Die Monster von Templeton
entschlossen aus.
«Warte mal», sagte ich und fing an zu lachen. «Ich dachte immer, du hättest dieses ganzes Biozeug gegessen, weil du es
magst.
»
«Du meine Güte, nein», sagte sie. «Nein, nein. Das hab ich für dich getan.
Für deine Gesundheit.» «Für mich?», fragte ich. «Für mich? Für
mich
hast du immer nur Äpfel zu Halloween verteilt? Und hast mich von allem Junkfood so ferngehalten, dass ich mich fast übergeben musste, als ich bei Petra Tanner zum ersten Mal einen glasierten Krapfen gegessen hatte? Und hast behauptet, ich sei allergisch gegen raffinierten Zucker, und wenn die Leute zum Geburtstag im Kindergarten Muffins mit Zuckerguss mitbrachten, musste ich dasitzen und Karotten knabbern, während sich alle anderen auf den Kuchen stürzten? Das alles hast du für
mich
getan?»
Hannah Clarke, Jahre bevor sie Henry Franklin Temple heiratete
Hier ist sie in Baden-Baden abgebildet, auf einer großen Europareise mit ihrer Mutter (rechts). In etwa einer Woche, während ihres Aufenthalts in Luzern, wird sie im Hotel einen italienischen Kellner kennenlernen und sich eines Nachts zu einer vermeintlich harmlosen mitternächtlichen Bootsfahrt mit ihm hinausstehlen. Unglücklicherweise hatte er andere Pläne mit ihr; er entführte sie, und drei Tage später wurde sie befreit – eine Episode ihres Lebens, die sie noch in ihrem neunten Lebensjahrzehnt schrecklich zum Kichern brachte.
Sie gab ein kleines Schnaufen von sich und sagte nichts.
«Na, dann jedenfalls besten Dank», sagte ich. Doch irgendwie machte sich in diesem Moment wieder das Klümpchen bemerkbar, wie ein kleines Drehen und Zwicken in meinem Bauch, und ich hatte plötzlich keine Lust mehr, weiter zu streiten. Stattdessen sagte ich: «Für dich muss das auch schwierig gewesen sein. Zeichen für eine ausgezeichnete Mutter.»
«Das kannst du laut sagen», antwortete sie und stürzte sich mit Appetit auf ihre Cornflakes.
«Jedenfalls», sagte ich, «wollte ich dich noch auf dem Laufenden halten. Was meine Fortschritte an der Vaterfront angeht, meine ich. Beziehungsweise die nicht vorhandenen Fortschritte. Aber du hast gestern Abend gesagt, du wolltest es wissen, also bitte.» Ich holte tief Luft, und sie schaute mich voller Interesse an. «Erstens», begann ich, um sie ein bisschen auf die Folter zu spannen, «mein Vater ist nicht das Ergebnis irgendwelcher außerehelicher Tändeleien von Seiten deiner Eltern. Er ist also nicht in irgendeiner Weise ein Halbbruder.»
Sie hörte mit dem Kauen auf, legte den Kopf schief und sagte: «Nein. Ich habe nicht mit meinem Bruder geschlafen, Willie, vielen Dank auch.»
«Gut», sagte ich. «Ich fand, das wäre auch ein bisschen seltsam gewesen. Und zweitens: Die Eltern deiner Mutter hatten ebenfalls nichts damit zu tun. Wenigstens Claudia Starkweather nicht, die Ururenkelin der Sklavin Hetty. Darauf schließe ich aufgrund ihres Hochzeitsfotos. Deine Großeltern scheinen einfach nicht der Typ dafür zu sein. Sie kamen mir so … na ja, keusch vor.»
Vi blinzelte und sagte: «Offenbar gehst du von hinten nach vorne vor. Die weniger weit zurückliegenden Vorfahren vor den weiter zurückliegenden, stimmt’s? Und du hast meine Eltern ausgeschlossen und bist gleich zu meinen Großeltern weitergegangen?»
«Ja», sagte ich. «Clarissa meinte, so würde sie es machen. Ich fand das ziemlich clever.»
Meine Mutter nickte langsam und klang plötzlich weit entfernt, als sie sagte: «Sie ist ein kluges Mädchen, meine Clarissa.»
«Aber ich liege richtig, oder? Kannst du mir sagen, ob das uneheliche Kind auf Claudia Starkweather zurückging?»
«Nein, ging es nicht», sagte sie, immer noch nachdenklich. «Nein, das nicht.»
«Okay. Und so habe ich mir eben die andere Seite der Familie angeschaut, die Eltern deines Dad, Sy und Sarah. Und hier ging ich zunächst von der Annahme aus, dass es sich, was auch immer geschehen ist, um Ehebruch gehandelt haben muss, weil Sarah mir vor Sy ziemlich jungfräulich vorkam. Fast frigide. Aber eigentlich glaube ich gar nicht, dass es Ehebruch war; so einfach ist es nicht. Obwohl ich schon ein paar ziemlich verrückte Sachen herausgefunden habe, Vi. Offensichtlich war Sarah nämlich verrückt. Schizophren, würde ich sagen – sie sah Geister und hörte Stimmen und solche Sachen. Und sie hat sich regelrecht selber an Sy verschachert, weil Templeton schwer unter der wirtschaftlichen Depression zu leiden hatte und er nur dann bereit war, das Baseballmuseum nach Templeton zu
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