Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Moralisten

Titel: Die Moralisten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
Vom Netzwerk:
antworten, knallte ich den Hörer auf die Gabel und sprang auf die Füße. Jerry war klug genug gewesen, Polizisten mitzubringen. Er traute mir nicht. Und zum erstenmal in meinem Leben war ich froh, daß mir jemand nicht getraut hatte. Ich sprach rasch mit dem Mann an der Tür, der mich anstarrte.
    »Polypen im ganzen Haus«, flüsterte ich. »Stecken Sie die Kanone weg. Ich werde Ihre Anwesenheit erklären.«
    Er sah mich unentschlossen an. Die Knöchel seiner Hand, die den Revolver umklammert hielt, traten weiß hervor. Er hob ihn ein wenig höher.
    Ich machte einen Schritt auf ihn zu, und der Revolver ging weiter in die Höhe. In diesem Augenblick trat Jerry ins Zimmer. Genau zwischen uns. Er sah den Mann mit dem Revolver hinter sich nicht. Im Korridor standen Männer, die mich neugierig anblickten.
    »Es freut mich, daß Sie mich angerufen haben«, sagte Jerry. »Es wird allmählich Zeit, daß Sie Vernunft annehmen.«
    Ein Blitzlicht flammte auf, und für einen Augenblick war ich geblendet. Als ich wieder sehen konnte, hatte der Bursche hinter der Tür seinen Revolver in die Tasche gesteckt und kam auf mich zu. Mit einem Anflug von Verärgerung dachte ich daran, daß mein Bild am nächsten Tage in allen Zeitungen erscheinen würde. Dann lachte ich. »Kommen Sie nur herein«, sagte ich. »Ich freue mich, Sie zu sehen.«
    Einige Männer drängten sich hinter Jerry ins Zimmer. »Soll das etwa eine Verhaftung sein?« fragte ich.
    »Noch nicht«, sagte Jerry. »Sie sagten, Sie wünschten mich zu sprechen.«
    »Ich nicht. Das war seine Idee.« Ich deutete auf den Revolvermann. »Er hat das Zusammentreffen mittels eines Revolvers arrangiert. Es sollte eine doppelte Falle werden.«
    Der Revolvermann fluchte und faßte unwillkürlich nach seiner Tasche. Einer der Detektive versetzte ihm einen Schlag, und der Revolverheld sank zu Boden. Ich redete weiter, als ob nichts geschehen wäre. »Was mich angeht, so wäre ich ebenso gut dran, wenn wir uns nie gesehen hätten.«
    Der Detektiv hielt den Revolver des Mannes in der einen Hand, mit der anderen zerrte er den Mann auf die Füße. Der Mann, noch ein wenig schwindlig, schüttelte den Kopf und versuchte zu sprechen. »Kane hat es arrangiert. Dieser elende Lump! Als er merkte, daß es schiefging, sollte ich die Suppe auslöffeln.«
    Ich lachte höhnisch.
    Jerry drehte sich um und sprach mit den Detektiven. »Nehmen Sie ihn mit nach unten und verschwinden Sie.«
    »Vielleicht hat Kane auch einen Revolver«, warf einer der
    Detektive ein. Er wollte offenbar gern dableiben.
    Jerry sah mich an. Ich schüttelte den Kopf, ohne etwas zu sagen. »Nein, er hat keinen«, sagte Jerry ruhig. »Warten Sie unten auf uns.«
    Sie verließen den Raum, und wir beide blieben allein zurück. Ich setzte mich in einen Sessel. Jerry zog seinen Mantel aus und nahm ebenfalls Platz. Er blickte mich an: »Stimmt es, was du gesagt hast?«
    Ich nickte. »Es war tatsächlich eine Falle. Sie wollten dich umlegen und mir die Sache anhängen Es konnte gar nicht schiefgehen.« Ich nahm mir eine Zigarette und bot ihm eine an.
    Er lehnte ab, holte aber eine Zigarre aus seiner Manteltasche und zündete sie an. »Hast du irgendeine Idee, wer dahintersteckt?« fragte er beiläufig.
    Ich lächelte. Die Frage war recht kindlich. »Wenn ich eine Idee hätte, wäre es nicht so weit gekommen.«
    Wir schwiegen wieder, und ich betrachtete ihn mir genauer. Er hatte zugenommen. Sein Gesicht war runder geworden, und der Ansatz zu einem Bauch war deutlich vorhanden. Er hatte weiche, rötlichbraune Haare, einen dünnen Schnurrbart und volle rote Wangen. Ein selbstgefälliger, etwas blasierter Ausdruck lag auf seinem Gesicht mit den vollen Lippen.
    Auch er musterte mich. Dann beugte er sich vor. »Lieber Himmel! Du bist aber alt geworden!« platzte er heraus.
    Ich lächelte, ohne etwas darauf zu erwidern.
    »Ich hätte mir nicht träumen lassen, daß wir uns auf diese Weise wiedersehen«, meinte er.
    Ich sagte nichts.
    Er betrachtete mich eine Weile. Dann wurde seine Stimme nüchtern und sachlich. »Du weißt, wie es zwischen uns steht. Ich würde dir gern helfen, aber ich habe eine Aufgabe zu erfüllen.« >Die alte Leier!< dachte ich. Laut sagte ich: »Ich verstehe.«
    »Ich habe ein paar Fragen an dich zu stellen.« Er nahm einen Bogen Papier aus der Tasche, warf einen kurzen Blick darauf und steckte ihn wieder ein. Dann sah er mich an. »Bist du je einem Mann namens >Fats< Crown begegnet?«
    Ich nickte.
    »Wo?«
    »Irgendwo

Weitere Kostenlose Bücher