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Die Moralisten

Titel: Die Moralisten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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die Reden nun vorbei sind, können wir
    ja gehen. Vielleicht erwischen wir noch eine Nachtvorstellung an der 42. Straße. Übrigens weiß ich immer noch nicht, wie Sie heißen.«
    »Ich heiße Terry, Ihren Namen kenne ich aus dem Laden -Frank.«
    »Das haben Sie also schon spitzgekriegt. Nun aber los, oder wollen Sie die ganze Nacht hier verbringen?«
    »O. k., o. k.!« sagte sie. »Einen Augenblick noch. Ich muß eben meine Nase pudern.« Damit ließ sie mich stehen.
    Ich sah ihr nach, wie sie auf den Waschraum zusteuerte. Plötzlich hatte ich das Verlangen, mit ihr auszugehen. Ich hatte mich schon lange nicht mehr mit einem Mädchen amüsiert. >Sie ist nicht übel<, dachte ich, >und wer weiß? Vielleicht habe ich heute abend mal Glück.<
    Ich traf mich am nächsten Nachmittag mit Terry. Wir gingen schwimmen.
    Sie war ein aufregendes Mädchen. Sie redete sehr frei und reizte einen, bis man die Sterne zu sehen glaubte. Aber in dem Augenblick, wo man etwas mehr wollte, kriegte man was auf die Finger.
    »Ihr Burschen wollt immer alle dasselbe«, sagte sie. »Warum geht es bei euch nicht mal ohne das?«
    »Aber, Baby«, sagte ich, »so kann man es doch auch nicht machen. Du kannst einen Mann nicht einfach zum Narren halten. Komm und sei nicht komisch. Es wird nichts passieren.«
    Das stimmte. Es passierte nichts. Aber durch Terry kam ich in den Klub. Ich merkte immer mehr, daß ich nicht der einzige Mensch auf der Welt war, der sich verdammt anstrengen mußte, um an ein paar Cents zu kommen. Andere Leute hatten dieselben Sorgen - einer wie der andere, ganz gleich, wer oder was sie waren. Alle mußten ein paar lausige Cents machen, oder sie mußten hungern. Die Zeitumstände hatten ihre Gesichter geprägt. Weil sie von Wohltätigkeit lebten, hatten sie ihren Stolz verloren. Das zeigte sich auf ganz verschiedene Weise. Ich konnte es im Laden genau beobachten.
    Einige kamen mit ihren Lebensmittelgutscheinen lachend und vergnügt an und machten ein großes Theater. »Wir können wieder essen!« riefen sie, gingen fröhlich im Laden herum und kauften, was sie an Lebensmitteln kriegen konnten, bis der Gutschein aufgebraucht war. Manche klatschten den Gutschein auf die Theke und fragten in herausforderndem Ton: »Nehmen Sie so was?« Andere kamen herein und warteten geduldig, bis jeder Kunde bedient und der Laden leer war. Dann lehnten sie
    sich mit dem Gutschein in der Hand über den Ladentisch und fragten zögernd und verschämt: »Nehmen Sie den?« Wieder andere wählten sich spontan alles aus, was sie haben wollten. Und wenn alles eingepackt war, holten sie ihren Gutschein hervor und sagten in einem Ton, der keinen Widerspruch zu dulden schien: »Nehmen Sie den?«
    Eines aber war ihnen allen gemeinsam: Nie nannten sie ihren Lebensmittelgutschein bei seinem vollen Namen: »SoforthilfeGutschein«. Sie sagten immer nur »den« oder »er«. Oder: »Wieviel bekomme ich noch drauf?« Und wenn sie sich die Lebensmittel ausgesucht hatten, die nach ihrer Meinung bis zur Ausgabe des nächsten Gutscheins reichten, kauften manche noch ein Stück Kuchen oder ein paar Süßigkeiten für die Kinder. Andere wollten Zigaretten oder auch Bargeld für den Rest ihres Gutscheins. Wir durften weder Bargeld noch Zigaretten geben. Aber wir taten es trotzdem. Gelegentlich kam jemand und bot uns Gutscheine über $ 13.50 für fünf oder sechs Dollar in bar an. Wir kauften sie ihnen ab. Denn die anderen Läden in der Nachbarschaft taten das auch. Von der Unterstützung zu leben wirkte sich in vieler Beziehung auf die Menschen aus. Aber vor allen Dingen nahm es ihnen ihren Stolz.
    Oben im Klub jedoch war es anders. Der Klub kämpfte dafür, daß die Leute Bargeld statt der Gutscheine bekamen. Er behauptete, daß viele Läden den Leuten, die mit Gutscheinen kamen, höhere Preise berechneten als den bar zahlenden Kunden, und einige Ladenbesitzer verteidigten das, indem sie erklärten, daß sie neunzig Tage auf ihr Geld warten müßten. Jedenfalls wurden im Klub dauernd Beschwerden darüber laut. Man hörte dort auch manches andere, zum Beispiel, daß die Regierung ein riesiges Arbeitsprogramm plane, um den von der Unterstützung lebenden Leuten zu helfen. Jeden Tag tauchten neue Gerüchte auf. Aber inzwischen lungerten die Leute nur herum und schnallten sich den Gürtel enger.
    Mit Terry verabredete ich mich an den Mittwochabenden.
    Sonntags wollte ich nicht mit ihr ausgehen, weil das zuviel Geld kostete, und es kam für mich nichts dabei heraus. Nicht,

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