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Die Mission

Die Mission

Titel: Die Mission Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rod Rees
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halb zerfetzte SS -Jacke und eine schlammverkrustete, schiefsitzende Chapka auf dem Kopf.
    »Ich bin Maykow«, rief Vanka. »Und wer bist du?«
    Der Junge salutierte. »Karol Michalski, Oberfeldwebel bei Trixies Terriern. Ich habe den Befehl, Sie« – er warf einen kurzen Blick auf einen schmutzigen Zettel, den er in der Hand hielt –, »Miss Ella Thomas und Miss Norma Williams zu einer Dringlichkeitssitzung der Freien Armee Warschaus ins Hauptquartier zu bringen.«
    Ella spürte, wie jemand an ihrem Ärmel zog. »Warum bringen sie uns ins Hauptquartier?«, flüsterte Norma zu Tode erschrocken. Sie hatte noch nicht verkraftet, dass Heydrich eine Belohnung auf ihren Kopf ausgesetzt hatte. Und die Läuse hatten auch nicht gerade zu ihrer Beruhigung beigetragen.
    »Keine Angst. Vanka und ich glauben, dass wir auf diese Art dem ganzen Schlamassel entkommen könnten. Hol deine Jacke. Mit etwas Glück lassen wir Warschau bald hinter uns.«
    Vorausgesetzt, Dabrowski geht auf Vankas Vorschlag ein.
    Die Idee war ihm gekommen, als er in den Ruinen von Warschau nach einer neuen Zigarettenquelle suchte und an der Wand eines Gebäudes, das früher eine Theateragentur gewesen war, ein Werbeplakat entdeckte. Darin hieß es, dass im Rahmen von Berias Plan zur Verbesserung der Beziehungen zwischen dem ForthRight und NoirVille in Berlin die Revue Nègre gastieren werde.
    Vanka musste Ella nicht erklären, was die Revue Nègre war. Ella hielt sich für den größten Fan von Josephine Baker auf der Welt. Sie war die Startänzerin der Revue. Allerdings war Ella überrascht gewesen, dass ABBA ihr Duplikat in der Demi-Monde einsetzte. Der Professor hatte nicht erwähnt, dass es in der Demi-Monde auch Doppelgänger von sympathischen VorGelebten Persönlichkeiten gab, sondern nur von Psychopathen und Mördern gesprochen. Das musste eine Folge der heuristischen Programmierung sein. ABBA kochte inzwischen sein eigenes Süppchen.
    Eines musste Vanka Ella aber doch erklären, nämlich, wie die Revue Nègre ihnen helfen könnte, ihre Probleme zu lösen. Anschließend war sie zu dem Schluss gelangt, dass es ein ziemlich schlauer Plan war. Sie könnten drei Fliegen mit einer Klappe schlagen. Warschau würde die dringend benötigten Blutreserven erhalten, Dabrowski könnte überredet werden, ihnen zur Flucht aus dem Ghetto zu verhelfen, und sie hätten einen wunderbaren Weg gefunden, um Norma aus dem ForthRight nach NoirVille zu schmuggeln. Diesen Plan hatte Vanka Trixie Dashwood gesteckt, und die hatte ihn an Dabrowski weitergegeben.
    Ella, Vanka und Norma folgten dem Feldwebel, verließen vorsichtig den Schutz des Kellers und blinzelten wie Maulwürfe, als sie im grellen Morgenlicht standen. Ella war entsetzt, als sie sah, wie umfassend der Krieg das einst so prächtige Warschau zerstört hatte. Als hätte ein Riese sämtliche Gebäude in der Stadt niedergetrampelt und eine Schneise der Verwüstung und des Todes hinter sich gelassen. Überall lagen Leichen wie obszönes Konfetti, Ratten und Krähen pickten an ihnen. Die Luft stank nach Tod und Verwesung.
    Zehn schreckliche Minuten stahlen sich die vier durch die Ruinen der Stadt, duckten sich hier, huschten dort vorbei. Schließlich blieb Oberfeldwebel Michalski an der Ecke einer einst imposanten breiten Allee stehen.
    »Da drüben ist es«, erklärte er und zeigte auf ein ausgebranntes Gebäude. »Das Hauptquartier der Widerstandsarmee. Jetzt müssen Sie den Kopf einziehen. Hier lauern überall Scharfschützen der SS .«
    Trixie nahm einen Schluck von ihrem schwarzen Kaffee und verzog angewidert das Gesicht. Sie hatte sich immer noch nicht an den Geschmack von Zichorie gewöhnt, nachdem ihnen die Kaffeereserven ausgegangen waren. Aber es mangelte nicht nur an Kaffee. Sie sah Major Dabrowski an und hatte das mulmige Gefühl, dass langsam aber sicher auch die Hoffnung knapp wurde. Er war ein gebrochener Mann.
    Die Neuigkeiten, die sie ihm gerade berichtet hatte, waren nicht besonders ermutigend – und das war auch der Grund, weshalb sie darauf bestanden hatte, dass nur der Delegierte Trotzki anwesend war. Trotzdem hätte sie sich niemals träumen lassen, dass Dabrowski dermaßen abbauen würde. Der Mann war nur noch ein Nervenbündel.
    Trixie nahm einen Schluck Kaffee und zog an ihrer Zigarette.
    Seltsam, wie der Krieg die Menschen verändert, dachte sie. Manche wie Dabrowski gerieten unter der Last ins Wanken, während andere wie sie selbst im Chaos und im Schlachtgetümmel geradezu

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