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Die Moralisten

Titel: Die Moralisten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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bessere Tage gesehen hatten. Kahle, schmutzige Fenster, die blind auf die Straße hinausblickten.
    Sie blieben an den Stufen vor der Eingangstür stehen. In der Nähe des Eingangs stand ein Kehrichteimer ohne Deckel. Eine graue Hinterhofkatze sprang hinein, vertrieb einen Schwarm Fliegen und begann den Inhalt zu durchstöbern. Schweigend sahen die Mädchen ihr zu.
    Marja rümpfte die Nase. »Der Hausmeister sollte gescheit genug sein, das Zeug bei diesem Wetter zuzudecken. Es stinkt.« Francie antwortete nicht. Sie begann die Stufen hinaufzugehen. Ein scharfer Pfiff ertönte von der anderen Seite der Straße her. Beide wandten sich um.
    Drei junge Burschen waren gerade aus dem Billardsaal auf der anderen Straßenseite herausgetreten und sahen zu ihnen herüber. Einer von ihnen rief: »Hallo, Francie, was hast du denn da für eine blonde Freundin?«
    Die Mädchen blickten einander rasch an, und ein verstohlenes Lächeln umspielte ihre Lippen. »Warum kommst du nicht herüber und stellst es selber fest?« rief Francie zurück.
    Die drei Burschen flüsterten sich in der Tür etwas zu, während Marja sie zu erkennen versuchte. Dem einen, der Francie angerufen hatte, war sie schon ein paarmal begegnet. Er wohnte am Ende des Blocks, aber sie konnte sich seines Namens nicht entsinnen. Die beiden anderen hatte sie nie zuvor gesehen. Die beiden Fremden waren groß. Der eine hatte verhältnismäßig helles Haar - braun, fast blond -, er hatte ein offenes Gesicht und freundliche blaue Augen; der andere war fast das Gegenteil: Dunkel, gut aussehend, mit ebenmäßigen Zügen und einem vollen, sinnlichen Mund. Nach einem Augenblick entfernte sich der Blonde und hob die Hand zum
    Gruß. Die beiden anderen kamen langsam über die Straße geschlendert.
    »Hallo, Jimmy«, sagte Francie, als sie näher kamen.
    Jimmy war ein magerer Junge. Seine Augen traten ein wenig hervor, und sein Gesicht zeigte noch Spuren eines verschwindenden Hautausschlags. Er lächelte und entblößte seine etwas vorstehenden Zähne. »Wo bist du die ganze Zeit gewesen, Francie?« fragte er. »Immer hier«, antwortete sie. »Und du?«
    Er sah einen Augenblick das Trottoir entlang, ehe er antwortete.»Immer hier.« Er streifte seinen Freund mit einem raschen Blick. »Und was treibst du?«
    »Nichts«, erwiderte Francie. »Wir wollten gerade hinaufgehen, um aus dieser Hitze herauszukommen.«
    »Ross und ich wollten eigentlich schwimmen gehen«, sagte Jimmy rasch. »Kommt ihr mit?«
    Francie sah Marja an, die bis dahin geschwiegen hatte. In Marjas Augen schimmerte Interesse auf. »Wenn wir nach oben gehen, um unsere Badesachen zu holen«, erklärte Francie, »könnten wir nicht wieder zurückkommen.«
    Der andere Junge lachte laut auf. Sein Lachen klang überraschend tief. »Wo wir hingehen, gibt es jede Menge Badeanzüge«, sagte er. »Ross hat einen Wagen«, erklärte Jimmy. »Wir fahren nach Coney Island hinaus.«
    Zum erstenmal sprach Marja. »Was stehen wir dann noch hier rum und reden?«
    Ross ergriff Marjas Arm. Sein Griff war fest und sicher. Wieder stieg ein tiefes Lachen aus seiner Kehle auf. »Richtig so, meine Süße«, rief er, und seine Augen blickten sie herausfordernd an. »Ich mag Mädchen, die wissen, was sie wollen.«
    Sie ging neben ihm her, blickte zu ihm auf, und ihre Augen begegneten seiner Herausforderung. »Ich will es gar nicht«, entgegnete sie lachend, »aber mein Körper. Und dem ist heiß.«
    »Für mich kann er nicht heiß genug sein«, erwiderte er.
    Die beiden anderen schlossen sich ihnen an. Marja blickte über ihre Schulter hinweg Francie an. Jimmy flüsterte ihr etwas zu, und Francie lächelte und nickte. Dann musterte Marja den Burschen
    neben sich. »Wo hast du geparkt?«
    »Gleich um die Ecke«, sagte er. »Mein Name ist Ross Drego. Und wie heißt du?«
    »Marja«, antwortete sie.
    »Dein ganzer Name, meine ich«, fuhr er beharrlich fort.
    Sie sah ihm in die Augen. »Marja Anna Flood.«
    »Flood ist ein englischer Name«, sagte er, und es lag Verwunderung in seiner Stimme.
    »Ich bin Polin«, fügte sie rasch hinzu. »Der Name war früher Fluudjincki.« »Dann verstehe ich allerdings den Namenswechsel.« Sein Lächeln nahm diesen Worten jede Bosheit.
    Sie waren nun um die Ecke herumgegangen, und er führte sie zu einem Buick-Kabriolett, dessen Verdeck zurückgeschlagen war. Er öffnete die Tür mit einer Verbeugung. »Euer Wagen, meine Damen.« Marja zögerte, sah den Wagen an und dann ihn.
    »Worauf wartest du?« fragte er.

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