Die Moralisten
gab dem Hotelpagen einen Dollar Trinkgeld, und er verschwand. »Machen Sie es sich gemütlich«, sagte der Revolvermann.
Ich setzte mich in einen Sessel in der Nähe des Fensters. Der erste Gangster ging zum Telefon und wählte eine Nummer, hielt seinen Revolver aber immer auf mich gerichtet. Eine Stimme meldete sich im Apparat. »Mr. Cowan?« fragte der Gangster.
Die Stimme antwortete. Der Gangster wartete ein paar Sekunden und sagte dann: »Mr. Cowan, Kane ist hier in New York, um mit ihnen zu sprechen.«
Die Stimme sprach wieder ein paar Sekunden. Dann sagte der Gangster: »Er möchte mit ihnen allein sprechen.« Er hörte einen
Augenblick auf das, was Crowan erwiderte, und sagte dann: »Gut. Er erwartet Sie im Dauphin-Hotel am Brodway, Zimmer vierhundertundzwölf.« Cowan antwortete kurz, und der Gangster legte auf.
Die Falle war aufgestellt. Das Bild wurde mir deutlicher. Die Steinchen des Mosaiks ergaben nur einen Sinn.
Der Gangster ging zu dem Mädchen. »Es ist alles in Ordnung, Bonnie. Du kannst dem Boss sagen, daß der Staatsanwalt in einer halben Stunde hier ist.«
Sie erhob sich und ging zur Tür. Ich rief ihr nach: »Viel Glück, Baby!«
Sie drehte sich um und lächelte. »Seien Sie bloß friedlich, Sie Angeber! Sie haben das Glück nötiger als ich.«
»Los, Bonnie«, knurrte der Gangster. »Verdufte!«
Sie verließen den Raum. Der Revolverheld wandte sich an den anderen Burschen. »Geh nach unten ins Foyer und ruf mich an, wenn er auftaucht.«
Der Angeredete verschwand eiligst.
Der Revolvermann brachte mich zu einem Stuhl, der zwischen ihm und der Tür stand, und setzte sich selbst ans Telefon.
Wir starrten uns gegenseitig an.
»Detroit?« fragte ich.
Er antwortete nicht.
»Was bekommen Sie für diese Arbeit?« fragte ich.
Er antwortete nicht.
»Ich zahle Ihnen das Doppelte von dem, was Sie bekommen«, sagte ich.
»Halten Sie die Klappe!« befahl er.
Ich schwieg. Die Falle war einfach: Cowan wurde
niedergeknallt, wenn er zur Tür hereinkam, ich wurde in einen
sanften Schlafzustand versetzt, der Revolver wurde mir in die Hand gedrückt, und der Fall war erledigt.
Keiner würde mir meine Geschichte glauben, und der Mann, der die Sache eingefädelt hatte, schlug zwei Fliegen mit einer Klappe. Er hatte den Staatsanwalt aus dem Wege geräumt und mich kaltgestellt, und er konnte dann meinen Posten übernehmen. Es war Fennelli. Davon war ich überzeugt. Fennelli war der einzige, der schlau genug war, um eine solche Falle auszutüfteln. Einfach, aber gut! Erst wurde meine Anwesenheit bestätigt - in der Bar und beim Empfang. Dann erschien der Staatsanwalt auf einen sensationellen Tip hin. Päng! Es knallt, und ich schmore auf dem elektrischen Stuhl! Leichter Schweiß brach mir aus.
Wir saßen da und starrten uns an. Die Minuten verstrichen, und es sah nicht so aus, als ob es noch einen Ausweg gab.
Ich sah auf meine Uhr; es blieb nicht mehr viel Zeit. Ich zog mein Taschentuch und wischte mir den Schweiß von der Stirn. Wenn es noch eine Chance für mich geben sollte, dann mußte sie sich ziemlich bald zeigen.
Das Telefon läutete. Der Mann nahm den Hörer ab, hörte einen Augenblick zu und legte dann wieder auf. Er erhob sich von seinem Stuhl und kam auf mich zu. Dann deutete er auf den Stuhl, den er verlassen hatte, und sagte: »Setzen Sie sich dort hin.«
Ich tat es. In meinem Schädel spürte ich ein schwaches Hämmern, und meine Kehle war wie zugeschnürt.
Er stellte sich rechts neben die Tür, so daß er verdeckt wurde, wenn sie sich öffnete. Er richtete seinen Revolver auf mich und sagte: »Verhalten Sie sich ruhig, dann passiert Ihnen nichts.«
Ich versuchte es noch einmal - in letzter Verzweiflung. »Sie schaffen das nicht. Eine solche Falle kann nicht funktionieren. Ich zahle Ihnen, was Sie wollen.«
Er blickte mich an. Verachtung zeigte sich in seinen mürrischen Zügen. »Ihr seid doch alle gleich: angeben wie ein Sack Flöhe, aber wenn euch jemand die Faust unters Kinn setzt, fangt ihr an zu heulen.«
Er machte eine wütende Bewegung mit seinem Revolver. »Halt's Maul.«
Eine Sekunde später klopfte es an die Tür. Im selben Augenblick läutete das Telefon. Ich wußte nicht, was ich zuerst tun sollte. Unwillkürlich nahm ich den Hörer ab und hielt ihn an mein Ohr. Gleichzeitig rief ich »Herein«.
Die Tür begann sich zu öffnen. Aus dem Hörer drang eine Stimme an mein Ohr.
»Flix«, keuchte die Stimme, »das Hotel wimmelt von Polypen.« Ohne zu
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