Die Moralisten
erweisen. Was wissen Sie über diese Mary Flood?«
Gordon spürte instinktiven Zorn gegen diesen Mann in sich aufsteigen. »Raus!« fuhr er ihn an und zeigte zur Tür.
Der Mann rührte sich nicht. »Sie sollten etwas mehr über sie wissen, wenn Sie die Absicht haben, sie zu heiraten.«
»Ich weiß alles, was ich zu wissen brauche«, entgegnete Gordon und ging drohend auf den Mann zu. »Machen Sie, daß Sie rauskommen!« Der Mann rutschte nervös auf seinem Sessel herum, griff in die Tasche und holte einige Papiere hervor. »Bevor Sie sich aufregen«, sagte er rasch, »sollten Sie sich lieber das hier mal ansehen.« Er drückte sie Gordon in die Hand.
Unwillkürlich warf Gordon einen Blick darauf. Es waren Fotografien. Zwei Mädchen. Nackt. Er fühlte sein Blut erstarren. Eine von den beiden war Mary. Er sah den Mann an, und seine Stimme bebte. »Wo haben Sie die her?«
Der Mann beantwortete seine Frage nicht. »Ihr richtiger Name ist Marja Fluudjincki. Sie wurde im vorigen Jahr aus einer Erziehungsanstalt in New York entlassen. Ich weiß, wo ich mir die Negative dieser Bilder verschaffen kann, wenn Sie sie haben wollen.«
Gordon preßte die Lippen zusammen. Erpressung. Er durchquerte das Zimmer und griff zum Telefon. »Polizeipräsidium«, sagte er zum Telefonfräulein.
Der Mann starrte ihn an. »Das bringt Sie auch nicht weiter«, sagte er. »Ich gebe Ihnen die Bilder aus Gefälligkeit. Sonst könnten sie in die Zeitungen kommen, und alle Welt würde über Sie lachen.«
Langsam legte Gordon den Hörer auf und sank auf einen Stuhl. Das hätte sie ihm sagen sollen. Das war unrecht von ihr. Er sah zu dem Mann auf. »Wie soll ich feststellen, daß es sich dabei nicht um Fälschungen handelt, um Fotomontage?« fragte er. Eine leise Hoffnung erwachte in ihm.
»Das will ich Ihnen beweisen«, antwortete der Mann. Er ging zur Tür und öffnete sie. »Evelyn!« rief er. »Komm herein!«
Einen Augenblick später trat ein Mädchen ins Zimmer. Sie hatte kurzes schwarzes Haar. Gordon betrachtete die Bilder. Sie war das Mädchen neben Mary.
»Erzähl Mr. Gordon die ganze Geschichte«, befahl der Mann. Das Mädchen sah ihn nervös an. »Aber, Joe ...«
Die Stimme des Mannes klang schroff.
»Los. Fang schon an. Wir sind doch schließlich nicht umsonst die ganze Nacht durch von New Orleans hierhergefahren. Pack aus!«
Das Mädchen sah Gordon an. »Ich habe Marja in der GeyerErziehungsanstalt für Mädchen kennengelernt. Wir haben eine Nummer einstudiert und sind hierhergekommen. Wir sind in geschlossenen Herrengesellschaften, in Nachtlokalen und bei Partys aufgetreten. Als die Polizei Wind bekam, haben Joe und ich die Stadt verlassen. Mary ist hier geblieben. Dann haben wir gehört, daß .« Gordon sprang auf und durchquerte rasch den Raum. Die Stimme versagte ihr, als sie ihn ansah. Er öffnete die Hausbar und nahm eine Flasche Whisky heraus. Er goß sich ein Glas ein und wandte sich ihnen wieder zu. Ein scharfer, nagender Schmerz plagte ihn. »Wie wär’s mit einem Whisky?« fragte er. »Hätten nichts dagegen«, antwortete der Mann. Er stieß ein gekünsteltes Lachen aus. »Nicht wahr, Evelyn?«
12
Vor dem Haus stieg sie aus dem Autobus. Sie ging zur Tür und klingelte. Gordon öffnete ihr.
Beim Eintreten schlug ihr sein Whisky-Atem entgegen. Sie wandte sich sogleich zu ihm um. »Du hast getrunken«, sagte sie vorwurfsvoll. »Du hast mir doch versprochen, es nicht mehr zu tun!« Er lachte nervös auf. »Ich feiere gerade, meine Liebe. Nicht jeden Tag kommen einen alte Freunde besuchen.«
»Alte Freunde?« fragte sie.
Er nickte und ging vor ihr in das Wohnzimmer. In jähem Entsetzen blieb sie an der Tür wie angewurzelt stehen. Nur mit Büstenhalter und Höschen bekleidet, lag Evelyn auf der Couch ausgestreckt. Ihre übrigen Sachen waren im ganzen Zimmer verstreut. Offensichtlich betrunken winkte sie Mary zu.
Joe kam auf sie zu gewankt. »Meine liebe, gute Mary!« rief er. »Haste nich’n Kuß für deinen alten Joe?« Plötzlich begann er zu singen: »Und als die Braut das Haus betrat ... und als die Braut das Haus betrat...«
»Was habt ihr hier zu suchen?« fragte sie. Ihre Augen blitzten vor Zorn.
Joe lachte auf. »Wir sind nur da, um mit unserer lieben Freundin Hochzeit zu feiern. Das ist alles, meine Süße!«
Sie wandte sich an Gordon. »Seit wann sind die da?«
»Seit nachmittag.« Er bemühte sich, seinen Blick auf sie zu konzentrieren, aber der Schmerz in seinem Kopf war zu heftig.
Er mußte
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