Die Mission
Belohnung für die vielen Opfer, die die Warschauer Bevölkerung gebracht hat«, fiel Dabrowski ihm ins Wort. »Unglücklicherweise sind die Konsequenzen ohne Nachschub unausweichlich. Wir müssen uns ergeben und dieses Blutbad beenden. Wir haben mehr als tausend unserer besten Männer in einem sinnlosen Krieg verloren, unser Volk ist in die Industriezone zurückgeschlagen worden, wo es in Löchern haust und nicht einmal genug zu essen hat, um überleben zu können, und jetzt droht uns auch noch Blutmangel.« Dabrowski schüttelte niedergeschlagen den Kopf. »Unser glorreicher Aufstand hat uns nur Tod und Verderben gebracht. Solange einige von uns noch am Leben sind, sollten wir uns ergeben und auf die Gnade des Führers hoffen.«
Trixie und Trotzki wechselten einen Blick. Der Defätismus des Majors war niederschmetternd. Sah er denn nicht, dass Heydrich keine Gnade walten lassen würde?
»Die anderen Sektoren werden uns am Ende zu Hilfe kommen«, sagte der alte nuJu. »Wir müssen ihnen Zeit lassen.«
Dabrowski schlug mit der Faust auf den Tisch. »Wir haben keine Zeit! Wir können nicht ewig auf Hilfe warten. Und wir können uns auch nicht zurückziehen, das wird schon durch die Grenzschicht verhindert.« Er schenkte sich mit zitternder Hand ein Glas Lösung ein. »Nein … wir müssen uns ergeben.«
»Ich glaube, dass wir eine Lieferung Blut nach Warschau schmuggeln könnten«, sagte Trixie laut.
Dabrowski sah sie mit seinen entzündeten Augen an. »Und wie wollen Sie dieses Wunder fertigbringen, Hauptmann?«
»Nicht ich. Vanka Maykow … der Hellseher.« Sie gab Michalski, der vor der Tür Wache schob, ein Zeichen. Der Oberfeldwebel öffnete die Tür, und Vanka stahl sich in Begleitung der beiden Dämoninnen herein.
Trixie warf Vanka einen flüchtigen Blick zu und wäre beinahe verzweifelt. Dass Warschaus Hoffnungen in den Händen eines derart ehrlosen und gemeinen Schurken lagen, war unfassbar. Als er zum ersten Mal mit seinem Vorschlag zu ihr gekommen war, hätte sie ihn fast zum Teufel geschickt. Es war einfach lächerlich. Wie ein billiger Taschentrick, mit dem er seine nutzlose Haut retten wollte, nur weil er dieser Shade verfallen war.
Shades …
Trixie hatte zwar eingesehen, dass die Abgrenzung des UnFunDaMentalismus gegenüber anderen Rassen völliger Unsinn war, aber was Shades anging … denen würde sie wohl niemals trauen können. Sie waren keine Menschen, und die RaTionalistin in ihr sagte ihr, dass sie irgendwie einfach falsch waren … eine Lilithianische Laune der Natur. Dass Ella Thomas nicht nur eine Shade war, sondern obendrein eine Dämonin, machte sie, nein, das Ganze nur noch bedrohlicher. Trixie hatte das mulmige Gefühl, dass sie versuchen würde, die Demi-Monde zu zerstören, sobald sie wieder bei sich zu Hause war. Wie hatten die Dämonen gesagt? Den Stecker ziehen? Nein, Shades konnte man nicht trauen … und Dämonen erst recht nicht.
Vanka tippte sich an die ramponierte Stirn und winkte Trixie keck zu. »Schönsten guten Morgen, Herrschaften«, sagte er fröhlich. »Gestatten? Vanka Maykow, Blutmakler. Zu Ihren Diensten.«
»Sie können uns mit Blut beliefern?«, fragte Dabrowski.
»Aber gewiss«, erklärte Vanka leichthin. Selbst in seinem schmutzigen, zerlumpten Zustand hatte Vanka keine Mühe, den Mann von Welt zu spielen.
Ella war stolz auf ihn. Sie war genauso stolz auf Vanka wie sie wegen Trixie Dashwood nervös war. Dabrowskis Zustand hatte sie schockiert – er schien um Jahre gealtert, seit sie ihn das letzte Mal gesehen hatte –, doch das war nichts verglichen mit der Verwandlung, die Trixie während ihrer Zeit im Ghetto durchgemacht hatte. Es waren nicht nur die äußerlichen Veränderungen, die Ella erschütterten – etwa dass sie sich das schöne lange Haar mehr schlecht als recht zu einem jungenhaften Bob gestutzt hatte–, sondern auch Dinge, die nicht auf den ersten Blick auffielen. Das Gehabe einer verhätschelten reizbaren Göre, das Ella noch gut in Erinnerung hatte, war gänzlich verflogen. Die Trixie, die jetzt in einer Ecke des dunklen Raums vor ihr stand, war eine deutlich härtere und gefährlichere Person. Als wäre im Innern des Mädchens etwas erloschen.
Die Augen, mit denen Trixie Ella musterte, waren leer, gefühllos … so wie die von Heydrich. Sie fand es auch nicht gerade erbaulich, dass die Kleine ständig mit ihrer Pistole herumfuchtelte.
»Und wie wollen Sie dieses Wunder vollbringen?«, fragte Dabrowski.
Vanka zog kräftig an
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