen Umständen können Sie meiner Meinung nach so lange wegbleiben, wie es nötig ist. Wollen wir gehen?«
    »Sie sehen nicht gut aus«, sagte sie, als sie das Tageslicht erreicht hatten und sich einander zuwandten. »Sie dagegen sehr.«
    Es war die Wahrheit. Vielleicht lag es an der Seeluft oder an der Aufregung über ihre Entdeckung, dass sich ihre Wangen noch stärker gerötet hatten. Angst war ihr jedenfalls nicht anzumerken. Im Gegenteil, sie wirkte völlig ruhig, vielleicht angesichts dieser Ereignisse etwas irritiert, aber keineswegs außer Fassung.
    »Wo ist Captain McIlwraith?« »Tot.«
    Ihre Stirn umwölkte sich. »Das tut mir Leid.« »Ein Agent der Regierung hat uns eingeholt. Es hat ein Duell gegeben.« »Und der Agent?« »Auch tot.«
    »So viele Tote. Das tut mir wirklich Leid, Mr. Spandrel, auch wenn Sie mir wahrscheinlich nicht glauben.«
    »Warum sollte ich? In Amsterdam haben sie Lügen über mich verbreitet. In Bern haben Sie mir ins Gesicht gelogen.« »Diese Lügen sind mir... nötig erschienen.« »Haben Sie das Grüne Buch noch?« »Es ist an einem sicheren Ort.« »Wo?«
    »In einer Bank. In Genf.«
    »Warum sind Sie nach Ihrer Flucht aus Bern nicht weiter zum Simplon gereist?«
    »Ich weiß es selbst nicht. Ich war verwirrt. Pieters Tod war so schrecklich brutal, so schrecklich... dumm. Vor Entsetzen konnte ich nicht mehr denken. Sie haben sich gegenseitig umgebracht, er und Jupe. Wissen Sie das?«
    »Ich habe ihre Leichen gesehen. Sie haben sie einfach liegen lassen, damit irgendjemand sie entdeckt.«
    »Ich konnte nicht bleiben. Sie müssen meine Lage doch verstehen.«
    »O ja.«
    »Sie halten mich hoffentlich nicht für feige, oder?«
    »Doch.«
    »Na ja, auf andere muss ich wohl so wirken. Aber es ist nicht...« Sie warf einen nervösen Blick auf die Hintertür. »Man wird mich bald vermissen.«
    »Wer sind die beiden?«
    »Mr. Buckthorn und Mr. Silverwood sind junge Gentlemen aus England, die von ihren Vätern auf Bildungsreise geschickt worden sind. Ich habe sie in Genf kennen gelernt und gebeten, mich in ihre Gruppe aufzunehmen. In wenigen

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