Die Monster von Templeton
… doch ich ließ ihn innehalten, legte ihm die Hand auf das Hemd, spürte sein Herz, das schnell schlug unter meiner Hand … «Noch nicht. Du wirst Templeton wählen, ja?» … «Ja, o ja. Ja, Sarah, ja.» Ich reckte mein Gesicht zu ihm empor, um mich küssen zu lassen, doch er legte die Hand auf meine Lippen. «Noch nicht … und du wirst mich heiraten, ja?» … Grinsend, mit einem Grübchen in der Wange. Langsam kippte etwas in mir … Der Mann in meinem Kopf sagte:
Ja, Ihr sollt diesen Mann zum Ehemann nehmen, mein Vögelchen …
Das Ich, das nicht ich war, sagte: «Ja.»
Und mir wurde nicht übel, nicht wie ich es mir ausgemalt hatte … er hob mich hoch und entkleidete mich, Knopf für Knopf … da war Hitze … und mehr … und die beiden Sarahs bekämpften sich, die eine angeekelt, die andere begierig … selbst auf den Schmerz, und da war ziemlich viel Schmerz … mein Lippenstift, auf seinem Gesicht verschmiert … und als ich aufwachte, sah ich ihn, wie er im Dämmerlicht auf mich hinabblickte, mir eine Locke hinters Ohr strich … es ist wahr … er liebt mich wirklich … ich habe ihn seither so oft wiedergesehen, in Gesellschaft mit anderen, die hübschesten Mädchen von Templeton scharwenzeln um ihn herum, so aufgeputzt, wie es nur geht … doch er hat nur Augen für mich …
… aber schon damals wusste ich, dass diese neue Frau mich erfüllen würde, bis zur Hochzeit, diese warmherzige Frau, die zu solchem Glück fähig war … und dann würde diese Frau mich wieder verlassen, schon damals wusste ich das … und ich würde wieder kalt und traurig sein … doch bis zur Hochzeit würde ich meine unsichtbaren Freunde nicht mehr zu Gesicht bekommen, würde nichts mehr hören von ihnen, die Worte, die aus meinemMund kamen, würden schicklich und gut sein, und aus dem Wasser würden sich keine Geister erheben … Ich wusste, wir würden im Kingfisher Tower bei Point Judith heiraten, diesen Herbst, und die Ahornblätter würden sich wirbelnd im Wasser drehen, goldfarben und rot und grün … wir werden heiraten, und ich trage bereits ein Kind unter dem Herzen, da bin ich mir sicher, ich spüre es … Templeton wird bereits zu neuem Leben erwacht sein, die Geldschatulle meines Vaters wird leer sein, sich aber bald mit der Pacht des Baseballmuseums füllen … An jenem Herbsttag werde ich heiraten, und die Frau, die sich meiner bemächtigt hat, das glückliche Mädchen, das nicht aufhören kann, diesen gut aussehenden Mann zu küssen … das Mädchen, das an jenem Morgen vor einer Woche zu Fuß nach Edgewater zurückgekehrt ist, so wund wie beim ersten Mal, als es im Westernstil geritten ist (warum habe ich überhaupt jemals versucht, so zu reiten?), das in jenem süßen, trüben Morgengrauen mit ihm zurückging, Hand in Hand im frühen Nebel … das kichernd mit ihm am Frühstückstisch saß, bis die Eltern aufwachten und herunterkamen … das Mädchen, das an jenem Morgen seine Eltern mit seinem Glück überraschte, mit seinem wieder gesunden Geist … dieses Mädchen wird mich an meinem Hochzeitstag verlassen … das war nicht der Mann, den ich heiraten sollte, nicht das Genie oder der Künstler … Ich werde seine Geschmacklosigkeit bitter zu spüren bekommen, und er wird nicht wissen, warum ich ihn verschmähe, sondern mich nur noch mehr begehren.
Und ich weiß, schon bald nach der Hochzeit werden die Stimmen zurückkehren, ganz langsam. Das Kind, das ich bereits in mir trage, wird geboren werden, vielleicht noch mehr Kinder. Und die Geister aus dem See werden sich erheben und mir folgen, werden mich rufen, bis zu jenem Tag … an dem ich zuschwach sein werde, ihnen zu widerstehen, und in den See gehen werde … doch bis dahin ist da Sy, seine Beständigkeit … ja, und obwohl er nicht andauern wird, dieser Morgen, wo ich hier sitze und schreibe, während Sy im Bett hinter mir schnarcht und ich ihn gleich wecken werde, damit er sich aus dem Haus schleichen und ins Hotel zurückkehren kann … genau jetzt, in diesem Moment, fühle ich mich seltsam. Es ist seltsam. Dieses Leben ist seltsam. Denn jetzt, genau in diesem Moment, bin ich glücklich.
Überreste; oder:
Das, was zurückbleibt
Die ganze Nacht über las ich jene dreihundert leidenschaftlichen Seiten in der winzigen, sepiabraunen Handschrift meiner Urgroßmutter, und am Morgen kam mir Templeton wie verzaubert vor.
Während ich benommen dasaß und zuschaute, wie der Sonnenaufgang in der Ferne die Dunkelheit vom Himmel wischte, hatte ich
Weitere Kostenlose Bücher