Die Moralisten
daß ich sie nicht mochte. Sie war o. k. Aber wir machten uns nur gegenseitig wild, und ich wälzte mich dann die ganze Nacht schlaflos im Bett und kam von allen möglichen, aufregenden Vorstellungen nicht los. Ich konnte mich nicht dazu bringen, mich bei den Huren auszutoben, nicht nach dem, was ich davon gesehen hatte. So wälzte ich mich im Bett und verwünschte das Weibsstück. Ich schwor, daß ich nicht mehr mit ihr ausgehen würde, und ich wünschte nichts sehnlicher, als mit ihr zu schlafen. Ich verabredete mich also mit ihr nicht mehr am Wochenende, sondern ging mittwochs mit ihr aus. Wir gingen ins Kino, und hinterher brachte ich sie nach Hause. Dort standen wir eine Weile im Flur. Ich küßte sie ein paarmal und faßte sie ein bißchen an, und dann ging ich nach Haus. Nach der harten Arbeit des Tages war ich müde und konnte wenigstens schlafen - und manchmal schlief ich auch die Nacht durch.
Es war an einem Donnerstagnachmittag, als ich in einem Haus eine Bestellung ablieferte. Ich war an diesem Tage ziemlich erregt. Am Abend vorher hatte ich meine Hand in Terrys Kleid gesteckt und ihre warme, weiche Brust befühlt. Sie erlaubte mir das eine Weile. Aber als ich dann versuchte, meine andere Hand zwischen ihren Knien hinaufzuschieben, stieß sie mich weg. Meine Gedanken waren noch bei Terrys Körper, als ich auf die Klingel drückte. Eine junge Frau machte die Tür auf. Sie hatte verblichenes blondes Haar, ein schmales Gesicht und trug ein altes Kleid. Es war eine neue Kundin. Sie hatte ihren Gutschein aufgebraucht und dann weitere Waren gekauft mit der Bitte, sie später am Tag zu schicken. Sie erwarte bis dahin Geld.
»Lebensmittel«, sagte ich im Flur. »Ein Dollar fünfundzwanzig bar.« Harry hatte gesagt, ich solle auf keinen Fall die Sachen dalassen, wenn ich kein Geld bekäme.
»Bringen Sie sie bitte in die Küche«, sagte sie mit leiser, ruhiger Stimme.
Ich ging in die Wohnung und legte das Paket auf den Küchentisch.
Sie blickte hungrig auf das Paket. »Mein Mann kommt in wenigen Minuten nach Hause. Er bringt etwas Geld mit. Können Sie die Sachen hierlassen, wenn ich Ihnen das Geld später bringe?«
»Tut mir leid, Ma'am«, erwiderte ich. »Ich würde es gern tun, aber ich kann es nicht. Die Vorschrift lautet: >Nur gegen Barzahlung<, und mein Boss würde mich rausschmeißen, wenn ich mich nicht danach richte.« Mit diesen Worten wollte ich das Paket wieder an mich nehmen.
»Einen Augenblick«, sagte sie nervös. »Können Sie nicht ein paar Minuten warten? Mein Mann muß gleich kommen.« Ein etwa sechsjähriges Mädchen kam in den Raum. Sie nahm das Kind auf den Arm. »Sie können sich solange setzen, wenn Sie wollen.«
Ich setzte mich auf einen Stuhl in der Nähe meines Kartons und zündete mir eine Zigarette an. Ich bot ihr auch eine an, aber sie dankte. Als die Zigarette zu Ende geraucht war, stand ich auf. »Es wird ziemlich spät, Ma'am. Ich muß jetzt wieder in den Laden, sonst wundert sich der Boss, was mit mir passiert ist.«
»Bitte, warten Sie noch ein paar Minuten«, flehte sie. »Er muß wirklich jeden Augenblick hier sein.« Sie trat ans Fenster und blickte auf die Straße. »Er muß gleich kommen«, wiederholte sie nervös.
Wer's glaubt, wird selig, dachte ich. Und selbst wenn er auftauchte, würde er wahrscheinlich pleite sein. Ich würde also die Ware wieder mitnehmen müssen. Aber ich wartete noch fünf Minuten. Dann stand ich auf.
»Es tut mir leid, Ma'am«, sagte ich, »aber ich muß jetzt wirklich gehen. Wenn Ihr Gatte nach Hause kommt, schicken Sie ihn in den Laden. Dann bekommt er die Sachen.«
Ich stemmte den Karton auf meine Schulter.
»Bitte«, sagte sie, »nehmen Sie den Karton nicht mit. Lassen Sie ihn hier. Sobald mein Mann kommt, schicke ich ihn mit dem Geld zu Ihnen - ganz bestimmt!«
»Hören Sie, Lady«, sagte ich. »Ich glaube Ihnen, und ich würde die Sachen gern hierlassen, aber ich kann es nicht. Mein Boss würde mich an die Luft setzen.« Ich ärgerte mich allmählich über ihr Gejammer, vielleicht auch über mich selbst, weil ich die Sachen nicht dalassen wollte.
»Aber wir haben den ganzen Tag noch nichts zu essen gehabt«, sagte sie, »nur das Kind. Mein Mann ist in die Stadt gegangen, um sich Arbeit zu besorgen. Wir werden Ihnen die Sachen bestimmt bezahlen.«
»Lady«, sagte ich, »warum erzählen Sie mir das alles? Erzählen Sie es meinem Boss. Wenn er Ihnen vertraut, lasse ich die Sachen hier.«
»Das habe ich bereits getan.« Sie stellte
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