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Die Moralisten

Titel: Die Moralisten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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wären diese Leute enttäuscht, wenn ich es nicht täte. Es ist zu einer allwöchentlichen Gewohnheit geworden.«
    »Wollen Sie damit sagen, daß es jede Woche so ist?«
    Er nickte. »New York wäre nicht mehr dieselbe Stadt ohne das mitternächtliche Zusammensein am Dienstag bei Jack Ostere.«
    In seiner Stimme klang ein gewisser Stolz mit.
    Sie schüttelte den Kopf, denn sie verstand nicht, welchen Unterschied es ausmachte, ob nun jemand kam oder nicht. »Es ist Zeit, daß ich gehe, Mr. Ostere«, sagte sie und verfiel erneut in ihre anfängliche Förmlichkeit.
    Er sah sie an, und sie hatte den Eindruck, daß eine unausgesprochene Bitte in seinen Augen lag. »Müssen Sie wirklich gehen?« fragte er mit gespielter Harmlosigkeit. »Ich habe doch hier soviel Platz.«
    Ihre Augen waren abweisend. »Ich muß gehen, Mr. Ostere. Mein Vater erwartet mich.«
    Er sprang auf. »Selbstverständlich«, rief er. »Ich hätte daran denken müssen.« Er holte einen Geldschein aus seiner Tasche und drückte ihn ihr in die Hand.
    Sie sah ihn nicht an. »Ich danke Ihnen vielmals, Mr. Ostere«, sagte sie und streckte ihre Hand aus. »Ich habe mich sehr gut amüsiert.«
    Er nahm ihre Hand. »Es hat mir große Freude gemacht, Sie hier zu haben, meine Kleine. Ich hoffe, Sie kommen wieder. Vielleicht nächste Woche.«
    Sie zögerte. »Das kann ich nicht versprechen. Ich muß das erst mit Mr. Martin ausmachen.«
    Er lächelte, als er sie zur Tür begleitete. »Wegen Joker brauchen Sie sich keine Sorgen zu machen. Ich werde mit ihm reden.«
    »Gute Nacht, Mr. Ostere.«
    »Gute Nacht, Marja.«
    Die Tür des Fahrstuhls glitt zurück, und sie stieg ein. Sie winkte Ostere zu, der noch immer im Eingang der Wohnung stand. Die Tür des Fahrstuhls schloß sich. Da erst warf sie einen Blick auf den Schein, den sie noch immer fest in der linken Hand hielt.
    Sie stieß einen Laut der Überraschung aus. Es waren zwanzig Dollar - soviel, wie sie in einer ganzen Woche verdiente. Rasch ließ sie ihn in ihre Handtasche gleiten und fragte sich dabei, ob er sich geirrt hatte.
    Das Gesicht des Pförtners wirkte überrascht, als sie aus dem Haus trat. »Taxi?« fragte er.
    Sie sah ihn einen Augenblick an. Dann zuckte sie die Achseln. Warum nicht? Sie hatte es ja.
    18
    Es war halb vier, als das Taxi vor ihrer Tür hielt. Sie stieg aus und lief die Stufen hinauf.
    »Marja!« Eine Gestalt trat aus der Dunkelheit in der Nähe des Eingangs.
    »Mike! Was tust du denn hier?«
    »Ich habe auf dich gewartet und mir Sorgen gemacht. Ist alles in Ordnung?« Er sah übermüdet aus, und seine Stimme klang unglücklich.
    Sie zündete sich eine Zigarette an. Das Streichholz flammte auf und beleuchtete kurz ihr Gesicht. Dann antwortete sie: »Alles in Ordnung.«
    »Ich habe bis halb eins vor dem Golden Glow gewartet«, erklärte er, und seine Stimme wurde noch unglücklicher. »Dann habe ich drinnen gefragt, und man hat mir gesagt, du wärst schon früher weggegangen. Darauf kam ich hierher, weil ich dachte, es fehlt dir vielleicht etwas. Aber dein Vater sagte mir, du wärst noch nicht nach Hause gekommen.«
    »Du hättest nicht zu warten brauchen«, erwiderte sie rasch. »Ich war auf einer Party.«
    »Bei wem?«
    »Bei Jack Ostere«, antwortete sie, ohne zu zögern. »Du kennst ihn nicht«, fügte sie hinzu.
    »Wieso?«
    »Joker hat mich gebeten hinzugehen.«
    »Mir gefällt das nicht.« Seine Stimme klang traurig.
    »Warum denn nicht?« Ihre Stimme verriet Gereiztheit.
    »Mir gefällt es einfach nicht, daß du so etwas machst«, erklärte er. »Er hat nicht das Recht, dich zu solchen Sachen zu schicken.« Jetzt war sie zornig. »Niemand hat dich nach deiner Ansicht gefragt«, fuhr sie ihn an.
    »Du hättest nicht gehen sollen.« Seine Stimme klang eigensinnig. »Wenn du mir nicht dauernd nachspionieren würdest«, rief sie wütend, »hättest du es niemals erfahren.«
    »Ich spioniere dir nicht nach, Marja«, sagte er mit leiser, verletzter Stimme. »Ich hatte nur Angst, es könnte dir etwas zugestoßen sein.« Ihre Stimme war kalt. »Da du dich jetzt davon überzeugt hast, daß mir nichts fehlt, kannst du nach Hause gehen. Du fängst an, mich zu langweilen!« Sie lief die Stufen hinauf in den Hausflur. Er blieb auf der Straße stehen und blickte ihr nach.
    Er stand ganz still. Dann wandte er sich traurig um und ging nach Hause. Es gab Augenblicke, in denen er das Gefühl hatte, sie überhaupt nicht zu kennen.
    Peter saß am Tisch, die unvermeidliche Büchse Bier vor sich. Er

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