Die Mission
Baker gewisse Verpflichtungen. Wenn Sie erlauben.« Josephine und er standen auf, dann hielt Louverture kurz inne. »Ich werde über Ihr Angebot nachdenken, Mademoiselle Thomas. Wäre es Ihnen möglich, mich, sagen wir, morgen um vier Uhr nachmittags zu treffen? Wir proben gerade ein neues Stück und …« Er ließ den Satz unbeendet und empfahl sich mit einer Verbeugung.
30
Demi-Monde:
81. Tag im Winter des Jahres 1004
Die Zukunft des UnFunDaMentalismus ist untrennbar mit dem Erfolg des ForthRight verbunden – ob und wann sich das ForthRight politisch und/oder geografisch ausdehnen und der UnFunDaMentalismus mit dieser Entwicklung Schritt halten kann. Die Entscheidung der Stadtstaaten des Medi (Paris, Rom und Barcelona) im Quartier Chaud, die Unilaterale Unabhängigkeitserklärung von Venedig auszurufen und dem ImPuritanismus zugunsten des UnFunDaMentalismus abzuschwören, zeugt von der Anziehungskraft des UnFunDaMentalismus (und des Biologischen Essentialismus) bei den scharfsinnigen Führern der Demi-Monde, von denen vor allem der EhrenWerte Bürger Robespierre zu erwähnen ist.
– Redaktioneller Kommentar, Der Stürmer, 82. Tag im Winter des Jahres 1004
»Ich kann bis zum zweiten Tag des Frühlings ein Schiff mit fünfzigtausend Litern Blut beladen … also in zehn Tagen«, bestätigte Louverture beiläufig, ohne den Blick von den Tänzerinnen zu nehmen, die wie üblich auf der Bühne des Resi probten. »Und ich kann es den Rhein hinaufschicken, mit Papieren, die die Ladung als Palmöl-Lieferung für einen Berliner Händler deklarieren. In letzter Minute leiten wir dann die Kähne zu den Warschauer Docks um. Und was Ihre andere Frage angeht: Die Revue zieht morgen nach Paris weiter, und Sie, Mademoiselle Thomas, sind eingeladen, sich uns anzuschließen.«
»Wie viel?«, wollte Vanka wissen.
»So viel wie mit Mademoiselle Thomas ausgehandelt. Zweihundert Guineen pro Liter, insgesamt zehn Millionen Guineen, zahlbar im Voraus.«
»Nein, die Hälfte jetzt und die andere bei Lieferung«, entgegnete Vanka.
Louverture nickte. »Na schön, die zweite Hälfte, sobald die Kähne an der Werft von Gda ´ nsk angelegt haben. Wie Sie die Ladung löschen, ist Ihre Sache.«
»Geben Sie uns die Kontonummer der Bank, auf die das Geld überwiesen werden soll?«
Louverture schob einen gefalteten Zettel über den Tisch, den Ella sorgfältig in ihre Börse steckte. Dann besiegelten sie den Handel mit einem Handschlag.
Ella sah Louverture ernst an. »Sie wissen wohl nicht, dass ich Hellseherin bin, Monsieur. Ich brauche nur die Hand eines Menschen zu berühren und weiß alles über ihn. Jetzt, nachdem ich Ihnen die Hand gegeben habe, ist mir klar, dass Sie das Abkommen, das wir soeben getroffen haben, nicht einzuhalten gedenken. Sobald die Kähne die Rheinmündung erreicht haben, wollen Sie damit drohen, die Schiffe wieder nach NoirVille zurückzuführen, wenn wir nicht weitere hundert Guineen pro Liter zahlen.«
Louverture runzelte die Stirn. »Sie irren sich, Mademoiselle … ich würde niemals …«
»Ich muss Sie dringend vor einem Doppelspiel warnen. Falls Sie versuchen sollten, mich übers Ohr zu hauen, werde ich nicht zögern, Lord Shaka von Ihren heimlichen kleinen Geschäften mit Victor Lustig zu erzählen, für die ihm fast eine Million Guineen Profit entgangen sein dürfte. Ich glaube, ich muss Sie nicht daran erinnern, wie nachtragend Lord Shaka und seine Blutsbrüder sein können, wenn man sie über den Tisch zieht.«
Die Falten auf Louvertures Stirn vertieften sich. »Wie …«
»Wie Ella bereits sagte, ist sie die tüchtigste Hellseherin in der ganzen Demi-Monde«, klärte Vanka ihn lässig auf. »Sie weiß alles.«
»Also, Monsieur, sind wir uns einig?«, fragte Ella. »Haben wir einen Deal, an den sich beide Parteien halten werden?«
»Jawohl, Mademoiselle«, nickte Louverture verdrießlich.
»Wir haben es geschafft, Vanka, wir haben es geschafft!«, rief Ella überglücklich, als sie das Resi verließen. »Wir haben das Blut für das Ghetto organisiert, und morgen sind wir auf dem Weg nach NoirVille.«
»Nicht wir, Ella. Du wirst auf dem Weg nach NoirVille sein.«
Ella blieb abrupt stehen. »Was … was meinst du?«
»Komm schon, Ella. Du glaubst doch nicht, ich könnte mich in einer Truppe von schwarzen Sängern und Tänzern verstecken. Ich würde doch auffallen wie … wie ein Bleichgesicht unter Shades eben. Nein, besser, du reist allein nach NoirVille. Das ist sicherer für dich.«
»Vanka
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