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Die Moralisten

Titel: Die Moralisten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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nach, wie er zum Haus hinaufstieg, dann streckte sie sich auf dem Sand aus und schloß die Augen. Eine seltsame Art, eine Frau kennenlernen zu wollen - einen Diener zu ihr zu schicken. Sie fragte sich, wie Mr. Paynter wohl aussehen mochte. Wahrscheinlich ein alter Bock, der mit einem Fuß schon im Grab stand. Sie hatte ihn ordentlich zurechtgewiesen, fand sie. Sie schlummerte für ein paar Minuten ein und machte sich dann zum Weggehen fertig.
    Sie hatte bereits ihre Tasche gepackt und ging auf den Wagen zu, als sie hinter sich Schritte im Sand vernahm. Sie drehte sich um.
    Ein junger Mann kam auf sie zu. Er trug weiße Leinenhosen und ein weißes Trikothemd. Er hatte hellbraunes, vom Seewind zerzaustes Haar. »Miß!« rief er. »Miß!«
    Sie wartete auf ihn. Er war groß, und seine Augen waren hellblau. Sein Gesicht wirkte ein wenig grob. Um die Augen und um den Mund hatte er viele Falten, die auf ein ausschweifendes Leben hindeuteten.
    »Ich hatte schon befürchtet, Sie wären nicht mehr da, wenn ich komme.« Seine Stimme keuchte nach dieser ungewohnten Anstrengung. »Aber ich mußte mich erst anziehen.«
    Sie sagte nichts.
    Plötzlich lächelte er. »Mein Gott, bin ich schlecht in Form! Ich komme kaum zu Atem. Darf ich mich vorstellen: Mein Name ist Gordon Paynter.«
    Er beobachtete sie. Nichts verriet, daß ihr dieser Name etwas sagte. Noch immer antwortete sie nicht.
    »Ich habe Sie schon oft schwimmen sehen. Im allgemeinen kommen die Leute nicht so weit heraus. Hier ist es zu einsam.« Er atmete nun leichter.
    Ihre Stimme war leise. »Deswegen gefällt es mir hier. Ich möchte nicht von anderen Leuten belästigt werden.«
    »Entschuldigen Sie«, erwiderte er. »Es war nicht meine Absicht, Sie zu belästigen. Ich hatte nur gedacht, es wäre nett, wenn ...« »Danke, Mr. Paynter«, erwiderte sie rasch. »Es war nett von Ihnen. Vielleicht ein anderes Mal.« Sie wandte sich ab.
    »Darf ich Sie bis zu Ihrem Wagen begleiten?« fragte er. »Bestimmt habe ich Sie schon irgendwo einmal gesehen. War es vielleicht auf der Party des Senators?«
    Sie streifte ihn mit einem raschen Blick. Sein Gesicht war offen und arglos. Er gehörte nicht zu dem Typ von Männern, die zu solchen Partys gingen. Er suchte einfach nur nach einem Anknüpfungspunkt. Sie mußte lächeln. »Ich glaube nicht, daß wir einander schon begegnet sind, Mr. Paynter.«
    »Sind Sie sicher, Miß ... Miß ...?«
    Sie erwiderte nichts. Als sie zum Wagen gelangten, warf sie ihre Tasche auf den hinteren Sitz und stieg ein.
    »Sie sind aus New York«, sagte er nach einem Blick auf das Nummernschild. »Ich auch. Vielleicht sind wir uns dort einmal ...« »Nein, Mr. Paynter.« Sie ließ den Motor an. »Ich bin ganz sicher, daß wir uns noch nie begegnet sind.«
    »Hören Sie, Miß ... Miß .« Er gab es auf, darauf zu warten, daß sie ihm ihren Namen nannte. »Ich hoffe nur, ich habe Sie nicht von diesem Strand vertrieben.«
    »Bestimmt nicht«, entgegnete sie rasch. »Mir gefällt es hier gut.« »Vielleicht kommen Sie morgen zum Essen?« fragte er ermutigt.
    Der Motor heulte auf. »Vielleicht«, rief sie lachend. »Warum fragen Sie mich nicht morgen, Mr. Paynter?« Der Wagen fuhr davon.
    Er stand am Straßenrand, blickte ihr nach und kratzte sich den Kopf. Seltsames Mädchen. Sie machte nicht den Eindruck, als hätte sie jemals von ihm gehört. Er fragte sich, ob sie vielleicht nur so tat. Er schüttelte den Kopf, während er sich auf den Weg nach Hause machte. Vielleicht würde er es morgen herausfinden.
    Als sie am nächsten Morgen an den Strand kam, traute sie ihren Augen nicht. Auf dem Sand erblickte sie einen Tisch, der von einem Schirm überschattet und mit allen möglichen Speisen bedeckt war. Neben ihm stand Gordon Paynter.
    Er lächelte. »Sie haben sich zehn Minuten verspätet.«
    »Ich .« Sie konnte nicht sprechen.
    »Ich wollte kein Risiko eingehen und habe Tom hier unten für uns decken lassen«, erklärte er.
    »Ich habe den Eindruck, daß Sie sich ganz umsonst sehr viel Mühe machen, Mr. Paynter«, antwortete sie.
    »Das glaube ich nicht, Miß Namenlos«, erwiderte er.
    »Wie haben Sie mich eben genannt?«
    »Miß Namenlos«, antwortete er rasch. »Das gefällt mir irgendwie. Das macht Sie sehr geheimnisvoll.«
    Ein leichtes Lächeln glitt über ihr Gesicht. »Ich glaube nicht, daß ich sehr geheimnisvoll bin.«
    »In Miami ist jedes Mädchen ohne Namen geheimnisvoll.« Er drehte sich zum Tisch herum. »Ich hoffe, Sie mögen Krabben. Tom macht den

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