Die Moralisten
in der Stadt«, erwiderte ich. »Ich habe ihn nicht sehr gut gekannt und mich nie um ihn gekümmert.«
»Aber als er sich deinem Plan, die Spieler zu einem Kartell zusammenzuschließen, widersetzte, hast du ihn liquidiert.«
Ich lächelte. »Ich hatte nichts mit seinem Tod zu tun. Ich hatte auch nichts zu tun mit der Gründung eines Spielerkartells. Ich bin ein einwandfreier Geschäftsmann.« Ich zog tief an meiner Zigarette. »Wenn du mich solche Dinge fragen willst, verschwendest du deine Zeit. Ich könnte dir nichts sagen, selbst wenn ich wüßte, wovon du redest.«
Er wurde frostig. »Das also ist deine Taktik.«
Es war verrückt von ihm zu glauben, daß ich anders reagieren würde. Wenn er dachte, ich würde auspacken, nur weil er ein Jugendfreund von mir war, hatte er sich gründlich geirrt. Ich würde ihm nichts geben, was ich teuer bezahlen mußte.
»Sag nie, wer du wirklich bist«, sagte ich lächelnd.
»O. k.« Zornig stand er auf. »Ich glaube beinahe, der Bursche hat recht gehabt. Du hast die Falle gestellt.«
»Glaub, was du willst«, sagte ich.
»Hör mal zu«, sagte er. »Ich habe versucht, dir eine Chance zu geben, die du nicht verdient hast, bloß weil ich dich kannte. Vor Monaten, als ich mit dieser Untersuchung anfing, habe ich dir geraten, die Sache aufzugeben, aber du wolltest nicht darauf hören. Jetzt sage ich dir, ich werde dich schnappen. Bisher bin ich gnädig mit dir verfahren, aber von jetzt an gehe ich aufs
Ganze.«
Er redete lauter Unsinn. Wenn er mich hätte schnappen können, hätte er mich geschnappt. Ich stand auf. »Tu, was du nicht lassen kannst«, sagte ich und sah ihm voll ins Gesicht.
»Und das wird für dich das Ende sein«, schrie er.
»Etwas leiser«, sagte ich. »Die Nachbarn.«
Er lief dunkelrot an, und die Adern traten wie Stränge an seinem Hals hervor. »Du lausiger Bastard!« brüllte er.
Zwanzig Jahre hatte es gedauert, bis das an die Luft kam. Ich blickte ihn kühl an: »Du bist auch nicht gerade ein Engel mit Flügelschlag«, sagte ich lächelnd.
Er setzte sich wieder. Zum erstenmal gebrauchte er meinen Vornamen. »Frank«, sagte er reumütig, »so habe ich es nicht gemeint. Verzeih. Ich war erregt. Mir behagt dieser Auftrag ebensowenig wie dir, aber ich muß ihn erledigen.«
»Schon gut, alter Junge!« sagte ich. »Ich weiß, wie dir zumute ist.«
Wir schwiegen eine Weile. Jeder war mit seinen eigenen Gedanken beschäftigt. »Warum steigst du bei dieser Sache nicht aus, Frankie?« fragte er schließlich.
Ich antwortete nicht. Eine Erklärung wäre eine Bestätigung seiner Gedanken gewesen, und ich hatte nicht die Absicht, ihm etwas zu bestätigen, ganz gleich, was er für mich empfand.
Als er sah, daß ich keine Antwort gab, fuhr er fort: »Es wäre leicht, dir ein Attentat auf mich in die Schuhe zu schieben.«
Ich stimmte ihm zu. »Allerdings.« Aber war es das, was er wollte?
»Auf lange Sicht«, fuhr er fort, »wäre es vielleicht sogar eine Chance für dich. Eine Gefängnisstrafe, nicht allzu lang und auch nicht allzu kurz, würde dich aus alledem herausbringen.«
Ich lächelte. »Wen versuchst du eigentlich zu beschützen? Mich oder die Einwohner deiner Stadt?«
Er sah zu mir auf, und ein neuer Ausdruck kam in seine Augen. »Du nimmst kein Blatt vor den Mund.«
»Warum auch? Du hast einen Auftrag bekommen. Führe ihn aus, wenn du kannst. Du schuldest mir nichts.«
Er stand auf. »Wir könnten Freunde sein.« Er reichte mir die Hand.
Ich nahm sie. »Wir sind Freunde. Aber nur gewissermaßen privat. Geschäft ist Geschäft.«
Er hielt noch immer meine Hand. »Ich werde dein Schwindelunternehmen sprengen«, sagte er und lächelte, »und dich bankrott machen.«
Auch ich lächelte. »Das ist dein Job. Du kannst es versuchen.«
Er ließ meine Hand los. »Du glaubst nicht, daß ich das schaffe?«
»Ich glaube nicht, daß du es schaffst«, sagte ich.
»Willst du am Montag in mein Büro kommen, wenn ich dich jetzt laufenlasse?« fragte er.
Ich nickte. Das gab mir die Chance, Carson mitzubringen.
Er wandte sich zur Tür. »Sei bitte um zehn Uhr da«, sagte er.
»Ich werde dasein.«
Er drehte sich noch einmal um und blickte mich an. Für einen Augenblick huschte sein altes Lächeln über sein Gesicht. »Fröhliche Weihnachten!«
»Danke, gleichfalls«, sagte ich und sah ihm nach, als er hinausging.
Ich blickte auf meine Uhr. Es war nach zwölf. Ich trat auf den Korridor und ging nach unten in die Halle. Für das Zimmer mußte ich
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