Die Mönche vom Sirius
Flügelschlange halluzinogen wirksame Stoffe enthielt, unter deren Einfluss man leicht geraten konnte, wenn man das Tier nicht vor der Zubereitung gut ausbluten ließ und das Fleisch sorgfältig reinigte.
Man sah in Saint Garran bestenfalls einen harmlosen Spinner und schlimmstenfalls einen Wirrkopf, der jeden mit seinen Ideen und Vorträgen rechtschaffene Leute von der Arbeit abhielt.
Jahrelang zog Saint Garran auf dem Rücken eines gezähmten Sirius-Yaks durch die Wildnis und suchte nach Erleuchtung und innerem Frieden. Insbesondere aber suchte er nach einer Möglichkeit, erneut Gottes Geheimer Gestalt des Universums ansichtig zu werden.
Und wenn es nur für einen Moment war …
Nach jahrelanger Wanderschaft gelangte er in jenen Krater, der später seinen Namen tragen sollte. Dreißigtausend Meter hoch war dessen Rand – größer noch als der Olympus Mons auf dem Mars. Die Atmosphäre auf Sirius III war dichter und sauerstoffreicher als auf der Erde. So tat man gut daran, sich in den Ebenen nicht ohne Atemmasken aufzuhalten, um die als Taucherkrankheit bekannten Symptome zu vermeiden, die erhöhter Sauerstoffanteil unter erhöhtem Druck nach sich ziehen konnte. Vor allem galt das, wenn man sich länger in den Ebenen aufhalten wollte. Sämtliche Siedlungen der Menschen lagen daher an den Gebirgshängen der Krater, die ein Zeugnis von der bewegten Vergangenheit dieses Planeten ablegten. Sie stammten nämlich sehr wahrscheinlich nur zu einem geringen Anteil von Vulkanausbrüchen, sondern waren mehrheitlich durch kosmische Kollisionen entstanden.
Zehn- bis fünfzehntausend Meter stellte sich für die Siedler als eine angenehme Wohnhöhe heraus. Auf der Erde hätte ein Mensch dort nicht mehr atmen können, aber auf Sirius III war das etwas anderes. Dort begann die ohne Hilfsmittel besiedelbare Zone erst bei 2000 Metern über normal Null.
Aber selbst auf dieser Welt war es Leistung, eine Höhe von dreißigtausend Metern zu überwinden – auch mit technischen Hilfsmitteln –, die einen Menschen bis an die Grenzen seiner Fähigkeiten führte.
Die Benutzung eines Antigravgeräts lehnte Saint Garran ab.
Später sagte man, dass dies aus theologisch-philosophischen Überzeugungen heraus geschah und er die Erkenntnis der Geheimen Gestalt in der direkten – auch körperlichen – Konfrontation mit den Mächten der Natur gesucht habe. Böswillige Zeitgenossen meinten jedoch, dass er sich ein Antigravaggregat schlicht und ergreifend nicht habe leisten können, denn gerade in den Anfangsjahren der Sirius-Kolonie verlangte man dafür horrende Preise. Schließlich gab es keine Fabriken, die jederzeit Nachschub an technischen Geräten dieser Qualität produzieren konnten. Die Industrie auf Sirius III entstand erst Jahre später. Und Siedlerschiffe, die Nachschub an technischem Gerät brachten, kamen nur sehr selten. Sie brauchten schließlich Jahrzehnte, bis sie den Sirius erreichten und viele Schiffe gingen auf dem Weg dahin verloren. Niemand hörte je wieder etwas von ihnen.
Saint Garran überstieg den Kraterrand mit einem Atemgerät als einzigem Hilfsmittel. Es saugte Atemluft aus der Umgebung an und verdichtete sie, sodass man sie mit Hilfe einer Maske einatmen konnte. In einer Höhe, in der auf Sirius III die Troposphäre in die Stratosphäre überging, war es unmöglich, ohne dieses Hilfsmittel zu überleben.
Saint Garran machte sich auf der Innenseite des Kraters an den Abstieg. Es gab so gut wie keinen Luftaustausch zwischen dem Innenbereich des Kraters und den außerhalb davon gelegenen Gebieten. Die Atmosphäre hatte im Innenbereich eine im Vergleich zum Rest des Planeten deutlich unterschiedliche Zusammensetzung.
Irgendwann stieß Garran auf das burgähnliche Gemäuer, das die Alt-Sirianer hinterlassen hatten.
Es erschien ihm wie ein Sinnbild der Harmonie.
Eine Ausdrucksform der Geheimen Gestalt .
Jahrzehnte später spürte ihn ein Wissenschaftler in dem Gemäuer auf, das Saint Garran zu seinem Wohnsitz gemacht hatte. Der Name des Wissenschaftlers war Professor Dr. Mboto Marewo. Er war mit einem der späteren Kolonisten-Konvois zum Sirius gekommen und hatte sich den Hinterlassenschaften der Alt-Sirianer gewidmet. Inzwischen wusste man mehr über die Geschichte dieses Volkes. Die Alt-Sirianer hatten niemals eine Raumfahrt entwickelt, die über den Einsatz von Satelliten in der Umlaufbahn ihrer eigenen Welt hinausging. Das atomare Zeitalter ihrer kulturellen Entwicklung überlebten sie nicht. Mehr
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