Die Moralisten
möchte, daß du mitkommst«, sagte Ross.
Mike sah ihn an. »Wozu? Ich habe kein Geld.«
»Ich nehme Marja mit«, antwortete Ross, »und ich möchte nicht, daß diese Gauner ihr hinter meinem Rücken schöne Augen machen.« Mike horchte auf. »Dann laß sie doch zu Hause.«
»Nein. Ich habe das Gefühl, daß sie mir Glück bringt.«
Ross lächelte verlegen. »Ich denke, wenn sie in der Nähe ist, gelingt mir ein ganz großer Wurf.«
»Unsinn«, entgegnete Mike.
Ross sah ihn an. »Hast du etwas Besseres vor?«
Mike schüttelte den Kopf. Er dachte an Marja. Es war jetzt länger als eine Woche her, seit er sie im Fahrstuhl getroffen hatte. Er hatte noch immer nicht den Mut aufgebracht, mit ihr auszugehen.
»Dann komm doch mit«, bat Ross. »Du mußt auch etwas vom Leben haben. Oder willst du etwa für den Rest deines Lebens deine Nase nur in Bücher stecken!«
»Meinetwegen«, meinte Mike.
Marja saß im Wagen. Ihre Augen weiteten sich vor Überraschung, als sie Mike sah. Ross gelangte als erster zum Wagen und öffnete die Tür.
»Ich habe lange warten müssen, um euch beide einmal zusammenzubringen«, sagte er. »Marja, mein Freund Mike. Mike, das ist mein Mädchen.«
Marja errötete. Ein Lächeln spielte um ihre Lippen, als sie ihre Hand ausstreckte. »Ich habe schon viel von dir gehört«, erklärte sie fast förmlich.
Mike war ein bißchen verlegen, aber er machte ihr Spiel mit. »Und ich von dir«, murmelte er und ergriff ihre Hand. Sie war warm, und er hatte das Gefühl, als durchrieselte ihn bei der Berührung ein elektrischer Strom. Rasch ließ er sie wieder los.
»Rutsch hinüber«, bat Ross, als er in den Wagen stieg. »Mike kommt mit.«
Weder Marja noch Mike sagten etwas, bis sie im Tanzlokal waren. Ross sprach dafür die ganze Zeit. Sollte es ihm aufgefallen sein, daß sie so schweigsam waren, so verriet er es mit keinem Wort. In der Nähe der Tanzfläche bekamen sie einen Tisch. Es war fast neun Uhr. Die Tanzfläche war ziemlich voll.
Ross bestellte ein Bier für Mike und sich und ein Coca-Cola für Marja. Mit funkelnden Augen blickte er durch den Saal.
»Ich muß Joker fragen, wann das Spiel beginnt.«
»Das fängt noch früh genug an«, brummte Mike. Er sah Marja an, und leichter Spott klang in seiner Stimme auf. »Warum tanzt du nicht zuerst mit deinem Mädchen?«
Ross schüttelte entschieden den Kopf. »Nein«, antwortete er, »fangt ihr beiden nur an. Ich stelle erst einmal fest, wann es losgeht.«
Marja erhob sich, und Mike sah sie voller Überraschung an. »Nun?« Er stand auf und führte sie zur Tanzfläche. Die Kapelle spielte einen schnellen Foxtrott. Er spürte, wie er sich verkrampfte, als sie in seine Arme kam. Fast sofort stolperte er und trat ihr auf den Fuß.
»Oh, entschuldige«, murmelte er und errötete.
Sie lächelte ihn an. »Beruhige dich«, sagte sie, »ich will dich nicht fressen.«
Eine Weile tanzten sie schweigend. Dann begann sie wieder zu sprechen. »Ich dachte, du wolltest einmal mit mir ausgehen.« »Ich hatte zuviel zu tun«, antwortete er. »Außerdem bist du Ross’ Mädchen.«
»Das habe ich nicht gesagt«, entgegnete sie.
»Aber er«, erwiderte Mike. »Und du hast ihm nicht widersprochen.« »Ich kann ihn nicht am Reden hindern. Außerdem hast du ihm ja auch nicht gesagt, daß du mich kennst.«
»Du auch nicht.« Er blickte ihr ins Gesicht. »Ich hatte das Gefühl, du wolltest es nicht.«
Die Musik hörte auf, und sie löste sich von ihm. Sie entfernte sich von der Tanzfläche, und er folgte ihr zum Tisch zurück. Sie blieb vor Ross stehen. »Ich möchte ein Bier«, sagte sie.
Ross sah sie nicht an. »Natürlich, Liebling, warum nicht?« antwortete er. Er behielt eine kleine Tür jenseits der Tanzfläche im Auge.
Mike schob ihr sein Glas hin. »Nimm das. Ich bestelle mir ein anderes.«
Sie nahm sein Glas und trank.
»Was ist?« fragte Mike zu Ross gewandt.
»Ich warte«, antwortete Ross. »Der Kellner hat gesagt, er würde nachfragen und mir dann Bescheid geben.«
Marja war verwirrt. »Worüber wollte er dir Bescheid geben?« fragte sie. »Ich dachte, wir sind hergekommen, um zu tanzen.«
Ross sah sie an. Es war fast so, als sei sie für ihn eine Fremde. Er schien sie überhaupt nicht zu sehen. »Erklär es ihr, Mike«, bat er. Mike fühlte Ärger in sich aufsteigen. Ross blieb immer der gleiche. Das Unangenehme überließ er anderen. »Erklär es selber«, erwiderte er.
Ross musterte die beiden. »Was ist denn mit euch los?« fragte er.
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