Die Mission des Zeichners
sich nicht, Spencer«, erwiderte Walpole. »Egal, was passiert, wir werden Sie nicht um Ihren Rat bitten.« »Nein? Ich habe trotzdem einen für Sie. Sie sollten...« Bevor Sunderland mit seinem Erfahrungsschatz als Staatsmann glänzen konnte, kündigten das Schlagen der Begräbnistrommel und ein vielfaches Füßescharren und Hüsteln in ihrem Rücken die Ankunft des Sargs an. Die drei Männer erhoben sich mit allen anderen Trauergästen, und dann wurde die Trommel zum zweiten Mal geschlagen. In der kurzen Pause vor dem Einsetzen der Trauermusik beugte sich Sunderland zu Townshend und vollendete, was er hatte sagen wollen, wenn auch so laut, dass Townshend befürchtete, Walpole könne es hören.
»Immer das Schlimmste annehmen.«
Das Schlimmste anzunehmen war Nicholas Cloisterman seit seiner Abreise aus Den Haag als Begleiter des Colonels Wagemaker zur zweiten Natur geworden. Nichts war nach Plan gegangen, so gut wie alles war ihnen missglückt. Wagemaker war tot, das Grüne Buch wahrscheinlich schon auf der anderen Seite der Alpen, und was sein eigenes Verhalten in der letzten Zeit betraf, so musste sich Cloisterman eingestehen, dass es keiner gewissenhaften Überprüfung standhalten würde. Seine Flucht aus Bern hatte er nur mit einem für einen Vizekonsul einzigartigen Mangel an Würde und ohne feste Pläne bewerkstelligt, außer dem Vorsatz, irgendwie wieder nach Amsterdam zu gelangen und jede Kritik, die ihm Dalrymple entgegen schleudern würde, von sich abprallen zu lassen.
Mit jedem Tag, der ungenutzt verstrich, erschien ihm dieser Plan jedoch sinnloser. Da er ohnehin nicht zum Reiter geboren war, hatte er in Burgdorf sein Pferd verkauft und reiste seitdem mit dem Postwagen weiter, einem langsamen, doch zuverlässigen Verkehrsmittel. Damit war er über Luzern und Zürich in den Kurort Baden gelangt. Dort hatte er sich ursprünglich in den Heilquellen pflegen lassen wollen, wovon er sich eine beruhigende Wirkung auf seine Nerven versprach, um danach nordwärts zum Rhein weiterzureisen und ein Boot für eine sichere und bequeme Fahrt stromabwärts aufzutreiben. In Baden eingetroffen und noch ohne die Heilwasser genossen zu haben, war ihm schließlich am Abend von Craggs' Beerdigung in London gedämmert, dass es nicht klappen würde. Es würde schlichtweg nicht klappen.
Trübsinnig seine Pfeife rauchend überdachte er während eines Spaziergangs entlang der wegen des frostigen Wetters leeren Uferpromenade an der Limmat seine Pläne. Wie er es auch drehte und wendete, seine Lage war sogar noch unangenehmer als das Essen, das er soeben im Gasthof Rapperswil zu sich genommen hatte. Aber bisweilen war es eben nötig, sich unbequemen Wahrheiten zu stellen, so wie man auch ungenießbares Essen schlucken musste. Man würde von ihm mehr erwarten, als er bisher geleistet hatte. Letztlich diente er demselben Herrn wie Wagemaker. Und dieser Herr wäre mit nichts weniger als der Bergung des Grünen Buchs zufrieden zu stellen. Ein Scheitern würde nur dann entschuldigt, wenn er nachweisen konnte, dass er keine Mühe gescheut hatte. Bisher wirkten Cloistermans Versuche nicht gerade aufopferungsvoll, sondern vielmehr lustlos, um nicht zu sagen dürftig. Er würde mehr leisten müssen.
Er hielt inne und ließ den Blick wehmütig über den Fluss schweifen. Aufgaben wie diese lagen ihm nicht, in keiner Weise. Doch jetzt würde er sich ihnen widmen müssen. Von morgen an. Seufzend schlug er den Mantelkragen hoch und trat den Rückweg zum Gasthof an. Es galt, eine frühe Abreise zu vereinbaren.
Eine frühe Abreise war in William Spandrels Plänen für den nächsten Tag nicht vorgesehen. Seine Flucht aus Bern war weit entfernt von einem ungeordneten Rückzug gewesen, wie ihn Cloisterman bewerkstelligt hatte, doch die Ergebnisse hatten einander in beiden Fällen geähnelt. Da er es für zu gefährlich gehalten hatte, ins Gasthaus Drei Tassen zurückzukehren und sein Pferd zu holen, war er zu Fuß auf der Interlakener Straße südwärts bis zur ersten Poststation gewandert, wo er sich mit einem Teil von McIlwraiths Geld eine Weiterfahrt mit der Kutsche nach Thun geleistet hatte. Dort hatte er schwermütig und einsam eine Nacht verbracht, um am folgenden Morgen mit einer anderen Kutsche weiter nach Süden zu reisen. Viele Stunden später hatte er begriffen, dass der Gastwirt in Thun mit Süden nicht den Simplon-Pass gemeint hatte, sondern den Genfer See. Als er seinen zweiten Reisetag in Vevey beendete, war er von seinem Ziel
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