Die Moralisten
Sie antworteten nicht.
Er sah Marja an. »Ich bin hergekommen, um ein bißchen zu spielen. Joker hat doch neulich davon erzählt.«
Marja erhob sich. »Warum, zum Teufel, hast du mich dann aufgefordert, mit dir tanzen zu gehen?« fragte sie. »Warum hast du das nicht gleich gesagt?« Sie wandte sich zum Gehen. Ross ergriff ihren Arm. »Ich wollte dich als Glücksbringer mit dabei haben«, erklärte er mit einem Lächeln. »Ich habe das Gefühl, du bringst mir Glück.«
Sie blickte auf ihn hinab. »Und was hat Mike dabei zu tun?« fragte sie lauernd. »Hast du ihn mitgebracht, damit er auf mich aufpaßt?« »Natürlich«, sagte Ross und lächelte noch immer. »Glaubst du, ich gehe bei all den Gaunern, die hier herumlaufen, ein Risiko ein? Mike ist mein Freund. Ich weiß, daß ich mich auf ihn verlassen kann.«
Mike sah erst sie und dann über den Tisch hinweg Ross an. Langsam erschien ein Lächeln auf seinem Gesicht. »Da würde ich nicht so sicher sein, Ross«, meinte er.
Ross’ Augen wurden kalt. »Was willst du damit sagen?«
Mike wandte seine Augen nicht von Marjas Gesicht ab. »Wie du sagst, Ross, sie ist ein Haupttreffer.«
Auch Marja mußte nun lächeln und setzte sich wieder. »Gut, ihr Männer«, rief sie, und ein Lachen klang in ihrer Stimme auf. »Ihr könnt um mich kämpfen!«
Sie brachen alle drei in ein unbändiges, fröhliches Lachen aus.
Kleine Schweißtropfen standen auf Ross’ Stirn, als er nach den Würfeln griff. Er wandte sich Marja zu und hielt sie ihr hin. »Blas drauf, damit sie mir Glück bringen.«
Marja spitzte die Lippen und blies in seine geöffnete Hand.
»Halt dich ran«, sagte sie und blickte auf den Geldhaufen vor Ross, der immer kleiner wurde. Er hatte bisher nicht allzu viel Glück gehabt. Sie nahm an, daß er etwa vierzig Dollar verloren hatte.
»Blas fester«, raunte er mit erregter, belegter Stimme und hielt seine geschlossenen Hände dicht an ihre Lippen.
Sie holte tief Atem und blies in seine Hände. Sie sah, wie seine Finger mit den Würfeln herumhantierten. Sie öffneten sich ein wenig, und ihr blieb der Atem in der Kehle stecken. Mit weiten Augen starrte sie in sein Gesicht.
Den Bruchteil einer Sekunde lang waren seine Augen kalt, dann lächelte er. Er wußte, daß sie es gesehen hatte. »Danke, Baby«, sagte er und trat wieder an den Tisch.
Ganz still stand sie da, und ihre Blicke wanderten am Tisch herum. Es war unwahrscheinlich, daß kein anderer es bemerkt hatte.
Dann verstand sie. Ross war gerissen. Die anderen hatten sie beobachtet.
Ross’ Stimme klang scharf. »Los, würfeln wir!« Die Würfel kullerten über das grüne Tuch und sprangen vom Rand wieder zurück. Sie drehten sich, wirbelten herum und blieben schließlich liegen. Eine Sieben! Ross zog das Geld zu sich heran und legte die Würfel in die andere Hand. Wieder schüttelte er sie.
Er blickte den Tisch entlang. »Jetzt bin ich in Fahrt«, frohlockte er. »Werft euer Geld auf den Tisch, bevor meine Glückssträhne vorbei ist.«
Er machte seinen Einsatz. Sie trat vom Tisch zurück und ging auf Mike zu, der an der Wand lehnte und die anderen beobachtete. Er lächelte, als sie sich ihm näherte. »Diesmal hat es geklappt.« Ihr Gesicht war ausdruckslos. Aber er hatte nicht bemerkt, daß Ross die Würfel vertauscht hatte. »Ich habe genug. Ich möchte jetzt gehen«, sagte sie.
»Aber Ross ist doch noch nicht fertig«, erwiderte er überrascht. »Das ist mir egal«, entgegnete sie. »Ich möchte gehen.« »Ich sage Ross Bescheid.«
Ihre Hand hielt ihn zurück. »Nein. Laß ihn allein.«
Sie blickte zum Tisch hinüber. Ross hatte wieder eine Sieben gewürfelt. Er sah erregt und glücklich aus. »Er hat alles, weswegen er hergekommen ist.«
Mike blickte ihr ins Gesicht. »Was ist los?« fragte er.
»Nichts. Ich möchte nur gehen.«
»Gut.« Er nahm ihren Arm. »Wir gehen, Ross«, rief er.
Ross winkte ihm mit der Hand zu. Es war fraglich, ob er überhaupt verstanden hatte, was Mike gesagt hatte. Wieder schüttelte er die Würfel.
Die Kapelle spielte, als sie durch den Tanzsaal gingen. »Tanzen?« fragte Mike. Sie bewegte verneinend den Kopf und ging weiter. Ein Mann versperrte ihr den Weg. »Hallo, Baby!«
Ohne aufzublicken, wollte sie um ihn herumgehen, aber er trat einen Schritt zur Seite. »Läßt du deinen Freund im Stich?« fragte er.
Sie sah Joker Martin an. Ihre Augen waren abweisend. »Ich bin müde und ich gehe«, erklärte sie.
Das Lächeln schwand von Martins Lippen. Er sah
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