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Die Moralisten

Titel: Die Moralisten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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glaube, wir beide haben uns in Sie verliebt.«
    Langsam stellte sie das Glas wieder auf den Tisch. »Sagen Sie das nicht«, bat sie. »Sagen Sie es nicht, wenn Sie nur scherzen.«
    10
    »Kaffee und Kognak draußen auf der Terrasse«, sagte Gordon und schob seinen Stuhl vom Tisch zurück.
    Tom hielt Marys Stuhl, während sie aufstand. »Es hat großartig geschmeckt, Tom.« Sie lächelte. »Niemals zuvor habe ich soviel gegessen.«
    Der Alte lächelte sie an. »Sie haben gewiß einen mächtigen Appetit, Miß. Sie essen, wie ein Mensch essen sollte.«
    »Daran sind Sie schuld, Tom. Einem solchen Essen kann niemand widerstehen.«
    »Danke, Ma’am.« Er verneigte sich und lächelte.
    Gordon hielt ihr die Tür auf, und sie trat in die Nacht hinaus. Der Himmel war klar. Eine sanfte, kühlende Brise wehte vom Ozean aufs Land zu.
    Sie atmete tief. »Das ist wie im Paradies«, sagte sie.
    Er lächelte. »Nicht so einfach wie im Paradies, aber es ist mein Zuhause.«
    Sie wandte sich ihm rasch zu. »Laden Sie jeden so in Ihr Haus ein, Gordon?«
    Er war verwundert.
    »Wie meinen Sie das?«
    »Ich meine, ohne ihn wirklich zu kennen? Denn nach dem wenigen, was Sie von mir wissen, könnte ich es doch ebensogut auf Sie abgesehen haben. Das könnte für Sie Unannehmlichkeiten bedeuten.« Ihr Gesicht war ernst.
    »Unannehmlichkeiten dieser Art gefallen mir. Können Sie es nicht auf mich absehen?«
    »Ich meine es ernst, Gordon«, fuhr sie hartnäckig fort. »Sie sind reich und sehr bekannt. Das könnte jemand ausnützen.«
    »Wenn es nur so wäre«, erwiderte er noch immer lachend. »Das würde mir die Mühe ersparen, die anderen auszunützen.«
    Sie trat ans Geländer. Das Mondlicht spielte tief unten auf dem Wasser. »Es ist sinnlos, mit Ihnen zu reden.«
    Er legte seinen Arm um ihre Schultern und drehte sie zu sich herum. Sein Mund lächelte, aber seine Augen waren ernst. »Sprechen Sie weiter. Es ist so schön, jemanden zu haben, der sich zur Abwechslung einmal Sorgen um mich macht. Für gewöhnlich sind alle nur hinter mir her und wollen etwas von mir.«
    Sie blickte ihm in die Augen. »Sie sind ein netter Mann. Ich verlange nichts von Ihnen.«
    »Das weiß ich«, antwortete er. »Wäre es der Fall, dann wären Sie zurückgekommen.« Sie antwortete ihm nicht.
    »Sie sind seit langer Zeit der erste Mensch, der darauf pfeift, daß ich Gordon Paynter bin.«
    »Ich mag Sie«, sagte sie. »Sie sind anständig.«
    Er ließ die Hände fallen. »Die berühmten letzten Worte. Gerade in dem Augenblick, in dem ich versuchen wollte, etwas von Ihnen zu bekommen, haben Sie mir den Wind aus den Segeln genommen.«
    Sie lächelte ihn an. »Verlieren Sie nicht den Mut. Vom Ozean her wehte ein frischer Wind.«
    Sie stellte ihre Tasse hin. »Sie trinken entsetzlich viel«, sagte sie. »Warum?«
    Er setzte sein viertes Glas Kognak ab und sah sie an. »Es schmeckt mir«, antwortete er. Er begann nun die Wirkung des Alkohols zu spüren, und es fiel ihm nicht mehr ganz leicht, die einzelnen Wörter zu formulieren. »Außerdem habe ich nichts anderes zu tun.« »Nichts?« fragte sie verwundert.
    »Nichts«, erwiderte er niedergeschlagen. »Von Geschäften halte ich mich fern, denn jedesmal, wenn ich etwas unternehme, verliere ich
    Geld. Da habe ich es schließlich aufgegeben. Ich habe alles, was ich brauche, ohne zu arbeiten.«
    Sie sagte nichts.
    Er sah sie an. »Sie halten das für falsch, nicht wahr?« fragte er vorwurfsvoll. Sie schüttelte den Kopf.
    Er ergriff ihren Arm. »Das tun Sie doch im Grunde? Alle anderen denken auch so. Sie meinen, es ist schrecklich, daß ich nicht arbeite, während die halbe Menschheit hungert.«
    »Mir ist die übrige Menschheit verdammt gleichgültig«, erklärte sie. »Ich kümmere mich nur um mich selber.«
    Er ließ ihren Arm los. Er fühlte sich unglaublich traurig und einsam. »Aber mich bedrückt es«, erklärte er. »Ich finde es furchtbar.«
    Ihre Augen leuchteten in der Dunkelheit. »Warum tun Sie dann nichts dagegen?«
    »Man läßt mich nicht«, antwortete er. Er war sehr niedergeschlagen. »Meine Anwälte lassen mich nicht. Ich kann nicht einmal mein Geld verschenken, auch wenn ich es möchte. Sie würden mich daran hindern.«
    »Armer Gordon«, sagte sie und streichelte seine Hand. »Ja, armer Gordon«, stimmte er ihr bei.
    »Zu gern würde ich Sie bemitleiden«, fuhr sie fort.
    Er richtete sich jäh auf. Seine Augen waren plötzlich klar. »Was meinen Sie damit?«
    Sie lächelte ihn an. »Niemand hatte es

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