Die Mittagsfrau: Roman (German Edition)
Tag wie diesem wollte Wilhelm sein Heim nicht verlassen, ehe er sich ihrer nicht wenigstens kurz bemächtigt hätte. Er nahm ihren Rock, schob ihn nach oben, zog ihr Höschen soweit es ging hinunter; sie kam seinem Wunsch nicht nach, das Höschen über dem Strumpfband zu tragen. Helene spürte, wie er in sie eindrang, und während er mit kurzen schnellen Stößen in sie trieb, musste sie daran denken, dass Carl sie bis zuletzt entkleidet hatte. Er hatte ihre Brüste liebkost, ihre Arme, ihre Finger. Wilhelm genügte es nach der ersten Nacht, ihren Rock zu heben.
Wilhelm hatte keine Minute lang in sie gestoßen, da schob er Helene, die noch ihre Handtasche über dem Handgelenk trug, gegen den Tisch. Kurz hielt er inne, dann klopfte er ihr auf den Hintern. Offenbar war er fertig. Sie wusste nicht, ob er gekommen war oder ihn die Lust verlassen hatte.
Wir können, sagte Wilhelm. Er hatte seine zu Boden gerutschte Hose wieder nach oben gezogen und den Gürtel geschlossen. Wilhelm betrachtete sich im Spiegel. Er öffnete sein Hemd und verteilte großzügig kölnisch Wasser auf seiner Brust.
Helene wollte sich waschen, aber Wilhelm sagte, dafür sei jetzt leider keine Zeit. Ihr ständiges Waschen mache ihn verrückt. Er nahm seinen Mantel und zog ihn an. Im Spiegel prüfte er sein Aussehen mit Mantel. Aus der Innentasche holte er den kleinen Kamm und fuhr sich durch das Haar.
Meinst du, das geht?
Natürlich, sagte Helene, du siehst gut aus. Sie hatte sich ihren Mantel übergezogen und wartete.
Was ist das hier hinten? Wilhelm verrenkte den Hals, um sich besser von hinten sehen zu können.
Was bitte?
Na, das? Siehst du diese seltsame Falte? Und überhaupt, der Mantel ist voller Fusseln. Würdest du bitte?
Natürlich, sagte Helene, sie nahm die Bürste aus der Konsole und bürstete Wilhelms Mantel.
Hier an den Armen auch. Nicht so doll, Kind, das ist ein feiner Stoff.
Endlich konnten sie aufbrechen. Helenes Unterhose war nass, Wilhelm floss aus ihr, während er etwa drei Meter voraus zum Wagen lief. Vielleicht war es auch schon etwas Blut, seit drei Monaten blutete sie wieder, und es musste morgen soweit sein, vielleicht schon heute.
Die Eröffnung der Reichsautobahn war ein nicht enden wollender Festakt mit Reden und Belobigungen, Schwüren auf die Zukunft, Deutschland und seinen Führer. Heil. Helene glaubte, dass jeder um sie herum sich wundern müsste, wie stark sie nach Samen roch, nach Wilhelms Samen. Es gab Tage, da empfand sie den Geruch seines Samens wie eine Marke an sich. Offenbar nahm Wilhelm den Geruch nicht wahr. Er streckte den Arm und stand mit ausgebreitetem Kreuz stundenlang bewegungslos neben ihr. An diesem Tag wurde seine bislang größte Arbeit der Öffentlichkeit übergeben. Es wurde all den Arbeitern gedankt, auch denen, die ihr Leben riskiert, und denen, die es gelassen hatten. Wobei sie es gelassen hatten, wurde nicht gesagt. Vielleicht war mal einer von einer Brücke gefallen, ein anderer unter eine Walze gekommen. Helene malte sich die möglichen Todesarten aus. In jedem Fall war es ein Heldentod, wie der ganze Bau heldenhaft war. Ein Verweis auf die gesunkenen Arbeitslosenzahlen sollte der Behauptung Nachdruck verleihen, dass unter anderem durch den Bau dieser und folgender Autobahnen die Arbeitslosigkeit in Deutschland ruhmreich bekämpft werde. Als Wilhelm vortreten und ihm die Ehrung überreicht werden sollte, blickte er sich nicht mehr zu Helene um, vermutlich hinderten ihn die vielen Schulterschläge seiner Kollegen. Wilhelm schüttelte Hände, reckte den Arm gen Himmel und blickte mit einem gewissen Stolz in die Runde, seine Aufregung schien so groß, dass er das Lächeln vergaß. Vielleicht erschien ihm Ort und Gelegenheit auch zu heilig, um ein Lächeln zu wagen. Er dankte mit fester Stimme, er dankte jedem, vom deutschen Vaterland bis hin zur Sekretärin des ersten deutschen Automobilclubs für Damen. Heil, Heil, Heil, jedem sein Heil, ein Heil, das Heil. Im Gegensatz zu den sechs Herren, die vor ihm geehrt und ausgezeichnet worden waren, hatte Wilhelm nicht die winzige Lücke erspäht und genutzt, seiner Frau zu danken. Vielleicht lag es daran, dass sie keine Kinder hatten, schließlich konnten die Vorredner ihren Familien danken, für ihre besondere Unterstützung in der vergangenen Zeit.
Ehe die geladenen Ehrengäste nach dem gemeinsamen Mittagsbankett zur Rundfahrt im Konvoi aufbrachen, verabschiedete sich Helene, wie die meisten Gattinnen. Schließlich musste sie das
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