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Die Mondspielerin: Roman (German Edition)

Die Mondspielerin: Roman (German Edition)

Titel: Die Mondspielerin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina George
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Seit sie da is, fehlt mir nichts mehr an Land. Verstehssu? Marianne is wie das Meer, nur an Land.«
    Paul setzte sich wieder zu Simon an den Tisch. »Ziegenknochen, wir sind alt geworden«, flüsterte der bullige Glatzkopf und tastete nach dem Champagner.

21
    A ls Marianne wenige Tage später das zweite Mal auf Pascale traf, hielt die gerade einen toten Raben in den Händen.
    »Das ist ein Geschenk«, flüsterte Pascale ihr zu. Sie wies mit dem Kinn nach oben gen Himmel. »Sie liebt mich noch.«
    Marianne verspürte Neugier. Und Sorge. Die war es auch gewesen, die sie erneut zu dem Anwesen der Goichons getrieben hatte; folle goat nannte Jeanremy Pascale Goichon und hatte sich dafür fast eine Ohrfeige von Madame Geneviève eingehandelt. »Sie ist keine Verrückte im Wald! Sie ist eine dagosoitis! «
    Eine gute Hexe. Als Marianne gefragt hatte, warum sie Deutsch spräche, hatte ihr Geneviève erklärt, Pascale sei als Stewardess viele Jahre zwischen Deutschland und Frankreich und später in der ganzen Welt unterwegs gewesen. Wenn sie alle beisammenhatte, sprach sie sechs Sprachen, darunter Russisch und Japanisch.
    »Raben sind die Boten der Anderswelt …«, sagte Pascale verträumt. »Er fiel mir direkt vor die Füße.« Sie sah wieder zum blitzblauen Himmel hinauf. »Mondin, Mutter, alte Weise, Himmel und Erde, wir grüßen dich. Du scheinst für alle, die wild sind und frei …«, sang Pascale leise.
    Sie ging singend weiter in den hinteren Teil des Gartens. Neben dem alten Steinhaus, das als Lager für die reichlich ungenutzten Gartengeräte diente, standen zahlreiche Rosensträuche in voller, roter Blüte.
    Marianne bemerkte ein verschraubtes Glas neben einem der Büsche. Zuerst dachte sie, es wäre eine winzige Schlange darin. Doch in dem Glas befand sich eine blasse Nabelschnur.
    Pascale drückte Marianne den Vogel in die Hand. Die Federn waren weich wie Seide. Sie kniete sich ungelenk nieder und griff nach einer kleinen Schaufel. Dann hob Pascale eine Mulde aus, ließ die Nabelschnur in die Erde gleiten und schippte das Loch wieder zu.
    Und dann tat Pascale etwas, was Marianne wirklich erschütterte: Sie malte mit dem Finger drei Flammen in die Erde, die sich umeinander schlangen. Es war nahezu das exakte Abbild ihres Feuermals!
    Als Pascale aufstand, war der leicht verträumte Ausdruck ihrer Augen gewichen. Jetzt wohnte Klugheit und Wachheit in ihnen.
    »Sie müssen mich für eine seltsame Frau halten«, sagte Pascale.
    »Ich halte Sie für eine besondere Frau.«
    »Ist besonders nicht ein anderes Wort für seltsam?«
    »Ihr Deutsch ist gut. Aber so gut nun auch wieder nicht«, konterte Marianne.
    Pascale lachte auf. »Kommen Sie. Geben Sie mir das Federvieh.«
    »Was … was haben Sie da eben gemacht?«
    Pascale warf einen Blick auf die aufgehäufelte Erde. »Ach das. Auch eine dieser alten Traditionen. Eine Frau aus dem Dorf hat mir die Nabelschnur ihrer neugeborenen Enkelin gebracht. Wer die Nabelschnur seines Kindes von einer Hexe unter einem Rosenstrauch vergraben lässt, kann sich sicher sein, dass das Kind eine gute Stimme bekommt.«
    »Und das ist wahr?« Marianne erinnerte sich an die Hausgeburten, bei denen sie ihrer Großmutter geholfen hatte. Nabelschnüre waren im Kamin entsorgt worden, damit die Katze sie sich nicht holte.
    Pascale lächelte verschmitzt. »Kommt darauf an. Nichts ist wirklicher als das, was man sich sehnsüchtig erhofft, oder?«
    Durch das efeuumlaubte Sprossenfenster sah Marianne Emile an seinem massigen Schreibtisch sitzen und lesen. Er blickte auf, aber keine Regung seines Gesichts zeigte ihr, dass er sonderlich erfreut wäre, sie zu sehen. Er wandte sich wieder seinem Buch zu.
    »Ich weiß es nicht«, sagte Marianne ein bisschen traurig. »Ich habe nie viel gehofft.«
    »Oh, Sie Arme! Aber dann ist es gut, dass Sie endlich hier sind. Wir hoffen ständig. Auf alles, das liegt uns im Blut.«
    Pascale legte den Raben auf den zerschrammten Gartentisch und deckte ihn mit einer Serviette ab. »Dieses Land … sehen Sie, die Bretonen halten ihren Aberglauben hoch. Deswegen fühlen sie sich manchmal anderen Völkern überlegen. Wir sind hier am äußersten Ende der Welt, am penn-ar-bed, hier geht die Sonne unter, und überall spüren wir den Hauch des Todes Ankou. Es ist der tägliche Halbschatten in uns. Wir mögen das Geheimnisvolle. Das Andere. Wir erhoffen hinter jedem Stein und jedem Baum ein Wunder.«
    Pascale ging vor ihr in die Küche, die so aussah, als sei sie in den

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