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Die Moralisten

Titel: Die Moralisten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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völlig ausdruckslosem Gesicht zum Richter hinauf. »Nur noch eine Frage, Mr. Russo. In welchem Zustand befand sich Ihr Fahrgast? War er betrunken?«
    »Betrunken wie ein Seemann«, erklärte der Fahrer rasch.
    »Das wäre alles, Mr. Russo, danke.« Vito blickte noch immer zum Richter auf. Er wartete, bis der Zeuge den Stand verlassen hatte. Ein leichtes Lächeln spielte um seine Lippen.
    Auch in den Augen des Richters war ein Anflug von Belustigung zu erkennen. Er nickte Vito leicht zu.
    Jetzt lächelte Vito ganz offen, »Ich beantrage, daß das Verfahren gegen meine Mandantin eingestellt wird, da kein Beweis für irgendeine verbrecherische Handlung ihrerseits vorliegt.«
    »Dem Antrag wird stattgegeben. Die Klage wird abgewiesen«, erklärte der Richter.
    »Ich danke Ihnen, Euer Ehren.« Vito wandte sich Maryann zu, nachdem der Richter die weiteren Verhandlungen vertagt hatte. Lächelnd streckte sie ihm die Hand hin. »Ich danke Ihnen, Hank.«
    Er grinste sie an. »Sie haben doch gesagt, ich sei der Beste. Deshalb habe ich nicht gewagt, Ihnen weniger zu bieten.«
    Sie erhob sich, und er half ihr in den Mantel. Aus dem Augenwinkel sah er, wie ein Mann Bell ein Schreibstück überreichte. Er lachte in sich hinein, als sie miteinander hinausgingen.
    Unterwegs drängte sich Bell an ihn heran. »Mr. Vito«, rief er erzürnt und fuchtelte mit dem Papier herum. »Was soll das bedeuten?«
    Ruhig antwortete Vito: »Was denn?«
    »Diese Klage gegen mich wegen falscher Anschuldigung. Wegen Verleumdung - Schädigung des Rufes Ihrer Mandantin. Zweihundertundfünfzigtausend Dollar!« Bells Stimme zitterte vor Zorn.
    Vito schob Maryann den Gang entlang vor sich her, während er antwortete: »Ich bin überzeugt, Mr. Bell, daß Sie das nächstemal, wenn Sie einen armen, unschuldigen Menschen anklagen, daran denken werden, daß es auch Gesetze zu seinem Schutz gibt.« Maryann lachte, als sie das Gericht verließen. »Sie hatten diese Klageschrift für ihn schon fertig! Und wenn wir nun verloren hätten?«
    Vito lächelte. »Wir konnten nicht verlieren.«
    »Konnten wir nicht?« fragte sie zweifelnd.
    Er beantwortete ihre Frage nicht.
    »Wollen wir heute abend nicht zusammen essen?« fragte er. Sie nickte.
    »Um wieviel Uhr?«
    »Holen Sie mich doch in meiner Wohnung ab. Um halb acht«, antwortete sie.
    »Gut. Ich muß jetzt in mein Büro zurück. Ich besorge Ihnen ein Taxi.« Er winkte, und ein Taxi hielt an. Er öffnete ihr die Tür. Sie stieg ein und sah ihn an. »Was wollten Sie damit sagen, daß wir nicht verlieren konnten? Hätten Sie diesen Taxifahrer nicht gefunden, hätte es für uns schlimm ausgehen können.«
    »Wer hat den Taxifahrer denn gefunden?« fragte er, ohne das Gesicht zu verziehen.
    »Wollen Sie damit sagen, daß Sie ...?« Sie unterbrach sich, und allmählich dämmerte das Verstehen in ihren Augen auf.
    Er lächelte sie an. »Bell war so betrunken, daß er sich unmöglich daran hätte erinnern können, wer ihn gefahren hatte. Es war ziemlich einfach, einen Mann des gleichen Unternehmens zu finden, der sich an mehr erinnerte als Bell selbst. Vor allem einen Mann, der in der Nacht arbeitet und bereit war, sich durch eine leichte
    Nachmittagsarbeit ein paar zusätzliche Dollar zu verdienen .«
    »Sie sind wirklich der Beste«, sagte sie lächelnd.
    Er schloß die Tür. »Also pünktlich um halb acht«, rief er und ging pfeifend davon.
    Er warf einen Blick auf seine Armbanduhr. Es war fast sechs Uhr. Er griff zum Telefon, und als sich seine Sekretärin meldete, sagte er: »Rufen Sie meinen Friseur an und sagen Sie ihm, er soll auf mich warten. In ein paar Minuten bin ich unten; er soll mich noch rasieren.«
    »Jawohl, Mr. Vito«, antwortete die Sekretärin. Er wollte schon den Hörer hinlegen, als sie fortfuhr: »Ich habe Mr. Drego hier in der Leitung.«
    »Ich habe ihn nicht angerufen.«
    »Er hat gerade angerufen, als Sie den Hörer abnahmen«, erklärte die Sekretärin.
    Vito drückte auf den Knopf. »Ja, Ross?«
    »Ich muß dich heute abend noch sprechen, Hank.« Ross’ Stimme klang ernst.
    »Kann es nicht warten, mein Junge?« fragte Vito. »Ich habe meine Alte dazu überredet, mir einen Abend freizugeben, und ich habe ein so hübsches Kind aufgetrieben. Zu jeder anderen Zeit.«
    »Es muß aber noch heute abend sein«, entgegnete Ross. »Ich soll nächste Woche nach Westen reisen. Aber vorher muß noch einiges geklärt werden.«
    »Ach, zum Teufel! Ich habe wirklich kein Glück!« rief Vito.
    Ross lachte auf.

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