Die Mistelzweigstrategie
ansprechen. “Ich weiß es noch nicht”, log er.
“Laut Margo hast du ihr einen Korb gegeben, als sie fragte, ob du sie begleiten möchtest.”
Eric rieb sich den Nacken. “Also, ich habe nicht direkt …”
“Und Janine ebenfalls und Sally …”
“Ich weiß, mit wem ich gesprochen habe, Maggie. Daran brauchst du mich nicht zu erinnern.” Himmel, die Hälfte der weiblichen Angestellten hatte ihn gebeten, mit zur Weihnachtsfeier zu kommen. Woher Maggie das allerdings wusste, war ihm schleierhaft.
Sie sah ihn lange an. “Du, ähm, du hast doch momentan keine Beziehung, oder?”
Mit gerunzelter Stirn versuchte Eric zu erraten, worauf sie hinauswollte. Es sah ihr gar nicht ähnlich, Fragen über sein Privatleben zu stellen. “Nein, im Moment habe ich keine Beziehung.” Trotz der Bemühungen seiner Mitarbeiterinnen wollte er niemanden außer Maggie, weshalb er sich selbst eine Art Zölibat auferlegt hatte, das ihn langsam, aber sicher in den Wahnsinn trieb.
“Wunderbar.” Mit erhobenem Kinn verkündete sie: “Dann kannst du ja mit mir hingehen. Ich … ich brauche dich, Eric.”
2. KAPITEL
M aggie betrachtete Erics höchst einschüchterndes Stirnrunzeln. Guter Gott, dieser Mann war einfach fantastisch. Ihr Vater hatte ihr von Anfang an eine Schwärmerei unterstellt und von einer
Schulmädchenschwärmerei
gesprochen. Klar, mit siebzehn war es wohl auch nichts anderes gewesen. Doch nun war sie zweiundzwanzig, und ihre Gefühle für Eric Bragg waren weder unreif noch flüchtig. Inzwischen versuchte sie schon so lange, irgendwie seine Aufmerksamkeit zu wecken – und hatte sich nun fest vorgenommen, ihn zu verführen. Dieses Weihnachtsgeschenk wollte sie sich selbst machen. Vielleicht würde es ihn mit etwas Glück davon überzeugen können, dass sie eine Frau war und nicht nur die Tochter seines ehemaligen Chefs.
Eric wirkte benommen. Seine breiten Schultern waren angespannt, und seine Beine standen hüftbreit auseinander, als müsste er um sein Gleichgewicht kämpfen. Er kniff seine haselnussbraunen Augen zusammen und fragte heiser: “Wie bitte?”
Maggie war feige genug, sich ein wenig in Richtung Tür zurückzuziehen, um sofort flüchten zu können, falls Erics Antwort zu demütigend ausfiele. Zugegeben, sie war nicht besonders erfahren, und doch glaubte sie, dass er ihr immer wieder unterschwellig Signale gab. Manchmal tätschelte er ihren Kopf, als ob sie noch immer siebzehn wäre, und dann wieder verblüffte er sie wie vorhin mit Kommentaren über ihre Beine, wobei er diese gewisse Glut in seinem Blick hatte …
“Ich brauche dich”, wiederholte sie. Es ein zweites Mal zu sagen, war einfacher, wenn auch nicht sehr. “Ich möchte zu der Weihnachtsfeier gehen. Als Chefin bleibt mir gar nichts anderes übrig. Aber mich haben so viele Mitarbeiter und Geschäftsfreunde gebeten, sie zu begleiten, dass ich nicht wusste, wie ich Nein sagen sollte, ohne sie zu verletzen – also habe ich gelogen und behauptet, dass ich bereits einen Begleiter hätte. Dich.”
“Mich?”
Nickend fügte sie hinzu: “Wir tun einfach so, als ob. Ich meine, du musst mich nicht einladen oder verliebt angucken oder so was. Aber es geht sowieso jeder davon aus, dass du mir bei der Organisation der Weihnachtsfeier hilfst.”
“Maggie …”
Seine Stimme klang erstickt, und sie wusste nicht, ob es daran lag, dass er wütend war. In diesem Fall müsste sie ihren zweiten Programmpunkt für den Abend streichen. Vorausgesetzt, sie war nicht sowieso zu feige dafür. Sie tastete hinter ihrem Rücken nach dem Türknauf. “Mach dir keine Sorgen. Ich habe alles unter Kontrolle, also musst du mir nicht wirklich bei der Organisation helfen. Lass die Leute einfach in dem Glauben, dass du mir hilfst.” Sie hoffte, dass sie so endlich mal etwas Zeit allein verbringen würden. Bei der Vorstellung biss sie sich auf die Lippe. “Ich gebe dir einen …”, sie musste sich räuspern, “… Weihnachtsbonus dafür.”
“Ich will von dir keinen verdammten Weihnachtsbonus”, brummte er und starrte sie böse an.
Maggie sah mit offenem Mund, wie er auf sie zukam. Ihr ganzer Körper kribbelte vor Erwartung, wie immer, wenn Eric in der Nähe war. Seine braunen Augen bohrten sich in ihre, sie hatte das Gefühl, dass er direkt in ihre Seele schaute.
Sie hatte sich schon oft gefragt, ob er eine Frau so ansah, wenn er mit ihr schlief.
Sie schluckte hörbar, als entsprechende Bilder vor ihrem inneren Auge auftauchten.
“Bist du sauer?”
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