Die Mitternachtsrose: Mittsommerhochzeit (German Edition)
gemeinsamen Stunden mit ihm wusste sie eines ganz genau: Wenn sie sich aus seinem Zauberbann befreien wollte, war dies ganz eindeutig der falsche Weg. Jeder Augenblick, den sie zusammen verbrachten, ließ die magische Anziehungskraft, die er auf sie ausübte, nur noch wachsen.
Rasch nahm sie eine Erdbeere aus der Schale und tauchte sie in die Sahne. Als sie spürte, dass er sie dabei beobachtete, entglitt die pralle rote Frucht ihren Fingern und versank in der luftigen weißen Masse.
“Wie mir scheint, hast du Hilfe nötig”, stellte er schmunzelnd fest. Ehe sie etwas erwidern konnte, hatte er die Erdbeere schon aus der Sahneschüssel gefischt. “Mund auf!”
“Wie?”
Sein Lächeln wurde noch eine Spur breiter. “Du hast mich schon richtig verstanden. Also, was ist? Oder traust du dich nicht?”
“Nennst du mich etwa einen Feigling?”
“Das kommt ganz darauf an.” Herausfordernd hielt er ihr die saftige Beere hin. “Beweise es mir.”
Du bist verrückt, wenn du dich darauf einlässt, warnte sie die Stimme der Vernunft. Doch sie wollte nicht vernünftig sein. Zum ersten Mal in ihrem Leben ließ sie einfach alle Zweifel hinter sich und tat, was ihr gerade durch den Kopf ging.
Sie umschloss die rote Frucht, die Henrik ihr entgegenhielt, mit den Lippen und hörte ihn scharf einatmen. Seufzend schloss sie die Augen, als die köstliche Geschmackskomposition aus Sahne und Erdbeere auf ihrer Zunge explodierte. Als sie die Lider wieder hob, bemerkte sie, dass Henrik sie anstarrte.
Ihr Herz fing an, wie verrückt zu hämmern. “Was ist los? Stimmt etwas nicht?”, fragte sie unsicher.
“Nein, ganz im Gegenteil. Es ist perfekt. Vielleicht schon zu perfekt.”
“Ich …” Sie räusperte sich mühsam. “Ich weiß nicht, wovon du redest.”
Anschließend fing sie an, das Geschirr einzuräumen.
“Warum tust du das?”, unterbrach Henrik sie.
Um mich von den irritierenden Gefühlen abzulenken, die du in mir auslöst, antwortete sie stumm. Laut sagte sie: “Es wäre besser, wenn wir jetzt wieder aufbrechen würden.”
Mit einem Blick, der keine Widerrede duldete, nahm er ihr das schmutzige Geschirr ab und stellte es in den Sand. Dann zog er Noelle an sich.
Es war ein erregendes und zugleich beängstigendes Gefühl, in seinen starken Armen zu liegen. Sie spürte, dass sie kurz davor stand, die Welt um sich herum zu vergessen. Die Zeit schien stehen zu bleiben, während sie in den Tiefen seiner dunkelblauen Augen versank, in denen das Feuer der Leidenschaft loderte.
Wie Feuer spürte sie seinen heißen Atem auf ihrer Haut, und ein Schauer schüttelte ihren Körper. Hatte sie tatsächlich geglaubt, seiner Anziehungskraft etwas entgegensetzen zu können? Was für eine Närrin sie doch war!
Ein ersticktes Stöhnen entrang sich Noelles Kehle, als er seinen Mund auf ihre Lippen senkte. Sie schloss die Augen und fasste mit beiden Händen in sein dichtes schwarzbraunes Haar. Ihr ganzer Körper schien in Flammen zu stehen. Sie konnte nicht mehr klar denken, wusste aber ganz genau, was sie wollte: ihn.
Und obwohl es ihr gelang, sich selbst zu bremsen, bevor sie sich zu etwas hinreißen ließ, das sie am Ende nur bereuen würde, war jedes Leugnen zwecklos: Sie hatte ihr Herz an Henrik verloren und wünschte sich, den Rest ihres Lebens an seiner Seite zu verbringen. Doch dazu würde es nie kommen.
Der Himmel mochte ihr gnädig sein, sie hatte sich schon wieder in den falschen Mann verliebt!
Matilda stand an der Reling der schnittigen Motorjacht im Hafen von Stockholm, die einem alten Freund von ihr gehörte. Sie hatte Henrik gegenüber am Frühstückstisch behauptet, sich mit ein paar ehemaligen Schulfreundinnen zu treffen. Auch wenn sie sich ziemlich sicher war, dass es ihn nicht interessierte, mit wem sie ihre Zeit verbrachte, hielt sie es doch für besser, ihm einige Dinge zu verschweigen.
Die bereits über sechs Monate andauernde Affäre mit Joakim Öman, mit dem sie sich in regelmäßigen Abständen traf, gehörte ganz eindeutig dazu.
Ein zufriedenes Lächeln umspielte ihre Mundwinkel, als Joakim von hinten die Arme um sie legte und ihren Nacken küsste. Sie sah keine Veranlassung dazu, auf dieses kleine Vergnügen zu verzichten, auch wenn sie wusste, dass ihr Vater es nicht gutheißen würde. Dass sie Henrik heiratete, stand ohnehin ganz außer Frage. Doch niemand konnte von ihr verlangen, dass sie einem Langweiler wie ihm auf Dauer treu blieb.
“Komm, lass uns nach unten gehen”, raunte Joakim
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