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Die Mission

Die Mission

Titel: Die Mission Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rod Rees
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unmöglich. So viel Blut zu schmuggeln, das ist jenseits aller Vorstellungskraft.«
    »Natürlich, Monsieur«, antwortete Ella zuckersüß. »Wenn Ihnen dieses Geschäft eine Nummer zu groß ist, muss ich mich nach einem geeigneteren Partner umsehen.«
    Wie vermutet, bewog die Vorstellung, sich zwölf Millionen Guineen durch die Lappen gehen zu lassen, Louverture dazu, sich das Ganze noch einmal zu überlegen. »Zwölf Millionen Guineen? Das ist kein Pappenstiel.«
    Ella nippte an ihrem Champagner und wartete darauf, dass die Habgier ihre Wunder wirkte. »Habe ich nicht gesagt, dass ich Sie unanständig reich machen würde?«
    Louverture lachte. »Schöne Frauen wie Sie versprechen Männern vieles, Mademoiselle Thomas. Leider meistens mehr, als sie später halten.«
    »Glauben Sie mir, ich habe noch nie jemanden enttäuscht. Und ich mache auch keine falschen Versprechungen. Wenn ich etwas sage, dann halte ich Wort. Ich habe noch keinen Mann unbefriedigt verlassen.« Vanka verschluckte sich an seinem Champagner, und beide Männer brauchten eine Zeit, um Ellas Behauptung zu verdauen. »Aber für zwölf Millionen Guineen müssten Sie mir einen zusätzlichen kleinen Dienst erweisen.«
    Diesen Geistesblitz hatte Vanka gehabt. Ella und er hatten sich den Kopf zerbrochen, wie man sie aus dem ForthRight herausschmuggeln sollte. Als Shade fiel sie sofort auf und wäre nie imstande, die Kontrollposten der Checkya unerkannt zu passieren. Vor allem jetzt, wo ihr Pseudonym, Marie Laveau, aufgeflogen war und sie den Pass, den Vanka ihr besorgt hatte, nicht mehr benutzen konnte. Reiste sie aber mit der Revue Nègre, wäre sie nur eine von vielen Schwarzen.
    Louverture hob misstrauisch die Braue hoch. »Und der wäre?«
    »Ich muss dringend nach NoirVille, besitze aber leider nicht die nötigen Papiere. Ich würde mich gern für eine Weile der Revue Nègre anschließen.«
    »Das dürfte kein Problem sein. Besser eine hübsche Frau zu viel als zu wenig. Nein, das Problem ist das Blut. Da muss ich noch überlegen.« In dem Augenblick wechselte die Musik, und Louverture drehte sich zur Bühne um. »Haben Sie die Güte, mich einen Augenblick zu entschuldigen, Mademoiselle. Jetzt kommt der Höhepunkt des Abends: Miss Josephine Bakers pièce de résistance .«
    Ella erkannte das Stück sofort. Es war la danse sauvage, jener Tanz, mit dem Josephine Baker zum berühmtesten und umstrittensten Star in Europa geworden war. Während die Musik zu einem wogenden Klangteppich afrikanischer Rhythmen wechselte, übernahm Josephine Baker in Begleitung eines großen muskulösen Partners die Bühne.
    Ella stockte vor Aufregung der Atem. Josephine Baker war ihre Heldin. Josephine Baker war die Frau, die alles erreicht hatte, was Ella noch erreichen wollte. Sie war zu Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts in ärmlichen Verhältnissen in St. Louis zur Welt gekommen und hatte den Mut gehabt, auf der Suche nach Ruhm und Wohlstand ihr Geburtsland Amerika zu verlassen. Sie hatte sich in einem fernen Land ein neues Leben aufgebaut und war in den Zwanzigerjahren in Paris zu einer gefeierten Tänzerin und Sängerin geworden.
    Josephine Baker war eine Frau, die allen Widrigkeiten des Lebens getrotzt hatte. Genau wie Ella es vorhatte.
    Sie konnte es kaum fassen, dass sie Josephine Baker nun in Fleisch und Blut vor sich sah … und es war eine Menge Fleisch zu sehen. Während die Tänzerin über die Bühne wirbelte, hatte sie kaum mehr am Leib als einen Slip aus schwarzem Satin und den berühmten Rock aus künstlichen Bananen. Ihr ganzes Kostüm bestand aus diesem Höschen, dem Bananenröckchen und ihrem Lächeln, mit dem sie das Resi erleuchtete. Angesichts ihres beinahe nackten Auftritts flog ein Raunen durch das Publikum. Von den eher unFunDaMentalischtisch angehauchten Zuschauern gab es Buhrufe und Spott, doch sie gingen in den Bravorufen und dem tosenden Beifall ihrer Fans unter.
    Ella brauchte eine Weile, bis sie Traum und Realität miteinander in Einklang gebracht hatte. Irgendwie war La Baker viel kleiner, als sie gedacht hatte, und auch jünger, aber als sie zu tanzen begann, verflogen alle Zweifel. Diese grenzenlose Energie, dieser Überschwang waren unverkennbar. Aber ihre Vorstellung strahlte noch etwas anderes aus als nur die Energie und die Extravaganz der Tänzerin … und zwar ungehemmte Erotik.
    Als Ella zum ersten Mal Rezensionen von Josephine Bakers danse sauvage las, hatte sie den Eindruck, dass es sich, abgesehen von der Nacktheit, um eine

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