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Die Mönche vom Sirius

Die Mönche vom Sirius

Titel: Die Mönche vom Sirius Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Bekker
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geschweige denn ein Kloster sowie eine Brüderschule mit sämtlichen Mitteln, die Experimente nun einmal verlangten.
    »Wer hätte gedacht, dass aus unserer Gemeinschaft dereinst eine Vereinigung werden würde, die Raumschiffe bis in die entlegendsten Ecken des bekannten Universums zu schicken vermag?«, äußerte Bruder Darenius später.
    Manchen kam es später so vor, als wäre da etwas aus dem Nichts entstanden. Aber das ist nicht wahr. Als ich den Orden der Christophorer gründete, lagen Jahrzehnte der Vorarbeit hinter uns. Ja, im Grunde muss man das ganze zweiundzwanzigste Jahrhundert zu dieser Spanne rechnen, denn sie beginnt nicht erst mit dem Tag meiner eigenen Erleuchtung, sondern mit jenem Augenblick, da Saint Garran die Kraterwand überwand.
     
     
    Als Saint im Alter von 115 Jahren starb, umfasste unsere Gemeinschaft bereits fast hundert Brüder und der Bau der Alt-Sirianer war nach unseren Erfordernissen umgebaut und erweitert worden. Insbesondere betrifft das natürlich die Installation von Rechnersystemen, die in ihrer Leistungsfähigkeit einzigartig sind. Mitbrüder haben sie entwickelt und sich in der Abgeschiedenheit des Kraters ihren Studien gewidmet.
    Ein Orden ohne Namen waren wir.
    Ein Kloster ohne Abt.
    Aber nach der Erfindung des Bergstrom-Antriebs und der ersten Begegnung mit den Mantiden änderte sich die Lage fundamental. Neben der Erforschung des Inneren Raums rückte nun der Äußere Raum näher denn je. So ist die Gründung des Christophorer-Ordens mit seiner Flotte von Forschungsschiffen nur der letzte Schritt einer folgerichtigen Entwicklung gewesen.
    Nun, da ich wohl bald die Augen für immer schließen werde, gebe ich euch, meinen Mitbrüdern, das Vermächtnis aus, weiter die Erkenntnis der Geheimen Gestalt anzustreben und eure Mitbrüder sorgfältig auszuwählen. Wendet dabei du Kriterien an, die wir dafür entwickelt und die sich als zuverlässig erwiesen haben. Es sind Kriterien des Geistes, denn der Geist ist die Quelle von allem. Im Anfang war das Wort. Der Logos. Die Information. Die Abweichung von der Erstarrung der absoluten Kälte und der totalen Entropie. In dieser Information zeigt sich die Geheime Gestalt, aber es bedarf des geschulten Geistes, um sie zu erkennen. Wie Sehende unter Blinden werdet ihr sein und die Gedanken aller möglichen Geschöpfe – seien sie nun Menschen oder Andere – mögen euch bisweilen wie ein offenes Buch erscheinen. Geht den Weg des Friedens, des Verständnisses und der Kooperation auch dann, wenn euch der Rest des belebten Universums weismachen will, dass dies ein Irrweg sei, der in die Selbstaufgabe und in den Untergang führt. Das Gegenteil ist der Fall. Pontifex nannten die Römer ihren obersten Priester – den Brückenbauer. So seid auch ihr Brückenbauer – sowohl in die Welt des Geistes als auch zwischen sich unversöhnlich gegenüberstehenden Gruppen von Geschöpfen, von denen jede Seite auf der Seite der Wahrheit und des Guten zu stehen vermeint.
    Im Garran-Krater war zeitweilig die Heimat einer Entität, die Saint Garran als Ausdruck der Geheimen Gestalt ansah. Auch mit dem nötigen geistigen Training, über das ich zweifellos verfüge, ist es schwer, diese Entität als ein Lebewesen aufzufassen, obwohl sie zweifellos intelligent ist oder Zeichen dessen trägt, was wir als Intelligenz bezeichnen.
    Bartolo Aragones, der sich schließlich Bruder Bartholomäus nannte, nachdem wir die Ordensgründung offiziell vollzogen hatten, widmete sich besonders diesem Phänomen.
    Man kann es vielleicht am ehesten mit einem Kraftfeld vergleichen, dass die umgebende Materie in eine Form seiner Wahl zwingt, sie verändert, sie daran hindert chemische Reaktionen einzugehen oder sich zu verflüchtigen, obwohl dies die Gesetze der Natur eigentlich nahe legen würden.
    Ich scheue mich, den Begriff »Leben« dafür zu verwenden.
    Aber sowohl Bruder Bartholomäus als auch Saint Garran hatten hier eine sehr eindeutige Meinung.
    » Vielleicht müssen wir einfach unseren Begriff dessen, was Leben ist, erweitern«, sagte Bruder Bartholomäus einmal, als wir von den Zinnen des Klosters Saint Garran auf den Kratersee hinabblickten, aus dessen Tiefen gashaltige Nebel aufstiegen. Immer dann, wenn das geschah, wurde die Geheime Gestalt der Entität auch für denjenigen sichtbar, der noch kein intensives geistiges Christophorer-Training hinter sich hatte oder erst am Anfang jenes Weges der Meditation und inneren Versenkung stand, der das innere Auge öffnete. Das

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