Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Moralisten

Titel: Die Moralisten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
Vom Netzwerk:
einen Augenblick an. »Wenn du es möchtest.« Dann eilte sie aus dem Haus.
    Langsam stieg sie die Treppe hinauf bis zu ihrer Tür. Sie verstand sich selber nicht. Die Jungen waren alle gleich. Für sie waren sie ein Spiel. Etwas Unpersönliches, wie die Würfel, mit denen sie auf den Stufen vor dem Haus gespielt hatte, oder wie das Himmel-und-Hölle-Spiel. Auch dieses Spiel machte ihr Spaß, und es verlieh ihr ein seltsames Gefühl der Macht, der Stärke und der Überlegenheit. Heute aber war es anders gewesen. Mike unterschied sich von den anderen. Aber sie wußte nicht, warum.
    Aus der Toilette auf dem Hausflur drangen würgende Laute. Sie blickte zur geschlossenen Tür und fragte sich, wem da wohl schlecht sei. Das war eins von den Dingen, die sie so sehr verabscheute.
    Die Toilettentür wurde geöffnet, und ihr Stiefvater trat heraus. Er sah sie vor der Küchentür stehen. »Hol ein Glas Wasser«, rief er, »deiner Mutter ist schlecht!«
    Rasch füllte sie ein Glas am Spültisch und lief auf den Flur zurück. Die Toilettentür stand nun offen. Sie sah ihre Mutter kraftlos an der Wand lehnen. Ihr Stiefvater stützte sie.
    Er nahm Marja das Glas aus der Hand und hielt es an Kattis Lippen. Katti spülte sich rasch den Mund, spuckte ins Becken und trank gierig den Rest des Wassers.
    Da erst begann Marja zu sprechen. »Was ist mit dir, Mama?« Katti schüttelte schwach den Kopf. »Nichts weiter. Mir war nur plötzlich übel.«
    »Aber ...« Marja war verwirrt. Ihrer Mutter war sonst niemals übel. Nur damals - bevor Peter geboren wurde. Eine jähe Furcht stieg in ihr auf. Fragend sah sie ihre Mutter an. Das konnte es doch nicht wieder sein. Der Arzt hatte gesagt, sie sollte kein Kind mehr bekommen. »Mama, fehlt dir etwas?«
    Katti schüttelte den Kopf. Sie wollte etwas sagen, aber ihr Mann kam ihr zuvor.
    »Natürlich fehlt ihr nichts«, erwiderte er grob. »Es hat doch nichts zu bedeuten, wenn einer schwangeren Frau übel wird.« Ungläubig starrte Marja ihre Mutter an. »Nein, Mama, das kann doch nicht sein«, stieß sie mit erschreckter, abwehrender Stimme hervor. »Der Arzt hat doch gesagt, es sei zu gefährlich.« Katti versuchte zu lächeln. »Alles kann man ihnen auch nicht glauben. Sie machen einem immer ein bißchen Angst.«
    Peter dehnte stolz die Brust. »Es wird wieder ein Junge sein«, erklärte er selbstbewußt. »Ich weiß es.«
    Marja sah ihn abweisend an. »Du hast dir wohl alles genau ausgerechnet?«
    Er nickte lächelnd. »Und ob.«
    »Wenn du gerade am Rechnen bist, dann überleg dir doch auch mal, wie wir leben sollen, wenn Mama nicht mehr arbeiten kann«, fuhr sie ihn an.
    Verblüfft sah er sie an.
    »Und rechne dir auch gleich aus, wer dir dann dein Bier verschafft, denn ich werd’s bestimmt nicht sein.« Sie wandte sich um und lief die Treppe hinunter.
    »Marja!« rief Katti. Aber es war schon zu spät. Marja war bereitsnicht mehr zu sehen. Katti hörte nur noch ihre Schritte weiter unten auf der Treppe.
    Einen Augenblick lang sah sie ihren Mann an, wandte sich dann um und ging in die Wohnung zurück. Ein Schmerz durchzuckte sie, und sie fühlte sich schwach. Sie mußte sich jetzt eine Weile hinlegen. Vielleicht würde es ihr danach besser gehen. Vielleicht würde dann auch die Niedergeschlagenheit von ihr weichen. Pater Janowicz hatte recht.
    Sie hätte den Mut aufbringen sollen, es Marja selber zu sagen. Es war ihre eigene Schuld. Vielleicht hätte Marja dann alles verstanden.

12
    »Im hinteren Zimmer bei Joker wird gespielt«, sagte Ross. Mike blickte auf. Ein ihm bekannter Ausdruck lag in den Augen seines Freundes - ein Flackern der Erregung. »Na und?« fragte Mike.
    »Ich würde ganz gern mitmachen«, erklärte Ross.
    Mike erhob sich und blickte auf Ross hinab. »Du weißt doch, was dein Alter gesagt hat. Wenn du wieder in eine krumme Sache hineingerätst, schickt er dich den Sommer über aufs Land.« »Ich komme schon in keine krummen Sachen hinein«, widersprach Ross. »Ich will bloß ein bißchen Abwechslung, das ist alles.«
    Mike zuckte die Achseln. »Das hast du das letztemal auch gesagt. Dein Vater hat nicht schlecht getobt, als er dich dann aus dem Polizeirevier herausholen mußte.«
    »Er wird es nicht erfahren«, antwortete Ross und dachte daran, wie er mit einer Bande geschnappt wurde, die hinter einer Werkstatt Würfelspiele veranstaltete. »Joker hat mir gesagt, er hat Beziehungen.«
    »Wie du willst«, meinte Mike und wandte sich ab. »Es ist deine Beerdigung!«
    »Ich

Weitere Kostenlose Bücher