Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Moralisten

Titel: Die Moralisten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
Vom Netzwerk:
»Ich werde dich nicht lange aufhalten.«
    »Jaja.«
    Wieder lachte Ross auf. »Muß ja ein tolles Kind sein. Ich habe dich noch nie einer Frau wegen so wimmern hören.«
    »Ich glaube, es gibt keine zweite wie sie auf der ganzen Welt«, erklärte Vito. »Sie ist zur Frau geboren.«
    »Die muß ich sehen«, rief Ross. »Bring sie doch mit, vorausgesetzt, daß sie den Mund halten kann.«
    »Gut«, antwortete Vito. »Um acht Uhr sind wir bei dir.«
    »Nein«, meinte Ross, »sagen wir lieber um halb neun im Shelton-Club. Ich bringe auch ein Mädchen mit. Wenn uns dann jemand zusammen sieht, wirkt die Sache ganz harmlos.«
    »Einverstanden«, sagte Vito. Er legte den Hörer auf. Ross war ein intelligenter Bursche. Manchmal etwas zu gescheit. Wieder griff er zum Telefon und wählte eine Nummer.
    Als sich auf der anderen Seite jemand meldete, sagte er: »Ich möchte Joker sprechen!« Joker hatte ganz recht. Vor vielen Jahren hatte er einmal gesagt, daß dieser junge Mann eine starke Hand brauche.
    3
    Das Taxi hielt vor einem älteren Haus im Westteil der 73. Straße. Er zahlte den Fahrer und ging die Stufen zum Haus hinauf. Das Licht am Eingang war trübe, und er mußte ein Streichholz anzünden, um ihren Namen zu finden. Maryann Flood. Er drückte auf den Knopf. Fast sogleich schnarrte der Türöffner. Er trat ein und stand in einem altmodischen Hausflur. Ihre Tür, an einem goldenen C zu erkennen, lag am Ende einer Treppe. Er wollte gerade anklopfen, als sie ihm schon öffnete.
    »Kommen Sie herein«, sagte sie lächelnd und trat zurück, um ihn einzulassen.
    Er ging hinein und nahm den Hut ab. Er war überrascht. Die Wohnung war geschmackvoll und einfach eingerichtet, aber dennoch hatte sie etwas Exotisches an sich. Es mochte an den dicken luxuriösen Teppichen liegen, an dem ungewöhnlichen Zierat an den Wänden - ein Säbel, ein altes Gewehr und eine neunschwänzige Geißel. Das Licht warf einen matten Schimmer auf Wände und Decke, die in einem bräunlichen Ton gehalten waren. Unter den Fenstern standen Regale, die mit Büchern und allen möglichen Kleinigkeiten gefüllt waren.
    »Ihr Mantel?« fragte sie noch immer lächelnd.
    »Ach ja - natürlich.« Er zog ihn aus.
    Sie nahm ihn ihm ab. »Auf dem Tisch dort stehen Eis und Whisky«, sagte sie. »Ich bin gleich fertig.«
    Er trat an den kleinen Tisch. Die Eisschale war aus massivem Silber. Daneben standen schwere Gläser und verschiedene Whiskysorten.
    »Sie leben nicht schlecht«, meinte er.
    Ihr gestepptes Hauskleid aus grünem Samt wirbelte herum, als sie sich umwandte und ihn ansah. »So muß es auch sein«, erwiderte sie ohne ein Lächeln. »Das ist der einzige Ausgleich, den mir mein Beruf bietet. Und da es keine Sicherheit dafür gibt, daß es immer so weitergehen wird, versuche ich die Gegenwart voll und ganz auszukosten.«
    Er schenkte sich ein Glas ein und trat an die Bücherregale. Sie enthielten Romane aus jüngster Zeit, gute und schlechte.
    »Haben Sie die alle gelesen?« fragte er neugierig.
    Sie nickte. »Für gewöhnlich habe ich den ganzen Tag für mich. Und irgendwie muß ich ihn ja totschlagen.«
    Er versuchte seinen Whisky. »Kann ich Ihnen einen Drink zurechtmachen?« fragte er.
    »Nein, danke«, erwiderte sie. »Den mache ich mir selber.«
    Sie goß etwas Crème de Cassis in ein Glas, tat ein paar Eiswürfel dazu und füllte mit etwas Mineralwasser nach. Sie hob ihr Glas. »Auf den gerissensten Anwalt von New York.«
    Er lächelte. »Ich danke Ihnen.« Auch er hob das Glas. »Auf die bezauberndste Mandantin, die ein Anwalt jemals zu vertreten das Glück hatte.«
    »Danke.« Sie setzte das Glas ab und ging ins Schlafzimmer hinüber. »Was soll ich anziehen? Wohin gehen wir?«
    Er folgte ihr bis zur Tür des Schlafzimmers und betrachtete sie. »Schick«, sagte er. »Wir gehen in den Shelton-Club. Ich muß mich dort mit einem Mandanten treffen.«
    Sie zog die Augenbrauen hoch. »In den Shelton-Club - das ist ja ganz groß.«
    »Für uns nur das Beste«, erklärte er strahlend.
    Sie schlüpfte aus ihrem Hauskleid und setzte sich an einen Toilettentisch. Es verschlug ihm fast den Atem, mit welch einer Selbstverständlichkeit sie es tat. Sie trug nichts weiter als einen trägerlosen Büstenhalter, Höschen und lange Seidenstrümpfe, die an einem schmalen Strumpfgürtel um ihre Hüften befestigt waren. Sie sah ihn schelmisch an. »Entschuldigen Sie die Arbeitskleidung.«
    Er hielt sich die Hand vor die Augen. »Ich komme gleich wieder zu mir«, sagte

Weitere Kostenlose Bücher