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Die Mitternachtsrose

Die Mitternachtsrose

Titel: Die Mitternachtsrose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucinda Riley
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der Sonne ausbreitete. Bei meinen Ausflügen in den Garten und ins Dartmoor entdeckte ich weitere ungewöhnliche Kräuter und Pflanzen, so dass meine Sammlung in den Marmeladengläsern, die ich mir aus der Küche besorgt hatte, kontinuierlich wuchs.
    » Was machst du mit den Pflanzen, Anni? « , fragte Selina mich eines schwülen Nachmittags in der Orangerie interessiert und fächelte sich Luft zu.
    Obwohl ich nicht so recht wusste, was ich ihr darauf antworten sollte, entschied ich mich am Ende für die Wahrheit. » Ich verarbeite sie zu Heilmitteln. «
    » Ach. Hast du das in Indien gelernt? «
    » Ja. Meine Mutter hat es mir beigebracht. « Mehr erzählte ich nicht, damit sie mich nicht für eine Scharlatanin hielt.
    » Wie klug du bist « , sagte sie mit echter Bewunderung. » Mein Vater hat in seiner Zeit in Indien sehr viel von den örtlichen Heilmitteln gehalten. Wenn du einen Trank kennen solltest, mit dem sich das Kind schneller auf die Welt locken lässt, wäre ich dankbar. «
    Als ich die Form ihres Bauchs begutachtete, erkannte ich, dass das Kind sich in den vergangenen Tagen gesenkt hatte, was bedeutete, dass der Kopf bereits nach unten zeigte.
    » Ich glaube nicht, dass es noch lange auf sich warten lässt. «
    » Wirklich? Kannst du das sehen? «
    » Ja. Ich denke schon. «
    Leider bekam ich Indira trotz deren aufrichtiger Zerknirscht heit am Tag unserer Ankunft kaum noch zu Gesicht. Lady Astbury hatte ihr erlaubt, Freundinnen aus London einzuladen, vermutlich weil sie ein bestimmtes Ziel damit verfolgte: Schließlich würde Donald aus den Reihen der jungen Oberschichtsfrauen bald eine Braut wählen. Und die Mädchen, die Indira ihr sozusagen frei Haus lieferte, boten wertvolles Material.
    » Noch nie hat Astbury Hall so viele hübsche Mädchen gesehen « , erklärte sie mir eines Tages auf der großen Treppe. » Anahita, meine Liebe, würdest du mal nachschauen, ob das Personal daran gedacht hat, Blumen in Lady Celestrias Zimmer zu stellen? «
    » Natürlich « , antwortete ich und tat ihr den Gefallen.
    Ich mochte Lady Astbury nicht und wusste, dass sie mich auch nicht leiden konnte. Sie war mit ihrem Mann, dem Residenten von Koch Bihar, in Indien gewesen, und aus ihren Erzählungen schloss ich, dass sie jede Sekunde ihres Aufenthalts dort gehasst hatte. Mich behandelte sie wie ein Dienstmädchen. Ihre herablassende Einstellung meinen Landsleuten gegenüber– » schmutzige kleine Heiden « hatte ich sie uns einmal nennen hören– verstärkte ihre Verachtung mir gegenüber. Als strenggläubige Katholikin besuchte sie jeden Tag die Messe in der Hauskapelle.
    Für mich vereinten sich in ihrer strikten Förmlichkeit und angeborenen Arroganz die schlechtesten Eigenschaften der Briten. Da Indira dem Herrscherhaus angehörte und im westlichen Stil erzogen worden war, konnte Lady Astbury sie– halbwegs– gleichberechtigt behandeln.
    Bei mir war das anders. Obwohl ich ebenfalls aus der indischen Oberschicht stammte, erledigte ich immer mehr Dinge für Lady Astbury. Oft bat sie mich geistesabwesend, ihr ihre Stickarbeit oder ein Buch aus der Bibliothek zu holen.
    Die Situation verschärfte sich durch die Personalknappheit im Haus. Da so viele der männlichen Bediensteten an der französischen Front waren, mussten die Hausmädchen die doppelte Arbeit verrichten. Und weil ich nicht unhöflich oder undankbar wirken wollte, erfüllte ich Lady Astburys Bitten. Es fiel mir nicht schwer, den Dienstmädchen zu helfen, die nett und freundlich waren und sich freuten, dass ihnen jemand beim Bettenbeziehen und Staubwischen zur Hand ging.
    Die ersten Tage in Astbury war ich mit Indira ins Esszimmer hinuntergegangen, wo man mich nicht beachtete. Als man mir am vierten Abend ein Tablett aufs Zimmer schickte, verstand ich den Wink mit dem Zaunpfahl. Letztlich war es mir recht, weil ich nicht genug elegante Kleidungsstücke für diese abendlichen Zusammenkünfte besaß und Indira auch nicht darauf hinweisen wollte.
    Tilly, eines der Dienstmädchen, das mir mein Tablett brachte, meinte irgendwann, dass ich mich in meiner Dachkammer beim Abendessen bestimmt allein fühle, und schlug vor, mich doch zu den Bediensteten in der Küche zu gesellen. Da ich wusste, dass ihr das den beschwerlichen Weg zu mir hinauf ersparte, sagte ich Ja. Von da an aß ich jeden Abend mit dem Personal und beantwortete unzählige Fragen über mein Leben im indischen Palast.
    Als sich die Köchin Mrs Thomas eines Tages über die Arthritis in ihren

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