Die Mondjägerin - Arthur, K: Mondjägerin - Full Moon Rising
reagierte unverkennbar überrascht. »Wieso?«
»Weil letzte Untersuchungen ergeben haben, dass mein Körper den Fötus wahrscheinlich als Fremdkörper betrachten und angreifen wird. Wahrscheinlich werde ich dabei sterben.« Ich zuckte mit den Schultern. »Er meint, ich sollte Kinder, wenn überhaupt, nur mit Hilfe von Medikamenten und unter strikter medizinischer Aufsicht bekommen. Selbst dann gibt es keine Garantie.«
»Das sollte man nicht für jemanden riskieren, den man nicht liebt.«
»Eben.«
Er schwieg einen Moment, während wir den Tullamarine Freeway entlangfuhren. »Willst du denn überhaupt Kinder haben?«, erkundigte er sich schließlich.
»Ja, wenn ich jemals dem richtigen Wolf begegne.«
»Du bist noch jung. Du hast Zeit.«
Das hatte ich schon oft von Rhoan gehört und glaubte es heute genauso wenig wie früher. Welcher Wolf wollte schon eine Frau, die ihm wahrscheinlich niemals Kinder schenken konnte? Das Ideal von Familie, die Vorstellung, dass die Gene von einer Generation zur nächsten weitergegeben werden, gehörte genauso selbstverständlich zur Kultur der Werwölfe wie die Mondtänze und die sexuelle Freiheit. Wenn wir unseren Seelenverwandten gefunden
hatten, konnten wir der Sehnsucht, uns fortzupflanzen, genauso wenig widerstehen wie dem Drang, bei Vollmond zu feiern. Es gehörte einfach zu uns.
Das war der andere Grund, wieso Rhoan und ich überlebt hatten. Ob Mischling oder nicht, wir gehörten zur nächsten Generation eines Rudels, in dem von Jahr zu Jahr weniger Welpen geboren wurden. Unsere Gene waren Gene des Rudels, selbst wenn sie verwässert waren.
Quinn lenkte den Porsche auf die Mittelspur und drückte das Gaspedal durch. Der Wagen schoss förmlich vorwärts.
»Hier gibt es eine Geschwindigkeitsbeschränkung«, erklärte ich trocken.
»Es ist nach Mitternacht. Ich kann mir keine bessere Zeit und keinen besseren Ort vorstellen, um das Baby hier zu testen.« Er sah mich an, die blauen Linsen leuchteten unter den Lichtern des Freeways. »Nun, das Hauptproblem ist doch, dass er ein Nein als Antwort nicht akzeptiert. Wieso benutzt du nicht deine telepathischen Fähigkeiten und zwingst ihn, es zu akzeptieren?«
Ich runzelte die Stirn. »Das kann ich nicht.«
»Weil er blockiert ist?«
»Weil ich ihn seit zwei Jahren kenne. Ich kann ihm nicht einfach meinen Willen aufzwingen.«
»Wieso nicht? Es hört sich an, als wollte er dir seinen Willen aufzwingen.«
Nun ja, so war Talon eben. Er hatte immer seinen Willen durchgesetzt. Doch Worte und Kraft einzusetzen war etwas ganz anderes als psychische Fähigkeiten. Außerdem wäre ich dann kein Stück besser als er.
»Telepathie dient nur der Verteidigung. Ich werde sie nicht zu etwas anderem nutzen.«
»Du hast das in Moneisha doch sehr gut gemacht.«
»Das war etwas anderes.«
»Nein, war es nicht, und das weißt du.«
»Wenn ich meinen Bruder rette, verteidige ich mein Rudel, nichts weiter.«
»Wenn du meinst.« Er blickte in den Rückspiegel und sagte: »Dieser Wolf scheint nicht zu akzeptieren, wenn seine Wünsche nicht erfüllt werden.«
»Er wird darüber hinwegkommen.« Doch ich erinnerte mich an seinen entschlossenen Blick und den Satz, dass er immer bekam, was er wollte. Irgendwie verunsicherte mich das.
Ich rutschte auf dem Sitz hin und her und betrachtete Quinn. »Und was ist mit dir?«
Er sah mich nicht an. »Was soll mit mir sein?«
»Wie lange hast du gebraucht, um über Eryn hinwegzukommen?«
Er lächelte zugleich bitter und ironisch. »Ich glaube, es deutet alles darauf hin, dass ich noch nicht über sie hinweg bin.«
Mit Sicherheit. »Wie lange wart ihr denn zusammen?«
»Neun Monate.«
»Wann hast du entdeckt, was sie treibt?«
Er verzog grimmig das Gesicht. »Jedenfalls nicht schnell genug.« Er zögerte und fügte hinzu: »Vor vier Monaten.«
Erst vor vier Monaten. Kein Wunder, dass er noch verletzt und wütend war. »Und seit wann sitzt Eryn in dem Bordell?«
»Seit zwei Monaten.« Er zuckte mit den Schultern. »Es hat etwas gedauert, ihre Firma aufzukaufen.«
»Und willst du sie dort lassen?« »Ja.«
»Die Strafe ist sehr drastisch.«
Er grinste böse. »Sie hat sich ihr eigenes Grab geschaufelt. Soll sie doch für ewig dort bleiben. Sie interessiert mich nicht mehr.«
Seine Worte klangen harsch und erinnerten mich daran, dass ich neben einem Vampir saß. Zugegeben, ein ungewöhnlicher Vampir, denn offenbar besaß er noch Gefühle, aber nichtsdestotrotz war er ein Vampir. Offenbar
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