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Die Mitte des Weges: Roman (German Edition)

Die Mitte des Weges: Roman (German Edition)

Titel: Die Mitte des Weges: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Ferkau
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bringen jemanden weg, den man nicht erkennt. »Das ist meine Freundin. Sie ist schwer verletzt. Und das da ist mein Vater. Er hat einen Herzanfall. Verdammt, was ist hier los? Was soll der ganze Scheiß?« Thomas Wille wirkt, als befinde er sich in einem Alptraum, seine Augen sind geweitet, Schweiß perlt ihm übers Gesicht und Mike überläuft es abwechselnd kalt und heiß.
    Dann ist die Kamera beim nächsten und erneut Dagmar Berghoff.
    »Mach die Kiste aus«, stöhnt Mike.
    Arndt schaltet aus. Auf dem kleinen Tisch flackert eine Kerze. Mike zündet sich eine Zigarette an. Er starrt vor sich hin. »Das ist purer Terror.«
    Arndt betrachtet ihn neugierig. Mike entgeht nicht, dass sich dessen Bademantel wie zufällig öffnet.
    »Ich kenne den Mann, seitdem er ein Junge ist. Ich habe seine ersten Geschichten veröffentlicht und mit seinem Vater verbindet mich eine ... eine etwas seltsame Freundschaft.«
    » Sein Vater hatte einen Herzanfall, sagte der Junge«, antwortet Arndt.
    » Die Welt ist verflucht klein«, sagt Mike und weiß, dass er eine Plattitüde von sich gibt. »Tom Wille auf dem Oktoberfest.«
    Arndt blinzelt. »Wille?«
    » Ja, Thomas Wille.«
    » Er schreibt?«
    » Zumindest tat er es als Jugendlicher. Als ich ihm das letzte Mal begegnete, war er frustriert, da unzählige Verlage seinen Roman abgelehnt hatten. Na ja ... so ist das. Ich hoffe, er schreibt trotzdem weiter, denn er besitzt Talent.«
    Arndt schüttelt langsam den Kopf und lächelt. »Einem Romanautor würde man manche Zufälle nicht zugestehen, im Leben jedoch geschehen sie. Seltsam, nicht wahr?«
    » Was meinst du?«
    » Friedrich der Große nannte den Zufall seine heilige Majestät und war überzeugt, dass er gut drei Viertel der Geschäfte des miserablen Universums besorgt. Ich gebe ihm Recht.«
    Mike grinst verlegen. »Ich kapiere kein Wort.«
    » Ist jetzt auch nicht wichtig«, sagt Arndt und sein Mantel öffnet sich ganz. Mike will wegblicken, doch es gelingt ihm nicht. Der Körper des Mannes bietet sich ihm dar und so sehr er sich dagegen wehrt, reagiert er darauf. Arndts stolze Erregung wirkt beängstigend und sinnlich gleichermaßen und Mike schwankt zwischen Widerwillen und Vorfreude. Verdammt, er ist jemand, der erproben will. Noch ist er nicht zu alt dafür. Das Leben besitzt viele Facetten und Arndt könnte eine davon sein. Was hat er schon zu verlieren?
    Seine tugendhafte Schamhaftigkeit? Ja!
    Sein Leben? Nein!
    Also ist das Risiko gering. Er lässt sich darauf ein.
    Hoffe nichts und befürchte nichts, sondern vertraue deinem Willen auf Erfüllung, denkt er und stöhnt vor Lust.

9
     
    Ottilie sitzt vor dem Fernseher und weint. Sie hält Jasmina im Arm und schaukelt das Kind. Sie möchte unbedingt zu ihren Eltern und zu Thomas und Lydia. Lebt Papa noch? Wie geht es Lydia? Wo war Mama, als man Tom interviewte?
    Sie wird fast verrückt vor Sorge, doch Jasmina bindet sie.
    Bindet sie zu jeder Zeit.
    Deshalb kann sie nicht weg.
    Denn sie muss das Kind betreuen.
    Muss für es da sein. Immerzu. Jederzeit. Andauernd. Fortwährend. Unausgesetzt und beharrlich.
    Warum ruft niemand an? Wie kann sie Tom oder Mama erreichen? In welches Krankenhaus bringt man Papa und Lydia?
    Sie möchte schreien, derart hilflos fühlt sie sich, stattdessen flüstert sie mit Jasmina und küsst das Kleine und ihre Tränen benetzen die Haut des Kindes, während sie sich fühlt, als habe man sie in eisige Ketten geschlagen.

10
     
    Die Reserveübung beginnt nur wenige Tage, nachdem der Deutsche Bundestag Helmut Schmidt zum Bundeskanzler und sein Kabinett vereidigt hatte. Strauß blieb Ministerpräsident von Bayern und hatte gegen seinen Konkurrenten Helmut Kohl nichts mehr zu melden. Der dicke Bayer soll nun in seinem Freistaat bleiben und die ganz große Politik denjenigen überlassen, die das Volk sich wünscht.
    Wieder ist Thomas nach Norddeutschland gezogen worden. Man hat ihn zum Hauptgefreiten befördert, wohingegen einige seiner ehemaligen Kameraden Unteroffiziere geworden sind. Lars Schmidt und Volker Trampop sind auch da. Man hat sich etliches zu erzählen und ist traurig, als man sich an Markus Trecker erinnert, der sich erhängte.
    » Das waren Zeiten«, ist das geflügelte Wort und man will in den nächsten drei Wochen Spaß haben. Es handelt sich um eine Truppenwehrübung Form 1, und die Reservisten nehmen das nicht wirklich ernst. Sie halten es für einen Abenteuerspielplatz, denn was haben sie zu gewinnen?
    Erstaunt nehmen sie wahr, wie

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