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Die Mitternachtsrose

Die Mitternachtsrose

Titel: Die Mitternachtsrose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucinda Riley
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zurückkehren sollten, setzten bei Selina die Wehen ein, und die Dienstmädchen liefen mit Handtüchern und heißem Wasser treppauf, treppab. In der Küche herrschte eine angespannte Atmosphäre, eine Mischung aus Vorfreude auf das Kind und Furcht, dass etwas schiefgehen könnte.
    » Dr. Trefusis kommt vom Krankenhaus in Exeter. Nur Lady Selina konnte sich einen Sonntagabend für die Geburt aussuchen. Hoffentlich ist er bald da. « Mrs Thomas verdrehte die Augen.
    Eine Stunde später kam Tilly, Selinas Zofe, mit blassem Gesicht die Treppe herunter. » Es geht ihr schlecht. Sie wälzt sich vor Schmerzen im Bett und schreit wie am Spieß. Ich weiß nicht, was ich machen soll. Was kann ich ihr geben, damit sie sich beruhigt, Mrs Thomas? Ich hab Angst, dass das Kind feststeckt. «
    » Hast du schon nach Lady Astbury gerufen? « , fragte Mrs Thomas.
    » Ja, aber Sie wissen ja, dass man die nicht mit zehn Pferden in die Nähe vom Geburtszimmer bringt. Wahrscheinlich hat sie irgendeiner armen Frau damals Geld dafür gegeben, dass sie ihr Kind für sie zur Welt bringt! «
    » Lady Selina ist bestimmt erschöpft « , bemerkte ich von meinem Stuhl in der Ecke der Küche aus.
    » Ja, Miss Anni. Sie plagt sich seit sechs Stunden « , bestätigte Tilly.
    » Dann solltest du ihr Zuckerwasser geben, damit der Zuckerspiegel nicht zu weit absinkt « , riet ich ihr mit ruhiger Stimme. » Und sorg dafür, dass sie auf und ab geht. «
    Aller Augen richteten sich auf mich. » Waren Sie je bei einer Geburt dabei, Miss Anni? « , erkundigte sich Mrs Thomas.
    » Ja. Ich habe meiner Mutter oft zugesehen, wie sie den örtlichen Frauen half. «
    » In der Not frisst der Teufel Fliegen « , seufzte Mrs Thomas. » Miss Anni, würden Sie mit Tilly raufgehen? Sie soll Lady Selina fragen, ob sie Sie sehen will. «
    » Ja. « Ich erhob mich nervös von meinem Stuhl.
    » Mehr als Nein sagen kann sie nicht. Es hört sich an, als könnte sie Hilfe gebrauchen. «
    Ich folgte Tilly die Treppe hinauf, und als ich vor Selinas Zimmer wartete, hörte ich drinnen ihr Stöhnen.
    Tilly streckte den Kopf zur Tür heraus und winkte mich hinein. » Sie hat, glaub ich, nicht mitgekriegt, was ich gesagt hab, also kommen Sie einfach rein. «
    Im Zimmer sah ich Selina mit aschfahlem Gesicht, die Haare schweißnass, flach auf dem Rücken im Bett liegen.
    » Lady Selina, ich bin’s, Anahita. Ich habe schon öfter bei Geburten geholfen. Soll ich versuchen, auch Ihnen beizustehen? «
    Selina hob erschöpft die Hand, was ich als Zustimmung deutete.
    » Als Erstes schieben wir ihr Kissen ins Kreuz, damit sie das Zuckerwasser besser trinken kann. Und wir brauchen feuchte Tücher, die wir ihr auf die Stirn legen. Bind ihr die Haare zurück « , wies ich Tilly an. » Dann schwitzt sie nicht so. «
    Sobald Selina aufgerichtet war und Tilly ihr etwas Zuckerwasser eingeflößt hatte, fühlte ich ihren Puls. Er raste.
    » Lady Selina, darf ich Sie untersuchen? Ich muss wissen, wie weit Sie sind. «
    Sie nickte mit geschlossenen Augen.
    Mir war sehr schnell klar, dass der Muttermund noch nicht weit genug geöffnet war.
    » Lady Selina, das Kind ist bereit für die Geburt, aber nicht Ihr Körper. Ich möchte, dass Sie aufstehen und mit mir herumgehen. Die Schwerkraft wird Ihnen helfen. Trauen Sie sich das zu? «
    » Nein, nein… die Schmerzen… « , jammerte sie.
    » Lassen Sie es uns wenigstens versuchen. «
    Ich schob meinen Arm unter ihrem Rücken durch, drehte ihre Beine zur Seite des Betts und zog sie mit aller Kraft hoch. » Und jetzt machen wir ein paar Schritte. Das hilft gegen die Schmerzen. « Ich brachte sie dazu, langsam einen Fuß vor den anderen zu setzen und mit mir zur anderen Seite des Raums zu gehen.
    » Gut, sehr gut « , lobte ich sie.
    Zwei lange Stunden führte ich Selina im Zimmer auf und ab, machte Atemübungen mit ihr und flüsterte ihr aufmunternde Worte zu. Die stete Bewegung beruhigte sie und ihren Puls.
    » Jetzt ist es so weit! « , verkündete sie schließlich.
    Sie war bereit. Ich gab Tilly ein Zeichen, die Handtücher auf dem Bett auszubreiten, und half Selina, sich daraufzulegen. » Noch nicht pressen, Lady Selina, nur hecheln wie ein Hund… so… « Ich machte es ihr vor. Dann vergewisserte ich mich, dass der Muttermund weit genug geöffnet war, und erklärte ihr, dass sie beim nächsten Mal, wenn sie das Gefühl habe, drücken zu müssen, genau das tun solle, und zwar so fest sie könne. Wenig später durchdrang ein markerschütternder Schrei

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