Die Moralisten
den Badeanzug.
Der Kaffee sprudelte auf. Sie goß sich eine Tasse ein, setzte sich hin und dachte nach. Automatisch griff sie nach dem Päckchen Zigaretten, das immer auf dem Tisch lag. Sogar das war verschwunden. Sie ging in ihr Schlafzimmer und holte sich das Päckchen aus ihrer Handtasche.
An der Tür wurde geklopft. Sie öffnete. Der Hauswirt stand draußen. »Bitte?« fragte sie.
Er war ein untersetzter, dicker Mann, der sie nun unter seinen buschigen Augenbrauen hervor ansah. »Ihre Freunde sind abgereist«, sagte er.
Sie blieb in der Tür stehen. »Ja.«
Er machte eine Bewegung, als wollte er in die Wohnung eintreten, aber sie versperrte ihm den Weg. »Die beiden haben mir gesagt, Sie würden die Miete zahlen«, erklärte er und versuchte dabei, ihr über die Schulter zu blicken und zu sehen, was noch in der Wohnung zurückgeblieben war.
»Wieviel schulden sie Ihnen?«
»Für drei Wochen«, antwortete er, und seine Blicke wichen den ihren aus. »Neunzig Dollar.«
Sie wußte nicht genau, ob er log. Wenn er die Wahrheit sprach, so hatte sich Joe ihren Anteil an der Miete in die Tasche gesteckt. »Mir hat er gesagt, er hätte bis zur letzten Woche alles bezahlt«, sagte sie. Er sah sie lauernd an.
»Haben Sie die Quittungen?«
»Sie müssen irgendwo hier sein«, antwortete sie.
Er wußte, daß sie sie nicht hatte. Als er mitten in der Nacht den Motor hatte anspringen hören, war er aus seinem Zimmer hinausgestürzt. Selbst wenn er schlief, lauschte er mit einem Ohr auf seine Mieter. So mußte man sein, wenn man möblierte Wohnungen vermietete und nicht eines Tages ohne Hemd dastehen wollte. Immer gab es den einen oder anderen, der versuchte, einen um die Miete zu prellen.
Der Mann und das Mädchen schoben ihre Koffer in den Wagen. »Hallo!« rief er sie an. »Wohin fahren Sie?«
Der Mann wandte sich um. »Wir reisen ab.«
»Was ist mit meiner Miete?« fragte er.
»Die Miete ist Ihnen sicher«, erwiderte der Mann. »Die Blonde bleibt da. Sie kommt nicht mit.«
»Woher soll ich wissen, ob sie genug Geld hat?« fragte er.
Der Mann streifte seine Freundin mit einem raschen Blick, ergriff dann den Wirt beim Arm und führte ihn hinter den Wagen, wo sie nichts mit anhören konnte. »Die hat Geld genug«, flüsterte er ihm zu. »Sie können ihr auch noch das Geld für die anderen Wochen abnehmen, nicht nur für diese.«
Unbewußt senkte der Hauswirt die Stimme. »Aber Sie haben doch die Quittungen.«
Der Mann lachte leise auf und holte ein paar Scheine aus seiner Tasche. »Jetzt haben Sie sie wieder.«
Der Wirt blickte auf die Scheine. Es waren die Quittungen für die letzten Wochen.
Wieder lachte der Mann auf. »Ich muß abhauen. Sie wissen doch, wie die Weiber sind. Mein Mädchen ist eifersüchtig, und die Blonde läßt mir keine Ruhe.« Er sah den Hauswirt an, als wäre ihm plötzlich ein Gedanke gekommen. »Sie können mit ihr sogar ...«
Der Hauswirt spürte, wie sein Mund trocken wurde. Er hatte sie in ihrem Badeanzug zum Wagen hinuntergehen sehen.
»Meinen Sie?« fragte er.
Der Mann nickte: »Ganz klar.«
Unschlüssig war der Hauswirt stehengeblieben. Tatsächlich war die Miete nur für zwei Tage nicht bezahlt. »Wie soll ich das wissen?«
Der Mann legte ihm seine Hand vertraulich auf die Schulter. »Es kann gar nicht schiefgehen.«
Der Hauswirt tat einen tiefen Atemzug.
»Na gut«, sagte er und trat zurück. »Ich nehme das Risiko auf mich.«
Er blickte dem in der Nacht verschwindenden Wagen nach und kehrte in sein Zimmer zurück. Selbst wenn der Mann sich irrte, konnte ihm nichts Schlimmeres passieren, als daß er ein paar zusätzliche Dollar kassierte ...
Er stellte seinen Fuß auf die Schwelle. »Hören Sie zu«, erklärte er energisch, »die Miete ist nicht bezahlt worden. Und ich verlange mein Geld.«
Mary blickte auf seine Füße und dann in sein Gesicht. »Sie können es von mir nicht bekommen«, erklärte sie. »Zuerst muß ich auf die Bank und es mir holen.«
Er schüttelte den Kopf. »Die Tricks kenne ich. Sie verduften, und ich stehe im Hemd da. Ich will es jetzt haben.«
»Aber ich habe es doch nicht hier!«
»Sie haben es«, erwiderte er und ließ seinen Blick anzüglich über sie hingleiten. »Sie haben alles, was Sie brauchen.«
Sie mußte lächeln. Sie hatte sogleich begriffen. »Einverstanden«, sagte sie. »Aber ich brauche etwas Zeit, um mich fertigzumachen. Ich möchte erst baden und .«
Er streckte eine Hand nach ihr aus. Er fühlte die feste Rundung ihrer
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