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Die Mission

Die Mission

Titel: Die Mission Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rod Rees
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selbst.
    Während sie und Aaliz mit ineinander verschränkten Händen voreinander knieten, hatte sie das Gefühl, mit Aaliz Heydrich zu verschmelzen. Es war, als würden sie denselben Körper bewohnen … dasselbe Bewusstsein … dieselbe Seele haben.
    Sie beobachtete, wie Aaliz ein Schweißtropfen über die Stirn lief, und spürte denselben Tropfen auf ihrer Stirn.
    Fast apathisch nahm sie wahr, wie das Ritual immer hektischer wurde. Der endlose Rhythmus der Musik wurde schneller, der wabernde Gestank der Räucherpfannen stechender, die Beschwörungen und Kapriolen Crowleys und seiner Adepten glühender. Die Höhle war voller Magie, und innerhalb des Fünfecks manifestierten sich seltsam verschwommene Gestalten.
    Geister und Gespenster … das Unfassbare … schwebte … durch die zunehmend schwere Luft … hauchzarte Finger glitten über … glitten durch Norma und Aaliz hindurch. Die Geister waren erschienen, und das hieß, dass die Verwandlung kurz bevorstand. Jetzt konnte sie niemand mehr retten.
    Nach dem, was Ella aus dem Fernsehen kannte, nahm sie an, Ballonfahrten wären gemächliche, ruhige, fast glückselige Erlebnisse, bei denen die Reisenden an einem sonnigen Himmel leise in die Höhe schweben. Doch bald entdeckte sie, dass es eine ziemlich laute Angelegenheit war, Bastkorb und Tauwerk ächzten und knarrten, und die Hülle flatterte und knallte im Wind.
    Obendrein stank es. Das Gerberfett, mit dem die Hülle des Ballons wasserdicht gemacht worden war, roch ranzig, und irgendwoher kam ein übler Geruch nach faulen Eiern. Ella hatte in der Chemiestunde gelernt, dass Wasserstoff ein geruchloses Gas war, doch jetzt begann sie, daran zu zweifeln. Der Schneesturm tanzte um den Korb und warf den Ballon hin und her, sodass sie zuweilen das Gefühl hatte, auf einem Pendel zu sitzen. Obendrein war es verdammt kalt hier oben am Nachthimmel, sodass sie sich zum Schutz vor dem eisigen Wind in den Korb kauern musste.
    Doch da blieb sie nicht lange. Nach nur wenigen Meilen zwangen sie Lärm, Gestank, Kälte und das unaufhörliche Schlingern des Korbs im Wind wieder auf die Beine. Zu guter Letzt übergab sie sich über die Seite des Korbs.
    »Volltreffer!«, rief Rivets. »Da unten wimmelt’s nur so von SS -Leuten. Etliche davon ham jetzt ’ne tüchtige Ladung Kotze abgekriegt.«
    Ella wischte sich den Mund ab und warf ganz vorsichtig – sie hasste es, wie der Korb hin und her schwankte, sobald sie ihr Gewicht verlagerte – einen Blick in die Tiefe. In der Dunkelheit waren die Laternen zu erkennen, die die Armee des ForthRight aufgestellt hatte, um die neue Eisenbahnlinie durch den Hub zu markieren. Eine glühende Schlange von Zügen kroch über die Eisenbahnlinie auf die Hub-Brücke Nummer 4 zu.
    Nein … nicht Nummer 4. Sie bewegte sich auf die Hub-Brücke Nummer 2 zu!
    Ella runzelte die Stirn. Die Armee des ForthRight marschierte in die falsche Richtung. Sämtliche Züge, Panzer und auch die Fußtruppen bewegten sich auf das Quartier Chaud zu.
    »Das ForthRight greift die Medis an«, rief sie, und noch während die Worte aus ihrem Mund sprudelten, wurde ihr klar, dass es das war, was sie aus Crowley nicht hatte herauslesen können, als sie sich das letzte Mal über den Weg gelaufen waren. Irgendwie war es weder PINC noch ihr gelungen, Crowleys – oder Heydrichs – Doppelspiel zu durchschauen.
    Aber warum?
    Vanka zuckte die Achseln. »Das überrascht mich nicht. Heydrich ist ein gerissener Kerl. Offensichtlich war das ganze Zeug, mit dem er den Baron und Dabrowski gefüttert hat, horrender Unsinn. Er hat sie ziemlich an der Nase herumgeführt.« Vanka lachte. »Das Komische daran ist, dass der Nichtangriffspakt, den er mit Coven geschlossen hat, wahrscheinlich aufrichtig gemeint ist. Er wird wohl als einziger Vertrag in die Geschichte eingehen, den Heydrich in seinem ganzen verdammten Leben je eingehalten hat.«
    »Aber was wird jetzt aus der FAW ? Coven hat ihr doch Asyl gewährt.«
    »Um die, glaube ich, brauchst du dir keine großen Sorgen zu machen. So wie es aussieht, ist das Ghetto immer noch hart umkämpft.« Er zeigte auf den Rauch und das wütende Feuer am Horizont, das die Nacht unweit der Grenzschicht erhellte. »Nein, ich glaube nicht, dass dieser Feuerhölle viele entkommen werden.«
    Vanka hatte recht. Sogar aus einer Höhe von ungefähr neunhundert Metern, wie Ella schätzte, und einer Entfernung von zwei oder drei Meilen konnte man das Schlachtgetümmel im Ghetto deutlich hören.
    Trotz Vankas

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