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Die Mitternachtsrose

Die Mitternachtsrose

Titel: Die Mitternachtsrose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucinda Riley
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Stunde findet das Abendessen statt, und sie erwartet mich aus London zurück. Ich schaue morgen früh wieder vorbei. Kommst du hier allein zurecht? Immerhin ist das Cottage gemütlich. Ich würde so gern bleiben, aber leider geht das nicht. «
    » Wir kommen zurecht « , versicherte ich ihm, während du erfolglos versuchtest, dich am Tischbein hochzuziehen.
    » Bald wirst du zu reden anfangen, stimmt’s, kleiner Mann? « , sagte Donald, beugte sich zu dir hinunter und küsste dich sanft auf die Stirn. » Ich muss los « , erklärte er, knöpfte seinen Mantel zu und ging zur Tür. » Zum Glück kann ich von hier aus durchs Moor zur Straße fahren und komme so durchs Haupttor nach Astbury. Und mit Glory bin ich in fünfzehn Minuten da. Bestimmt bist du mich schon bald satt. «
    » Das bezweifle ich « , widersprach ich und küsste ihn. » Danke, Donald. Zum ersten Mal seit vielen, vielen Monaten fühle ich mich geborgen. «
    Er warf mir zum Abschied eine Kusshand zu.
    Nachdem ich dich in dein Bettchen gelegt hatte, inspizierte ich mein neues, von Donald so liebevoll eingerichtetes Heim. Ich zündete den Kamin im gemütlichen Wohnraum an und betrachtete die Bücher, die in den Regalen rechts und links davon standen. Donald hatte einige meiner Lieblingsromane für mich besorgt, die ich an den Abenden im Cottage immer wieder lesen würde.
    In jenen ersten langen Wintermonaten, in denen das Moor mich in einer Schneewüste gefangen hielt und in denen es für Donald schwierig wurde, mir auf Glory Essen, Milch und Liebe zu bringen, las ich eifrig. Mein einsames Dasein machte mich innerlich ruhig. Vielleicht verlieh der Schnee mir ein trügerisches Gefühl der Sicherheit; er schottete mich von Astbury Hall und seinen Bewohnern ab, und ich lebte mit dir auf einer Insel der Glückseligen, auf der Donald mich besuchte.
    Jene Monate waren wohl genau das, was meine kranke Seele brauchte; im schrecklichen ersten Jahr deines Lebens hatte es Zeiten gegeben, in denen ich fast die Hoffnung verloren hätte. In denen ich die Dinge, die mich immer geleitet hatten, weder sehen noch fühlen noch hören noch glauben konnte. In denen ich mir eher den Tod als das Leben wünschte und zum ersten Mal begriff, was es bedeutete, allein zu sein. Auch wenn nun manchmal Tage vergingen, bis ich Donald wiedersah, konnte ich mir sicher sein, geliebt zu werden.
    Weihnachten war schwierig. Ich sah Donald, der im Hauptgebäude zu tun hatte, weil amerikanische Verwandte von Violet erwartet wurden, nur selten. Am Heiligen Abend kam er kurz mit einem Korb voller Speisen, die gereicht hätten, eine zwölfköpfige Familie satt zu bekommen, zu uns. Sein Geschenk an mich, das unter unserem Christbaum lag, öffnete ich am ersten Feiertag. Es handelte sich um eine Perlenkette, die ich an jenem Weihnachtsmorgen des Jahres 1920 anlegte und heute noch trage.
    Als der Schnee Anfang März taute, veränderte sich mein Leben in dem Cottage am Bach. Donald erzählte mir, dass Violets Mutter krank sei und Violet zu ihr nach New York fahren wolle.
    » Musst du sie nicht begleiten? « , fragte ich, als wir vor dem Kamin im Wohnzimmer saßen und dir zusahen, wie du deine ersten unsicheren Schritte wagtest.
    » Natürlich, aber ich habe ihr erklärt, dass ich im Frühjahr, wenn die neuen Lämmer zur Welt kommen, nicht wegkann. Schließlich erwartet Daddy Drumner von mir, dass ich Astbury wie ein kleines Unternehmen führe. Es scheint Violet nichts auszumachen. «
    Das Frühjahr, das Violet in Amerika verbrachte, entpuppte sich als paradiesische Zeit für uns. Donald vereinbarte mit Selina, dass er so tun würde, als wäre er bei ihr in London. Doch in Wahrheit fuhr er zu uns und verbarg seinen Wagen hinter dem Cottage. Als das Moor zu neuem Leben erwachte, wohnten wir zusammen wie eine richtige Familie.
    Traurig stimmte mich nur, dass du deinen Vater niemals » Papa « nennen konntest und Donald und ich uns in deiner Gegenwart nicht verplappern durften. Am Ende fandest du deinen eigenen Ausdruck für den Mann, der zu einer so wichtigen Person in deinem Leben wurde.
    » Mr Don, komm! « , riefst du mit ausgestreckten Ärmchen, wenn du von deinem Vater gedrückt werden wolltest. Und Donald führte dich auf dem Rücken des Pferdes im Hof herum, bis du vor Vergnügen kreischtest.
    Er brachte uns kleine Geschenke und Ableger von Pflanzen aus dem Garten von Astbury, die ich bei mir einsetzen konnte.
    Eines Tages glitt er vom glänzenden Rücken Glorys und reichte mir einen dornigen

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