Die Mondspielerin: Roman (German Edition)
auf. »Nom de Dieu de putain de bordel …«
»Der Muttermund ist offen, der Damm tritt vor, und sie flucht wie ein Rochenfischer.«
Jeanremy gab diese Information weiter. »Sie sagen, dann sollen wir lieber nicht fahren.«
Die Wehen kamen schneller und schneller, und Claudine schrie und schrie immer lauter. »… de merde de saloperie …«
»Jetzt sagen sie, sie kommen doch.«
Jeanremy flüchtete.
»Am Anfang wollen sie immer dabei sein, nur nicht beim Ergebnis. Männer!«, murmelte Marianne.
»Sie soll ruhig atmen«, wies sie Yann an, der dastand und Marianne aus unergründlichen Augen beobachtete. »Alles ist normal. Alles ist gut. Sag ihr das.«
»Brauchst du kein heißes Wasser?«, fragte der Maler.
»Das brauchen die Hebammen für den Kaffee und um die Männer zu beschäftigen«, knurrte Marianne. »Bring einen Cognac. Und Handtücher, saubere Geschirrhandtücher. Und den Heizstrahler. Lothar, hör auf an der Frau rumzureiben, das macht sie wahnsinnig, wenn du so an ihr rumdrückst. Schieb sie näher an den Rand.«
Yann beugte sich über Claudine und bat sie, ruhig zu atmen.
»… de connard d’enculé de ta mère!«
Als Yann die Handtücher holte, fragte Lothar: »Wieso hast du mich verlassen?«
»Willst du ausgerechnet jetzt darüber reden, Lothar?«
»Ich will dich nur verstehen!«
Yann kam zurück und richtete den Heizlüfter auf Claudines Körper.
»Jeanremy!«, rief Marianne. »Wo ist Grete?«
»Sie ist … auf ihrem Zimmer. Mit dem Fischer. Simon.«
»Der kann da bleiben, hol Grete. Ist noch eine Frau im Haus?«
»Ein paar fest-noz -Gäste sind geblieben, und … Mon Dieu!«
Zwischen Claudines Schamlippen erschien der Ansatz des Köpfchens. Jeanremy wandte sich ab und übergab sich ins Waschbecken.
»Ta gueule!« Claudine brüllte.
»Nicht mehr pressen!«, sagte Marianne laut. »Hecheln! Jeanremy, Grete!«
Sie hechelte, um Claudine begreiflich zu machen, was sie von ihr wollte, setzte sich auf einen zweiten Topf, schob ein paar Tücher unter Claudines Schenkeln zusammen und legte sacht eine Hand auf das sich vorschiebende Köpfchen, um es durch Gegendruck zu leiten. Claudine stemmte ihre Füße gegen Mariannes Schultern und hinterließ schmutzige Abdrücke auf deren Haut.
Jeanremy wankte aus der Küche.
»Was habe ich falsch gemacht, Marianne?«
»Lothar! Alles! Nichts! Du bist, wie du bist, ich bin, wie ich bin, wir passen nicht zusammen, das ist alles.«
»Wir passen nicht zusammen?! Was redest du denn da!«
Claudine schrie und presste, doch das Kind wollte sich nicht weiter herausschieben.
Marianne ließ ihre Hände tun, ohne nachzudenken. Sie führte das Köpfchen ein wenig nach unten, nahm beide Hände dazu, bis sich eine Schulter entwickelte. Der Damm schien einzureißen, sie sah kurz auf; Lothar, wie er leidend die Augen schloss, Yann, der mit dem Cognac in der Hand ein seltsam entrücktes Gesicht machte, und wieder auf den kleinen Körper, der sich nun zur Gänze herausschob.
Sie stützte ihn unter der kleinen Brust ab, damit das Kind nicht mit dem Kopf nach unten in der Luft hing. Das restliche Fruchtwasser platschte auf den Boden.
»Yann, zieh dein Hemd aus«, sagte Marianne mit ruhiger Stimme.
»Victor!«, rief Claudine. Und wieder: »Viiiictooor!«
Sie sank zurück. All ihre Muskeln erschlafften.
Und dann war es geschehen: Marianne hielt den Säugling in den Händen. Sie sah rasch auf die Uhr: fünf Uhr fünf. Das Kind war blutig, glitschig und von einer gelben Schmiere bedeckt. Sie tupfte es mit den sterilen Tüchern ab, nahm Yanns körperwarmes Oberhemd, um das Baby darin einzuwickeln.
»Es ist eine jeune fille, ein Mädchen«, flüsterte sie Claudine ins Ohr. Die ließ sich schwer gegen Lothar sinken.
»Das Kind schreit nicht …«, murmelte Yann.
Marianne strich dem kleinen Mädchen die Wirbelsäule entlang, rieb seine Füße. Nichts. Kein Laut.
Komm schon. Schrei. Atme!
»Was ist los?«, fragte Marianne das Mädchen leise. »Willst du nicht? Es wird ein gutes Leben, du wirst lieben, geliebt werden, lachen …«
»Komme ich zu spät?«
Grete kam im Negligé, über das sie das Fischerhemd von Simon und seine Jacke geworfen hatte, in die Küche gehetzt.
»Das Kind schreit nicht, und ich hab keine Hand frei, um die Nabelschnur abzubinden.«
»Was ist mit meinem Kind? WAS IST MIT MEINEM KIND?«
Claudine biss Lothar in die Hand, er ließ sie erschreckt los.
»Na, das sind hier ja ein paar Helden«, murmelte Grete und zwickte das Baby zart
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