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Die Mondspielerin: Roman (German Edition)

Die Mondspielerin: Roman (German Edition)

Titel: Die Mondspielerin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina George
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ärmellosen blauen Abendkleid; in der Hand hielt sie Sidonies Kiesel.
    Marianne taumelte auf den schwarzen Horizont zu. Blitze zuckten am Himmel, doch ohne den Donnerschlag, der sonst auf sie folgte. Nur ein entfernter Groll war aus den Nachtwolken zu hören. Eine gespenstische Ruhe lastete auf dem Land, und die stummen Blitze erhellten die stillen Wiesen, die grauen Straßen und die Häuser. Nirgends brannte ein Licht. Nur über dem Hafen von Kerdruc schwebte ein roter Schimmer.
    Man kann der Liebe nicht sagen: Komm, und bleib für immer.
    Man kann sie nur begrüßen, wenn sie kommt, wie der Sommer, wie der Herbst, und wenn die Zeit um ist und sie geht, dann geht sie.
    Die Blitze zuckten und traten um sich. Der Himmel brannte.
    Wie das Leben. Es kommt, und wenn es Zeit ist, geht es. Wie das Glück. Alles hat seine Zeit.
    Marianne hatte bekommen, was ihr zugedacht war. Das musste reichen.
    Sie versuchte, sich vorzustellen, in wessen Armen sie Ruhe und Geborgenheit finden konnte, doch stellte fest, dass sie es nicht mehr konnte. Lothar? Yann?
    Lothar hatte sie angesehen. So wie sie es sich seit Jahrzehnten erhofft hatte. Er war doch ihr Mann!
    Yann, oh, Yann, was soll ich tun?
    Als sie den Dorfrand von Kerdruc fast erreicht hatte, löste sich ein kleiner Schatten aus einem der Bäume, sprang auf die Straße und sah sie an. Es war der Kater. Er hatte auf sie gewartet. Max – diesen Namen hatte sie sich für ihn ausgedacht – strich um ihre Beine, aber als sie ihn hochnehmen wollte, entwand er sich ihr und trabte ein paar Schritte voraus. Drehte sich um, fixierte sie wieder und trabte weiter. Als ob er sagen wollte: Komm schon! Schnell! Sonst verpassen wir alles!
    Der Kater lief auf den Parkplatz zu, jenen, den Marianne als Erstes von Kerdruc wahrgenommen hatte, den mit dem Flaschencontainer.
    Unter den Bäumen stand ein himbeerfarbener Renault. Marianne erkannte eine leblose Gestalt auf dem Vordersitz, der nach hinten gelegt war. Marieclaudes Tochter – Claudine!
    Das blasse Gesicht der jungen Frau war schweißnass, und unter ihrem Schoß hatte sich ein feuchter Fleck gebildet. In der Hand hielt sie ihr Mobiltelefon: Es war tot. Marianne griff nach ihren Händen und spürte den rasenden Puls in Claudines Mittelfinger. Er schlug wie verrückt. Sie lag in den Wehen!
    Marianne schob den Sitz mit aller Kraft nach hinten, setzte sich zwischen Claudines gespreizte Beine, griff sich den Kater und setzte ihn neben sich auf den Beifahrersitz. Sie startete den Wagen und fuhr mit quietschenden Reifen los.
    »Das Kind …«, stöhnte Claudine jetzt. »Das Kind kommt. Zu früh … zwei Wochen zu früh!« Wieder überrollte sie eine heftige Wehe. »Haben Sie … Haben Sie es gerufen? Vorhin, als Sie Ihre Hand auf meinen Bauch …« Wieder stöhnte Claudine gequält auf.
    »Hören Sie auf mit diesem Unsinn«, befahl Marianne.
    Sie ließ die Hand auf der Hupe, während sie die Auffahrt zum Hafen hinabraste und über die Rampe auf den Tanzboden bis direkt vor die Tür des Ar Mor fuhr.
    Wieder hupte Marianne – dreimal kurz, dreimal lang, dreimal kurz. Das internationale SOS-Zeichen.
    Aus dem Restaurant hasteten drei Gestalten: Yann, Jeanremy – und Lothar. Sie waren angetrunken.
    Marianne befahl ihnen, die vor Schmerz fast bewusstlose Claudine aus dem Wagen zu tragen. »In die Küche! Auf den Tisch!«, rief Marianne und griff aus einem Impuls heraus nach Sidonies Kiesel. Er fühlte sich warm an, als ob er Sidonies lebendige Hitze in sich bewahrt hatte. Marianne schloss die Augen und beschwor sich die Erinnerungen herauf, wie sie ihrer Großmutter Nane bei den Hausgeburten geholfen hatte. Nun, diesmal würde sie nicht nur helfen. Jetzt musste sie es allein schaffen. Sie hoffte, ihre Hände würden sich erinnern. Dann ließ Marianne den Kofferraumdeckel aufspringen und fand den Verbandskasten.
    Die Gesichter der drei Männer erstarrten zu Masken, nachdem sie die stöhnende Claudine auf den kühlen Stahltisch gelegt hatten. Jeanremy sprang zum Telefon und ließ sich mit der Notrufleitung verbinden.
    »Wir sollen sie nach Concarneau in die Klinik bringen«, soufflierte er und wartete darauf, was Marianne beschloss.
    Marianne drehte einen großen Topf um und legte darauf Verbandszeug, Schere, Mulltampons und den Stein ab. Dann hielt sie ihre Hände unter heißes Wasser, um sie anzuwärmen, und zog sich die sterilen Handschuhe über.
    »Lothar, stütz sie ab«, und Marianne glitt mit ihrer Hand in Claudines Vagina. Sie schrie

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