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Die Mondspielerin: Roman (German Edition)

Die Mondspielerin: Roman (German Edition)

Titel: Die Mondspielerin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina George
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sich von seinen Mundwinkeln senkrecht abwärts in sein Kinn bohrten, hatten wenig Ähnlichkeit mit jenem Mann, der vor mehreren Wochen im französischen Fernsehen nach seiner verlorengegangenen Frau gesucht hatte: Lothar Messmann.
    »Wo ist meine Frau?«, fragte er auf Französisch; oder das, was er dafür hielt. Zum ersten Mal im Leben entschied sich Geneviève Ecollier für die grundsätzliche Attitüde der Franzosen, keinen Menschen zu verstehen, außer er ist Franzose.
    »Pardon?«, sagte sie in blasiertem Ton.
    Du kleiner grauer Hase, am liebsten würde ich dich in den Fluss schmeißen. Aber du hast ja unter deinem Namen reserviert, nicht unter Mariannes Mädchennamen, ich dummes Weib hab’s nur zu spät gemerkt.
    »Meine Frau. Marianne Messmann.« Er sprach jetzt lauter.
    Geneviève zuckte mit den Schultern und umrundete den Empfangstresen, um Lothar voraus zu seinem Zimmer zu geleiten; dabei machte sie einen gehörigen Umweg, um den Ballsaal zu meiden.
    Diese Franzosen, dachte Lothar. Arrogantes Pack. Auf dem ganzen Weg in den Zipfel der Bretagne hatte sich dieses Volk geweigert, ihn zu verstehen. Er hatte Dinge essen müssen, die er nicht bestellt hatte, im Bus von Rennes nach Quimper hatte er sich von zwei zahnlosen Alten auf seinen Bundeswehranstecker spucken lassen müssen, und in Quimper war er auf der Suche nach einem Taxi pausenlos in die falsche Richtung geschickt worden und war immer an derselben Krimibuchhandlung herausgekommen, dessen Verkäuferin ihn misstrauisch beobachtete. Er erinnerte sich an den Brief, den er vor zehn Tagen erhalten hatte; von einer Lehrerin namens Adela Brelivet, die ihm in geschwollenem Schuldeutsch und einer herrischen Schrift mitgeteilt hatte, dass sie es für »ihre Bürgerpflicht« hielt, dem Suchaufruf im Fernsehen zu folgen und ihm mitzuteilen, dass sie die besagte Marianne an der Landstraße nach Kerdruc aufgelesen und nach Concarneau mitgenommen hatte. Ihr sei sehr wohl aufgefallen, dass diese Person ihr einen falschen Namen genannt hatte, aber Adela hatte sie unzweifelhaft erkannt, und Monsieur Messmann sollte einmal in Kerdruc im Ar Mor nachhaken, es hieß, da koche eine Ausländerin in der Küche.
    Er wollte wissen, wie es sein konnte, dass Marianne ein Leben ohne ihn vorzog. Wieso hatte sie ihn nicht mehr ertragen wollen?
    Oh! Und wie es ihn ärgerte, dass diese Frau da in diesem aufreizenden, roten Kleid ihm nicht sagen wollte, wo Marianne war! Sie war bestimmt auf diesem Fest. Wo es bestimmt nicht mal Bier gab, sondern nur Champagner und Froschschenkel.
    Dieses Land war Lothar Messmann zuwider. Wenigstens war das Zimmer in Ordnung. Von seinem Fenster aus konnte er direkt auf den belebten Quai schauen.
    Aus den Augenwinkeln hatte Lothar eine Frau mit einem blauen Kleid und kinnlangen cognacfarbenen Haaren gesehen, abgeschirmt von einem Haufen Nonnen. Nein. Das konnte nicht Marianne sein. Die war kleiner. Und nicht so … attraktiv.
    Lothar verließ das Zimmer und holte sich ein blondes bretonisches Bier, das ihm ein finsterer junger Mann mit schwarzen Haaren und rotem Kopftuch über den Außentresen gereicht hatte.
    Die Mole mit dem ausgelegten Tanzboden hatte sich gefüllt; aufgeregte Frauen, lachende Männer, Teenager und Kinder, die sich unter den Tischen an den Seiten des Tanzbodens jagten.
    Lothar begann, sich durch die Menge zu schieben; er ignorierte die Blicke, die seinem strengen Anzug mit den sechs Goldknöpfen zugeworfen wurden. Er folgte der Frau mit dem blauen Kleid, dessen Farbe sich ständig zu verändern schien und das Lachen und die Sterne reflektierte. Als sie sich auf einen Ruf hin halb umdrehte und einer mondän gekleideten Dame mit Zigarettenspitze in der schwarz behandschuhten Hand zuwinkte, war sich Lothar sicher: die in dem blauen Kleid, das war doch Marianne.
    Sie erschien … größer. Schöner. Unnahbarer. Er nahm einen großen Schluck Bier. Als er es absetzte, hatte er seine Frau aus den Augen verloren. Stattdessen starrte er auf eine Phalanx schwarzer Rücken. Schon wieder diese Nonnen.

    Geneviève erklomm elegant, das rote Kleid leicht angehoben, die Stufen zu der Bühne. Einer der Gavotte-Musiker half Marianne galant auf den Hocker, auf dem sie sitzen würde. Geneviève griff nach dem Mikrophon und sagte: »Möge das fest-noz beginnen!«
    »In Es«, murmelte Marianne den Musikern zu. Sie ließ ihren Blick über die Menge schweifen, und dort, neben Jeanremy, sah sie Yann mit einem Skizzenblock in der Hand. Daneben Grete, die ihr

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